Eigentlich hätte dieses Konzert im Rahmen eines der großen Festivals stattfinden müssen. Schließlich war es das erste Mal, dass zwei der besten Jazz-Gitarristen Europas zusammen auftreten. Doch die Stilrichtung, mit der sowohl Joscho Stephan als auch Biréli Lagrène identifiziert werden, ist der so genannte Gipsy Jazz in der Nachfolge des legendären, lange schon verstorbenen Django Reinhardt. Und dieses Genre führt offensichtlich eher eine Randexistenz auf der Jazzszene. Mit der Folge, dass ein solches Gipfeltreffen nun eben bei einem bescheiden kleinen Festival über die Bühne geht. Es eröffnet die Dudenhofener Jazztage, veranstaltet vom örtlichen Kulturverein. Immerhin, die Festhalle des vorderpfälzischen Dorfes, in der Nachbarschaft der Feuerwehr, ist bestens gefüllt.
Django Reinhardt gehuldigt
Sie werden in zweierlei Hinsicht nicht enttäuscht. Zum einen, weil die beiden Gitarristen die Musik von Django Reinhardt erwartungsgemäß hochleben lassen, viele seiner Kompositionen spielen und sich dabei als Solisten und an der für das Genre typischen Rhythmusgitarre abwechseln, unterstützt von einem dritten Mann, Volker Kamp an Kontrabass und Bassgitarre.
Aber der Einsatz des zuletzt genannten Instruments zeigt es bereits an: Das Repertoire des Auftritts ist offen für Neueres, für Bossa Nova oder Stevie Wonders Funky-Titel „Isn’t She Lovely“. Und was in den Solo-Improvisationen erklingt, sprengt selbst in den Retro-Stücken die Grenzen des Genres. Das ist vor allem das Verdienst von Joscho Stephan. Der Mönchengladbacher macht seinem Ruf als Virtuose der Gitarre alle Ehre, stürzt sich, je länger der Abend, desto mehr, in die abenteuerlichsten Eskapaden quer übers Griffbrett. Dabei nutzt er die Möglichkeiten des Instruments so komplett aus, dass man sich fragt, warum andere Gitarristen im Vergleich Magerkost auftischen.
Ein Eindruck, der leider auch Lagrène einschließt. Der Mann aus dem Elsass, ein ruhiger Typ, der zur Entfaltung Zeit braucht, hat zusehends Mühe, mit seinem forsch nach vorne preschenden Partner Schritt zu halten. Das nächste Mal vielleicht, wenn’s denn eines geben sollte.
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