"Nur eigene Bilder ausstellen ist doch langweilig", sagten sich Gerold Maier und Claus-Peter Böhner-Fery vor 20 Jahren. Ein Freund hatte ihnen sein Ladenlokal für Ausstellungen zur Verfügung gestellt, und fortan wurden dort auch die Bilder anderer Künstler gezeigt. In zwei Jahrzehnten ist daraus Mannheims größte Galerie für zeitgenössische Kunst geworden. Die Jubiläumsausstellung ist kürzlich zu Ende gegangen und macht Platz für die nächste Vernissage. Während des Gesprächs über Kunst und ihre Sammler leeren sich die Wände der Galerie: Künstler kommen vorbei, nicht verkaufte Bilder werden eingepackt und mitgenommen.
Vor zehn Jahren noch in einem Blog beschimpft, ist das Geschäftskonzept der Galerie Böhner heute gang und gäbe: Künstler engagieren eine Galerie wie andere Branchen eine Werbeagentur. Sie zahlen Geld, um auf internationalen Messen vertreten zu werden; sie profitieren von Kontakten und professionell gemachten Katalogen. Nicht jede Galerie darf auf jede Messe. Die Galerie Böhner hat da offenbar ein gutes Händchen. Für die oft ausländischen Künstler ist das die Chance, entdeckt zu werden, Käufer zu finden - und es ist gut für die Vita.
Keine vergeistigten Gestalten
Böhner-Fery: "Einen Beitrag zu leisten, ist heute viel akzeptierter; der Künstler investiert damit wie andere in eine Weiterbildung. Selbst Kunstvereine oder Museen verlangen nicht selten von den Künstlern einen Eigenanteil. Wir haben Kosten - und wir müssen Gewinne machen, sonst wird uns das Gewerbe aberkannt. Das ist ein Geschäft wie jedes andere auch." Leben können Böhner-Fery und Maier trotzdem nicht von der Galerie - beide arbeiten noch in anderen Branchen.
Es erstaunt, wie offen und klar hier Kunst als Geschäft beschrieben wird. Wer glaubt, Galeristen müssten vergeistigte Gestalten sein, ist bei Böhner-Fery und Maier an der falschen Adresse. Wie viel Business, wie viel Kunst ist eine Galerie? "Fifty-fifty", so die klare Antwort von Böhner-Fery. Im Fall der Galerie Böhner lässt sich die "halbe-halbe"-Regel gut an den beiden Galeristen festmachen. Böhner-Fery ist der Mann des Wortes, nennt sich "Kaufmann".
Gerold Maier bleibt lieber im Hintergrund, arbeitet weiterhin auch als Künstler und spricht darüber, was für ihn gute Kunst ausmacht: "Mir ist wichtig, dass man auf irgendeiner Ebene angesprochen ist, ob es der Ausdruck ist, die Idee dahinter oder eine Technik, die phantastisch gemacht ist. Wir haben einen unterschiedlichen Geschmack, aber für unsere Galerie finden wir, die Kunst muss einen ansprechen, oder wir müssen uns vorstellen können, dass sie einen ansprechen kann."
Menschen anzusprechen mit Kunst - wie kann das gehen? Die Galerie Böhner bespielt nicht nur die eigenen Wände in der Schwetzinger Straße - einen eher kleinen, etwas verwinkelten Raum -, sondern auch die ganz großen Fluchten von Bürohäusern. Ihre Kooperation mit dem Unternehmen Bechtle auf der Mallau und die "Signal Iduna Business Tower Inhouse-Galerie" am Mannheimer Hauptbahnhof, von der Galerie Böhner betrieben, sind sehr erfolgreich; Motto: "Die Kunst muss zu den Menschen kommen, dort, wo sich Leben abspielt. Also bringen wir sie dort hin, wo niemand damit rechnet." Die Bedingung ist, dass die Kunst öffentlich zugänglich ist, dafür werden trotz freier Hand bei der Auswahl vereinzelt ästhetische Kompromisse gemacht.
Über die Ausstellungen in den Unternehmen oder auch im Uni-Klinikum Mannheim erreicht die Galerie Böhner Menschen, die niemals eine Vernissage besuchen würden. Ein anderer Weg sind kleine Konzerte in den Galerieräumen - ein Projekt von Gerold Maier, um verstärkt ein jüngeres Publikum zwischen 30 und 45 Jahren anzusprechen.
Aber wer kauft heute überhaupt noch echte Kunst, was sind das für Menschen? "Kunstsammler sind introvertierte Menschen. Sie stellen sich zwar dar, aber sie hängen die Kunst dafür nicht vor die Haustür, wie andere dort ihren BMW parken. Sie machen das für sich, sie umkleiden sich mit Kunst, da die Kunst nach innen wirkt und nicht nach außen." Hier scheint sich das Gemüt der beiden Galeristen zu treffen: Böhner-Fery spricht es, Maier nickt schweigend dazu.
Die Galerie Böhner
- Claus-Peter Böhner-Fery und Gerold Maier betreiben seit 20 Jahren die Mannheimer Galerie Böhner- aktuelle Adresse: Schwetzinger Straße 91.
- Der erste Standort der Galerie befand sich in der Heidelberger Akademiestraße, damals als Produzentengalerie für eigene Arbeiten.
- Gerold Maier ist weiterhin auch als Künstler tätig, aktuelle Arbeiten sind beispielsweise Polaroids im Retro-Look.
- Die Galerie beteiligt sich seit 2002 an internationalen Kunstmessen wie der Affordable Art Fair Milano, St.Art Strasbourg, Berliner Liste, Art Innsbruck und der Biennale Bozen
- Vertretene Künstler sind Atsuko Horiuch, Heinz-Peter Kohler, Elke Lehmann, Kerstin Leicher, Linde Ross, Marlis G Schill.
- Aktuelle Ausstellung bis 10. April: Elke Lehmann; Di-Fr 15 bis 19 Uhr, Sa 11 bis 15 Uhr sowie nach Vereinbarung.
- Internetadresse: http://www.galerie-boehner.de
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