Die Geigerin Marie-Claudine Papadopoulos trinkt ihren Latte Macchiato langsam, genüsslich. Jedem Löffel Milchschaum folgt leidenschaftliches Erzählen, und so entsteht in diesem Gespräch ein eigener Rhythmus, der nur unterbrochen wird, wenn sie sich hin und wieder grundlos für ihr Deutsch entschuldigt.
Man ahnt, warum ausgerechnet diese junge Frau den diesjährigen Kulturpreis der deutschen Wirtschaft gewonnen hat. Der mit 10 000 Euro dotierte Preis würdigt das Zusammenspiel von musikalischer und verbaler Interpretation. Sie liebt diese Art von Gesprächskonzerten, weil sie öffnen: die Ohren des Publikums, den Zugang zum Werk, und weil sie sich auf diese Weise dem Publikum besonders nahe fühlt.
Musikliebende Familie
Marie-Claudine Papadopoulos - der Name lässt die französisch-syrisch-griechische Herkunft anklingen - erzählt, wie sich die Musik langsam in ihrer Familie ausgebreitet hat. Ihr Vater, ein Mathematiker, liebt Musik so sehr, dass er seine vier Kinder ein Instrument lernen und sie ziemlich strikt üben lässt, so dass drei davon am Ende professionelle Musiker werden. Dafür ist sie, die als Kind nie gerne übte, ihm heute dankbar.
Ihre Geschwister sind ihr von klein auf waghalsige Kammermusikpartner: "Rachmaninow-Trio mit neun Jahren! Das war viel zu schwierig, aber wirklich toll; wir haben so viel Literatur einfach nur vom Blatt gespielt." Die Liebe zur Kammermusik ist ihr bis heute geblieben: Ihr Bruder Dimitri ist ihr Klavierpartner, und vor ein paar Jahren hat sie mit Freunden eine Kammermusikwoche in der Normandie ins Leben gerufen.
Das Conservatoire in Straßburg durchläuft die junge Musikerin in einem Tempo, dass sie mit zwölf Jahren vor der Frage steht, wie es weitergehen soll. Über Freunde hört die Familie von Professor Ulf Hoelscher in Karlsruhe. Sie spielt ihm vor; Stücke, die sie für ihren Vater lernte, weil er sie so gern hörte: "Ich habe ganz brav eine Ysaÿe-Sonate, ein Bach-Adagio und eine Fuge vorgespielt. Viel zu schwierige Stücke!"
Sie soll und wird mit 14 wiederkommen und zehn Jahre bei Hoelscher studieren. Dieser Lehrer erschließt ihr die Musik mit einer Begeisterung, wie sie es bis dahin nicht gekannt hat; sie begreift, wie Technik und Musik zueinandergehören. Und sie erlebt menschlich eine Art von wortlosem Verstehen, das ihr über schwierige Zeiten hinweghilft.
Wenn sie davon erzählt, was ihr dieser Lehrer für ihr Leben mitgegeben hat, hört man in ihrer Stimme Staunen, Begeisterung und Dankbarkeit. Nach so vielen Jahren bei demselben Lehrer haben es offenbar beide, ihr neuer Lehrer Professor Roman Nodel an der Musikhochschule Mannheim und sie als Schülerin, nicht wirklich leicht: "Ich glaube, ich bin eine ziemlich schwierige Schülerin. Ich habe schon so sehr meine eigene Vorstellung. Ich bin der Typ, der ziemlich frei spielt. Aber wo ist die Grenze, wo ich nicht mehr respektiere, was der Komponist geschrieben hat? Diese Frage wird mir mein ganzes Leben bleiben. Und ich glaube, bei Professor Nodel kann ich lernen, ins Detail zu gehen und Respekt zu haben vor dem, was der Komponist wirklich geschrieben hat und sich wünscht."
Traum vom eigenen Café
Ihre Wünsche für die Zukunft sind geprägt von Bescheidenheit - und wieder, das ist so ungewöhnlich für eine Frau in diesem Alter, von Dankbarkeit.
"Das Leben ist vielleicht nur eine Suite von Zufällen, und ich hatte bis jetzt sehr, sehr viel Glück. Viele Musiker haben es sehr schwer, dabei ist Musik so persönlich; man gibt seine ganze Seele hinein. Ich habe nie erwartet, dass ich so viel in meinem Leben bekomme, wie ich jetzt schon habe, und bin sehr dankbar." Natürlich will Marie-Claudine Papadopoulos gern weiter Solokonzerte geben und Kammermusik spielen. "Aber ich würde auch unglaublich gern unterrichten!" Und sie hat einen Traum: Sie möchte eines Tages ein Café eröffnen, mit einer Bühne für Musik und Lesungen, "später, wenn ich mehr Zeit habe". Das könnte allerdings noch etwas dauern.
Papadopoulos wurde 1987 in Straßburg geboren. Mit fünf Jahren ...
Papadopoulos wurde 1987 in Straßburg geboren. Mit fünf Jahren begann sie ihr Violinstudium an dem Conservatoire National de Région de Strasbourg.
Die junge Frau mit französisch-syrischen und griechischen Wurzeln ist Studentin in der Solistenklasse von Professor Nodel an der Musikhochschule Mannheim.
Zuvor absolvierte sie als Jungstudentin bei Professor Hoelscher in Karlsruhe ihr Bachelor- und Masterstudium.
Sie ist Preisträgerin internationaler Wettbewerbe: 2012 erhielt sie den Kulturpreis der deutschen Wirtschaft, sie ist Stipendiatin der Villa Musica, Rheinland-Pfalz, des DAAD und Schloss Solitude.
Konzerte gab sie unter anderem mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und der Capella Istropolitana.
Als Kammermusikerin war sie zu Gast bei verschiedenen Festspielen in Europa und Leiterin der von ihr gegründeten Kammermusikakademie in Trouville, Frankreich. asch
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