Kultur

Ein Lebenszeichen mit Signalwirkung - Black Project auf dem Jazz & Joy in Worms

Nach dem tragischen Unfalltod ihrer Bandmitglieder Jörg Teichert und Christian Huber sind Black Project zurück. Auf der Schlossbühne in Worms spielte die Band auf dem Jazz & Joy Festival

Von 
Markus Mertens
Lesedauer: 
Black Project auf der Schlossbühne. © Markus Mertens

Worms. Sphärisch, fast ätherisch schweben die Akkorde auf der Bühne am Schlossplatz dahin. Die ersten Töne aus der Trompete von Johannes Stange sind nicht mehr als ein Wispern. Der Rest dieser ersten sechs Minuten und 42 Sekunden ist pure, fließende Klangmagie. Es ist genau diese magische, harmonisch scheinbar fliegende Leichtigkeit, die die Werke des Black Projects wie ein Autogramm identifizierbar macht - ohne dabei jemals Banalität zu verheißen. Zweifellos: Nach dem tragischen Unfalltod von Jörg Teichert und Christian Huber, die einem solchen Bündnis der Willigen einen entscheidenden Teil seiner DNA schenkten, kann nicht mehr alles so sein, wie es sonst immer war.

Das muss es auch nicht. Und die Musiker strengen sich bei ihrem ersten Konzert seit dem traurigen Verlust im Februar auch nicht an, Normalität vorzugaukeln. Denn, um allein, um nur die Chance eines Neuanfangs auszuloten, haben Bassist Matthias Debus und Dominik Fürstberger (Drums), Trompeter Johannes Stange und Konrad Hinsken (Fender, Moog) zweierlei unternommen. Einerseits haben sie sich mit Gitarrist Jo Ambros einen tief empathischen, unglaublich wendigen Mann an den Saiten mit an Bord geholt, der Teichert zu keinem Zeitpunkt dieses Nachmittags ersetzen will, sondern dessen Beitrag zur Band honoriert, ohne dabei die eigenen Akzente zu vergessen.

Individuelle Akzente

Andererseits hat das Kollektiv ein fast gänzlich neues Programm geschrieben, das in dieser guten Stunde zwischen knochenharten Rocksalven samt Metal-Impressionen und hauchfeinen Atmospheric Jazz-Samples vermittelt, als sei deren stilistische Mariage nie anders vorgesehen gewesen. Als sei das Black Project nicht mit seinen bislang veröffentlichten Alben nicht schon wagemutig genug zwischen den Spielarten der eigenen Zunft gewandelt, ist dieser Nachmittag ein offener Schau Feldversuch, was kommen mag, wenn auseinandergerissen wurde, was für viele Zuhörer nur so funktionieren konnte. Wer das Spiel dieser mutigen Fünf verfolgt, darf stolz attestieren: Dieses Experiment funktioniert nicht nur, es leuchtet.

Gelungenes Experiment

Denn ob Dominik Fürstberger an den Trommeln zwischen Geigenbogen und Baumwollschlägel seine Pfade findet, Matthias Debus zwischen uferlosem Bassgrollen und schreitenden Saitenläufen die harmonische Substanz anbietet, auf der Konrad Hinsken an der Moog den ganzen Sound in elektrische Sphären abheben lassen kann, der spürt, wie viel Leben, Lust und Leidenschaft noch in dieser Formation steckt. Gewiss, da ist auch ganz viel Schmerz - und wer Debus gut zuhört, als er klarstellt, welch „massive Lücken“ der Tod ihrer Freunde und Mitmusiker eröffnet hat, der bemerkt den Kloß im Hals eines Routiniers, den sonst nichts allzu rasch aus der Ruhe bringt. Als er Sekunden später über das neue Material spricht, hört man ihn auch mit Stolz sagen: „Wir glauben, dass es den beiden gefallen würde.“ Bestens besetzte Publikumsreihen können da nur beipflichten und staunend Tribut zollen, wie imponierend eine Combo den Weg zwischen akustischem Gedenken und melodischem Neuanfang nur gehen kann. Dieser Auftritt war ein Lebenszeichen mit Signalwirkung, dass es Musik wie jene des Black Projects braucht. Weil sie berührt, verändert, weiter denkt - und Grenzen überschreitet. 

Freier Autor

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen