Konzert

Ein Anti-AfD-Abend mit den Punkern von Wizo in Speyer

Keine Band passt wohl besser in die aktuelle Protestzeit: Die Punker von Wizo hätten die kompletten 90 Minuten in der Speyerer Halle 101 mit Songs gegen Rechts füllen können. Über einen antifaschistischen Anti-AfD-Abend

Von 
Florian Karlein
Lesedauer: 
Hunderte Menschen zelebrieren beim Wizo-Konzert in der Speyerer Halle 101 den Kampf gegen Rechtsextremismus – und feiern eine Punkrock-Party. © Lisa Karlein

Speyer. Wohl keine Band passt besser in die aktuelle Zeit als die ewigen Antifaschisten von Wizo. Gerade erst waren am Samstag in Heidelberg 18 000 Menschen bei einer Demonstration gegen Rechts auf die Straße gegangen, da verpassen die schwäbischen Punkrock-Legenden der AfD am Sonntagabend in Speyer noch eine musikalische Breitseite.

Die „Alerta“-Rufe der Antifa schleudern der Band nicht nur einmal aus Hunderten Kehlen lautstark zurück.

Publikum bringt Hass gegen rechts zum Ausdruck

Zum ersten Mal steigt der Druck auf dem Kessel bei „Raum der Zeit“. Von der ersten bis zur letzten Zeile des Volle-Pulle-1:40-Punksongs von 1994 geht es gegen Diskriminierung in sämtlichen Facetten. Die komplette Halle 101 zelebriert das „F … dich!“ am Ende nahezu.

Man hat das Gefühl, das Publikum wartet nur darauf, seinen Hass gegen rechts endlich mit voller Inbrunst herausschreien zu können. Und das geht beim nächsten Stück nahtlos weiter. Musikalisch verleiht Wizo der Regierung in „Das goldene Stück“ einen Orden der ganz speziellen Art, weil sich dank ihr der „kleine Vollidiot mit Brandsatz“ aus der „braunen Nazibrut“ plötzlich stark fühlt.

Wizo-Songs sind letztlich fast alle politisch

Wahrscheinlich hätten Wizo auch den kompletten Abend mit Anti-Rechts-Songs füllen können. Parolen-Hymnen wie das satirische „Unpoliddisch“ über die Weltsicht eines Sachsen oder „Antifa“ und „Déja vu“ (beide vom 2016er Album „DER“) finden erst gar nicht den Weg in die Setliste des Abends.

Ein Muss ist dagegen „Ganz klar gegen Nazis“ (2014). „Es ist doch eine schöne Meldung, dass in München eine Demo abgebrochen werden muss, weil zu viele Menschen gegen Nazis sind“, sagt Sänger Axel Kurth, als einziger der Drei-Mann-Kombo von Anfang an und durchgehend bei Wizo.

Der Song vom Album „Punk gibt’s nicht umsonst“ sei ein Argumentationsleitfaden für alle, die den „Mund gegen Nazi-Joes oder Verschwörungstheoretiker aufmachen müssen“. Da schwenkt schon lange jemand im Publikum eine schwarze Flagge mit der Parole „FCKAFD“.

Konzertbesucher strecken Mittelfinger in die Luft

Kurths Gesichtsausdruck strahlt mit seinem leuchtend pinkfarbenen Irokesen um die Wette, der in der längst schweißgetränkten Atmosphäre die Haltung verloren hat. Das Publikum dagegen behält sie bis zum Schluss. So sehr, dass sogar das Klamauklied „Der Käfer“ spontan zur Anti-AfD-Hymne umfunktioniert wird. Den das kleine rote Tierchen krabbelt plötzlich nicht mehr über einen normalen, stacheligen Kaktus, sondern über einen antifaschisten, erklärt Kurth seinem begeistert grölenden Publikum. Hunderte Mittelfinger gehen in die Luft - jeder einzelne als Stachel gegen die AfD, will Kurth so viele möglich in der Halle 101 sehen.

Schon Mitte der 1980er in Sindelfingen gegründet verschreibt sich die Band von Anfang an dem Kampf gegen Rechts. Nach der Auflösung 2005 findet sich Wizo 2009 wieder zusammen, dabei wechselt die Besetzung in all den Jahrzehnten immer mal wieder. Bislang gehen acht Studioalben auf das Konto der schwäbischen Punkrocker.

Auch verbotenes Lied wird in Speyer gespielt

In Speyer haben Sänger und Gitarrist Kurth, Drummer Alex Stinson und Bassist Ralf Dietel das aktuelle „Nichts wird wieder gut“ im Gepäck. „Grauer Brei“, „Ich war, ich bin, ich werde sein“ und „Earlybird“ bringen sie davon in der Halle 101.

Dazwischen geht es immer wieder um den Traum von Anarchie - etwa in „Adagio“ oder im Song „Kein Gerede“, in dem zur Revolution für die Anarchie aufgerufen wird und in dem die Staatsanwaltschaft 1995 eine Aufforderung zur Gewalt sah. Es wurde verboten - gespielt wird es in Speyer trotzdem. Mit „Die letzte Sau“ entlässt Wizo dann das glückliche Publikum in die Nacht.

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke