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Doku „Evil-E – Eva Ries und der Wu-Tang Clan“ über Mannheimer Musikmanagerin

Die Mannheimerin Eva Ries führte den Wu-Tang Clan an die Spitze des HipHop und stritt sich einst mit Kurt Cobain von Nirvana: Ab 16. September erzählt eine ARD-Doku ihre Geschichte.

Von 
Christian Hoffmann
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Zu Besuch in der Mannheimer Popakademie: Eva Ries 2024 während einer Lesung aus ihrer Autobiografie „Wu-Tang is Forever“ in der Mannheimer Popakademie mit Moderator Michael Herberger © Christian Hoffmann

Mannheim. Auf dem internationalen Musikmarkt zählt der Wu-Tang Clan, der 1993 sein bahnbrechendes Debütalbum „Enter the Wu-Tang (36 Chambers)“ veröffentlichte, seit drei Jahrzehnten zu den am meisten gefeierten Hip-Hop-Formationen weltweit. Von den dreckigen Straßen in New York, die damals das Zuhause des rüden Clans waren, stürmten RZA, Ol‘ Dirty Bastard und Method Man mit ihren Bandkollegen in die Verkaufscharts und beeinflussten jüngere Rapmusiker der nachfolgenden Generationen.

75 spannende Minuten dokumentieren in der ARD den Erfolg von Eva Ries

Daran, dass der Wu-Tang Clan rund um den Erdball kommerziell durchstarten konnte, hatte eine Mannheimerin einen erheblichen Anteil: Eva Ries, die nicht nur als Managerin mit der neunköpfigen Rap-Band auf Welttournee ging, sondern auch die Plattenaufnahmen im Tonstudio organisierte. Nun haben sich die Filmemacher Jermain Raffington und Julian Brimmers diesem erfolgreichen (Mannheimer) Kapitel gewidmet und erzählen in 75 spannenden Minuten den Karriereweg der Brancheninsiderin Ries. Am Dienstag (16. September) geht der Dokumentarfilm „Evil-E – Eva Ries und der Wu-Tang Clan“ in der ARD-Mediathek online.

Harmonierten ganz offensichtlich: Musikmanagerin Eva Ries und Rapper Raekwon vom Wu-Tang Clan. © NDR/Thomas McKenna

In den 1980er Jahren war Eva Ries, die 1962 geboren wurde, ursprünglich Fotografin in der Hard ’n’ Heavy-Szene gewesen. In Los Angeles durfte die Mannheimerin den Motörhead-Boss Lemmy Kilmister in dessen Wohnung, zugestellt mit historischen Gegenständen aus dem Dritten Reich, in der Nähe der neonleuchtenden Ausgehmeile Sunset Strip zum Ablichten besuchen. Und die Thrash-Metal-Institution Slayer bekam Eva Ries, die in Ladenburg aufwuchs, ebenfalls vor die Linse.

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Dominik Schrenk
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Doch irgendwann erfolgte Ries’ Wechsel als Musikmanagerin in die Branche der Plattenkonzerne wie Geffen Records. Als Buchhalterin für das Geschäftliche ging Ries 1991 mit Sonic Youth und Nirvana auf Tournee, in jenen Wochen, als das Alternative-Rock-Trio Nirvana sein epochales Album „Nevermind“ veröffentlichte und mit dieser Platte ungeahnte Triumphe feierte. Auf diese Weise schufen Nirvana das vom Punk geprägte Genre Grunge-Rock. Davor waren die Noise-Rocker Sonic Youth die berühmtere Alternative-Band gewesen, was sich durch den Nirvana-Hit „Smells like teen spirit“ bald umkehrte.

Ein rebellischer Auftritt mit Folgen für Kurt Cobain

Mit Nirvana-Sänger und Gitarrist Kurt Cobain, der poetische und hypersensible Songschreiber bei Nirvana, trug Eva Ries einen Konflikt aus, nachdem das ungestüme Dreigespann in der Manier des rebellischen Rock ’n’ Rolls im Musikclub Aladin in Bremen die Künstlergarderobe zertrümmert hatte. Weshalb sich Kurt Cobain in einem Interview mit dem britischen Musikmagazin Melody Maker wenig schmeichelhaft über die Mannheimer Popmanagerin äußerte.

Damals, als sich die Glam-Rocker von Guns N’ Roses mit dem Doppelalbum „Use Your Illusion“ triumphierend auf dem Zenit ihres Erfolgs sonnten, zog im Hintergrund eine Frau still, aber wirkungsvoll die Strippen: Ries. Branchenkennerin, Managerin, Koryphäe im rauen Musikbusiness – ihr entging nichts. Es war eben jene Eva Ries, in deren Hände eines Tages ein Demotape fallen sollte, das in Insiderkreisen bald Kultstatus erreichen würde. Die Urfassung des Wu-Tang-Clan-Debütalbums war darauf zu hören: „Enter the Wu-Tang (36 Chambers)“ – ein kraftvoller Titel, in der Szene bald nur noch ehrfürchtig „36 Chambers“ genannt. Verbunden mit dem Angebot, für die Rap-Truppe zu arbeiten. Und Eva Ries fiel beim ersten Durchlauf der Demo-Aufnahme aus allen Wolken: Wie soll man dieses schroffe Hip-Hop-Gewummer von der amerikanischen Ostküste, das obendrein sexistische und gewaltverherrlichende Songtexte beinhaltet, gewinnbringend vermarkten?

Eva Ries: Von Skepsis zu Vertrauen und Erfolg

Jüngst nannte der Musikexpress das Album rückblickend „ein Manifest voller Straßengeschichten, Kung-Fu-Referenzen und roher Energie“. Mit dieser Herausforderung sah sich Eva Ries konfrontiert. Trotzdem nahm sie die riskante Aufgabe an – und führte als studierte Marketingexpertin den Wu-Tang Clan aus der dunklen Halbwelt in New York in den glamourösen Hip-Hop-Olymp. Anfangs begegneten die zwielichtigen Gangsta-Rapper der deutschen Betreuerin, die sich als Frau in der von Männern dominierten Musikbranche durchsetzen musste, mit Skepsis. Doch dann gewann die Popverwalterin allmählich das Vertrauen der Rapper. Es war der Beginn einer anhaltenden Freundschaft – in der es immer wieder zu Streitigkeiten kam, wenn es zum Beispiel um Geld ging.

Der Dokumentarfilm „Evil-E“ geht am Dienstag, 16. September, in der ARD-Mediathek online. Es handelt sich um eine Produktion der Firma Bildundtonfabrik (btf GmbH) in Köln.

Heilige sind die unberechenbaren Wu-Tangs gewiss nicht, zeitweise ermittelte die Sicherheitsbehörde FBI gegen die Männer. Im Vordergrund standen am sichtbarsten die drei Mitglieder RZA, Method Man und der im November 2004 an seiner Drogensucht verstorbene Ol‘ Dirty Bastard. Vor zehn Jahren, im November 2015, brachte der Wu-Tang Clan das Album „Once upon a Time in Shaolin“ heraus, als Unikat in Form einer einzigen Schallplatte, die ein vermögender Fan für zwei Millionen Dollar ersteigerte, weshalb diese Rarität als teuerste Schallplatte der Popgeschichte gilt.

Xavier Naidoo sang mit RZA den Song „Ich kenne nichts (das so schön ist wie du)“

Mit Xavier Naidoo nahm RZA 2003 das Duett „Ich kenne nichts (das so schön ist wie du)“ auf, mit einem dazugehörigen Musikvideo. In ihrer lesenswerten Autobiografie „Wu-Tang is Forever“, die im Frühjahr 2022 im Verlag Benevento erschien, gibt Eva Ries bereitwillig Selbstauskunft, mit lustigen, berührenden und schockierenden Anekdoten. Was sich als literarische Ergänzung zum Dokumentarfilm „Evil-E“ anbietet.

Mit Nirvana, Guns N‘ Roses und Wu-Tang Clan erzielte sie große Erfolge: die Mannheimer Musikmanagerin Eva Ries. © NDR/Lena Strothmann
Musikmanagerin Eva Ries (li.) mit dem 2004 verstorbenen Rapper Ol‘ Dirty Bastard, kurz ODB genannt, vom Wu-Tang Clan © NDR/Imke Lass

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