Das Porträt - Sängerin Zaz wandelt unbändige Energie in Popsongs um / Am Sonntag Konzert im Schlossgarten Schwetzingen

Die quirlige Französin

Von 
Dagmar Leischow
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Pendelt auf ihrem jüngsten Album „Effet Miroir“ zwischen Unbeschwertheit und Melancholie: die französische Sängerin Zaz. © Warner Music Germany

Am liebsten würde die Sängerin Zaz vor dem Gespräch im Berliner Büro ihrer Plattenfirma noch eine Zigarette rauchen. Doch dafür bleibt keine Zeit, ein Termin reiht sich an den nächsten. Also gibt sich die Sängerin geschlagen und nimmt wieder im Konferenzraum Platz. Sie ist eine zierliche, ungeheuer lebhafte Person, die zu allem eine glasklare Meinung vertritt. Nicht umsonst hat sie ihr Album „Effet Miroir“ (Spiegeleffekt) genannt. „Wenn wir uns im Spiegel betrachten“, grübelt sie, „sehen wir keine homogene Person. In uns allen stecken ganz viele verschiedene Facetten.“ Für die Französin, die eigentlich Isabelle Geffroy heißt, ist der Einzelne nicht nur bedingungslos gut oder böse: „Ich halte jeden Menschen für ein Paradoxon.“

Den Beweis für diese Theorie liefert Zaz mit ihren autobiografischen Songs. In dem Lied „Je parle“ singt sie: „Ich spreche laut. Die Stille erschreckt mich.“ Bis sie in der Nummer „J’aime j’aime“ plötzlich behauptet: „Ich liebe die Einsamkeit.“ Wie passt das zusammen? Die 38-Jährige lacht: „Ich finde solche Widersprüche völlig normal. Selbst Umweltschützer fahren manchmal mit dem Auto zum Einkaufen. Wir bleiben eben nicht immer unseren Prinzipien treu.“

Auch als Künstlerin kann sich Zaz durchaus damit brüsten, nicht stromlinienförmig zu sein. Für das Stück „Qué vendrá“ vermischt sie spanische Textpassagen mit französischen. Diesen Mix unterlegt sie mit groovigem Latino-Pop. Vollkommen anders gibt sich die melancholische Ballade „Laponie“, die auf intimen Sprechgesang setzt. „Ma valse“ verschreibt sich dem Chanson. „Toute ma vie“ besticht mit treibendem Power-Pop. Bei „On s’en remet jamais“ kommt die Gitarre recht rockig um die Ecke. Dieser Titel handelt vom Tod. „Als ich 20 war“, erinnert sich Zaz, „habe ich einen guten Freund verloren.“ Seither weiß sie, dass der Tod zum Leben dazu gehört: „Wir werden alle sterben. Das müssen wir akzeptieren.“

Solche Dinge spricht Zaz aus, ohne mit der Wimper zu zucken. Die Worte sprudeln förmlich aus ihr heraus: „Für mich ist es wichtig, über meine Gefühle zu reden. Besonders über die Dinge, die im Argen liegen.“ Darum sind ihre Lieder für sie ein Ventil. In „Résigne-moi“ analysiert sie sich selbst. Sie erzählt von alten Wunden, die sich wieder öffnen. Von ihren Ängsten. Von einer schwierigen Beziehung: „Ich war mit einem komplizierten Mann liiert. Irgendwann musste ich ihn loslassen, weil er mir einfach nicht guttat.“

Das war nicht leicht, aber Zaz hat es geschafft. Sie ist eben eine Kämpferin, die nicht so schnell klein beigibt. Für ihre Karriere arbeitet sie hart, sie hat sich sieben Jahre lang keine Pause gegönnt. Mal tourte sie, mal war sie im Studio. An den „Effet Miroir“-Songs hat sie sehr intensiv gefeilt. In Paris, Brüssel und Montreal. Das „Qué vendrá“-Video dreht sie in Kuba: „Das war eine tolle Erfahrung. Besonders wenn ich mit den Einheimischen gesungen habe.“

Den direkten Kontakt zu anderen Menschen liebt Zaz. Zu ihrem Crussol Festival in Saint-Péray lädt sie wohltätige Organisationen ein. Es gibt Workshops zu verschiedenen Themen wie Bildung oder Umweltschutz, Diskussionen sind erwünscht: „Das ist meine Art, Politik zu machen.“ Mit ihrem Engagement will Zaz Politikern Paroli bieten, die nur reden, statt zu handeln: „Gerade auf der lokalen Ebene kann man unheimlich viel bewegen. Darum ist es mir so wichtig, Menschen zu verbinden. Sie müssen gemeinsam darüber nachdenken, wie man so zusammenleben kann, dass sich alle wohlfühlen.“

Da gilt es laut Zaz, schon in der Schule anzusetzen: „Lehrer sollten das Selbstwertgefühl der Kinder fördern.“ Dass es daran oft scheitert, hat die Musikerin während ihrer eigenen Schulzeit erfahren: „Weil ich sehr quirlig war, kam ich nicht damit zurecht, dass ich im Unterricht still sitzen und zuhören sollte. Das Klassenzimmer war für mich wie ein Gefängnis.“

Auch in Deutschland populär

  • Zaz wurde am 1. Mai 1990 als Isabelle Geoffroy in Tours geboren.
  • Sie studierte am Centre d’Information et d’Activités Musicales in Bordeaux, danach sang sie in einem Pariser Cabaret.
  • Ihr Debütalbum „Zaz“ erschien 2010 und stieg in Frankreich auf Platz eins der Charts.
  • Mit „Effet Miroir“ veröffentlicht die Französin im Herbst 2018 ihre vierte CD.
  • Ihr erstes Album hat sie nach eigenen Angaben in Deutschland genauso oft verkauft wie in Frankreich. Deutschland war das erste nicht-frankophone Land, in dem Zaz ein Konzert gespielt hat. Dies sei für sie wie die erste Liebe. (see)

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