Das Opernhaus des Nationaltheaters hat sich am Sonntag ganz den Naturphänomenen verschrieben. So hat das Orchester des Wandels im Rahmen des Mannheimer Sommers, das den Klimawandel mit all seinen Facetten in den Fokus rückt, rund 160 Zuschauern eine mitreißende akustische Perspektive geboten. Das Klimakonzert drückte unter anderem leichtfüßige Wasserspiele, unheilvolle Stürme und andere Naturerscheinungen aus.
Das Orchester des Wandels hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Brücke zwischen Kultur und Nachhaltigkeit zu schaffen. Mitglieder aus mehr als 26 deutschen Berufsorchestern haben sich dafür zu einem Ensemble formiert. Unter der Leitung von Bernhard Forck konnten die Musiker für ihr Benefizkonzert die renommierte Cellistin Tanja Tetzlaff als Solistin gewinnen. Gemeinsam brachten sie Werke des 18. Jahrhunderts von Georg Philipp Telemann, Joseph Haydn und Jean-Féry Rebel auf die Bühne.
Sanfte Töne und heitere Melodien eröffnen den emotionalen Abend: Wenn das Ensemble die Ouvertüre von Telemanns „Hamburger Ebb’ und Fluth“-Suite in C-Dur zum Besten gibt, stehen die meisterhaften Streicher zunächst im Mittelpunkt. Besondere Akzente setzen die Bläser. Das Stück lässt ein Wechselbad der Gefühle zu, das in einem virtuosen Höhepunkt gipfelt. Haydns „Tempesta di Mare“, die Sinfonie 39 in g-Moll präsentiert die beeindruckende Kraft des Meeres. Während „Allegro assai“ sich durch seinen temperamentvollen Charakter zeigt, geht es beim „Andante“ melancholischer zu, was dem Spiel eine nachdenkliche Façon verleiht. Im „Menuetto“ wechseln sich sonnige und schwermütige Passagen ab. Das furiose Finale „Allegro molto“ wird packend und lebhaft – und drückt die Launenhaftigkeit der Wellen aus. Bei Haydns Cellokonzert Nr. 1 in C-Dur kontrastieren fröhliche Klänge mit düsteren Passagen, die in vollkommener Balance stehen. Vor allem Tetzlaffs perfekt arrangierte Einsätze gestalten die Hoffnung, dass am Ende mit der Erde doch noch alles gut wird. Imposante Aufnahmen zeigen auf einer Leinwand die Schönheit des gefährdeten Planeten.
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„Le Cahos“ aus Rebels Suite „Les Elements“ besticht durch liebliche Melodien voller Leichtigkeit, die in eine dramatische Laune übergehen. Mal hoffnungsvoll, dann wieder voller Pathos steigert sich der Hörgenuss ins Unermessliche. Die Schauspielerin Ragna Pitoll bildet als Sprecherin den roten Faden. Sie informiert, mahnt, spendet aber auch Hoffnung. „Die Erde ist ein Notfall-Patient“, warnt sie. So sei der Planet rund 4,6 Milliarden Jahre alt. Doch in den vergangenen 250 Jahren sei durch den Industriekapitalismus ein tiefgreifender Wandel des globalen Klimas herbeigeführt worden. Durch das Ansteigen der Meeresspiegel könnte es bis zum Jahr 2100 bis zu zwei Milliarden Klimaflüchtlinge geben.
Die Bedrohungen der Erde unterstreicht Tetzlaff anschließend musikalisch mit ihren Soli. Sie intoniert drei Preludien von Sofia Gubaidulina, Mal staccatoartig düster, dann mit rasantem Tempo und melancholischer Note. Und erntet schließlich, gemeinsam mit dem Orchester, tosenden Beifall.
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