Jazz - Das Organ Groove Quartet von Trompeter Thomas Siffling bringt im Mannheimer Luisenpark das Publikum in Fahrt / Begeisterungsrufe nach jedem Stück

Der Hunger auf Kultur bricht sich machtvoll Bahn

Von 
Matthias Spindler
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Entspannt im Sommer-Modus: Thomas Siffling. © Laura Carbone

Zu Beginn wartet Torsten Riehle vom Veranstalterteam Baltruschat-Riehle mit einer Erfolgsmeldung auf: Das von ihnen binnen weniger Wochen organisierte „Jetzt erst recht!“-Festival, das bis Mitte September einen bunten Querschnitt durch Mannheims Kulturszene auf der Seebühne des Luisenparks präsentiert, wird vom Publikum dankbar aufgenommen.

Am dritten Wochenende der Reihe sind bereits etliche der Veranstaltungen ausverkauft; auch die mit dem Organ Groove Quartet des Mannheimer Startrompeters Thomas Siffling.

So groß, ja übermächtig geworden ist offenbar das Bedürfnis nach leibhaftig und nicht bloß per Internet virtuell zu erlebenden kulturellen Darbietungen, wie sie in den Monaten härtester corona-bedingter Einschränkungen als Notlösung angeboten worden sind.

Und jetzt bricht sich die Erleichterung der solchermaßen Ausgehungerten machtvoll Bahn: Nach jedem Stück von Sifflings Quartett johlen die Leute vor Begeisterung; lautstark genug, um vergessen zu lassen, dass es nur ungefähr zweihundert Zuhörer sind, die da aufgrund nach wie vor geltender Abstandsregeln mit weiten Zwischenräumen auf den Rängen sitzen.

Inspirierendes Ambiente

Nicht weniger spürbar ist die Freude der Vier auf der Bühne, endlich wieder vor Publikum spielen zu dürfen. Schließlich beziehen gerade improvisierende Musiker daraus eine Extra-Ration Inspiration, die ein Konzert erst wirklich zum Erlebnis werden lässt. Und dazu wurde dieser Auftritt, je länger er dauerte, desto mehr.

Gewiss ist das Format der Orgel-Jazzcombo wie geschaffen für unmittelbare Publikumswirksamkeit. Doch Bandchef Thomas Siffling orientiert sich gar nicht an den Klassikern des Genres à la Jimmy Smith. Vielmehr betreibt er Traditionswahrung in eigener Sache, will die Musik seines Trios, das er zu Beginn des Jahrtausends lange Zeit geleitet hat, in einer neuen Besetzung wieder aufleben lassen.

Und darin dominieren eher die leisen Töne aus seiner Trompete oder Flügelhorn sowie dem Alt- und Tenorsaxofon von Olaf Schönborn. Auch Thomas Bauser lässt die Hammondorgel nur selten dröhnen, Daniel Mudrack die Trommeln kaum öfter donnern.

Spannungsgeladene Stücke

Der spezielle Groove, um den es in dieser Gruppe geht, hat das nicht nötig, er entfaltet sich über ganz trockenen, manchmal fast unhörbar artikulierten Funky-Rhythmen. Ähnlich bedächtig, aber eben darum enorm spannungsgeladen formulieren die beiden Bläser ihre Soli, zumeist in Thomas Sifflings Kompositionen aus dem Repertoire seines früheren Trios.

Das Resultat ist souverän gestaltete stimmungsvolle Musik; kein Wunder, dass die Leute im Publikum aus dem Häuschen sind.

Freier Autor Als freiberuflicher Journalist vorwiegend tätig auf dem Gebiet der Jazzmusik.

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