Kulturpolitik - Laut Plan des Stiftungsrats sollte das Humboldt Forum ab 17. Dezember für die Öffentlichkeit zugänglich sein – nun wurde dieser Termin verschoben

Das Berliner Katastrophenschloss

Von 
Roland Mischke
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33 Millionen Euro teurer als gedacht, viele Baumängel – und die Teileröffnung verzögert sich auch: Das Humboldt Forum im teilweise restaurierten Berliner Stadtschloss (Bild) bleibt in diesem Jahr noch geschlossen. Nur auf digitalem Wege sind einige Angebote anzuschauen. © dpa

Es sei alles im Plan auf der derzeit prominentesten Baustelle der Bundesrepublik, hieß es noch bis vor Kurzem. Die Berlin-Ausstellung im Humboldt Forum musste zwar abgesagt werden wegen Corona, aber am 17. Dezember dieses Jahres sollte die Schloss-Rekonstruktion eröffnet werden. Sie beinhaltet ein riesiges Museum mit einem hochkarätigen Sammlungsbestand. Wer’s glaubt, wird selig, sagten die wenig frommen Berliner, die sich ohnehin wenig für die große Attraktion interessieren – und sie sollten richtig liegen: Der 17. Dezember kann als Eröffnungstermin nicht gehalten werden. Stattdessen soll es vom 16. Dezember an digitale Einblicke in Form von Livestreams und Online-Führungen geben, teilte die Stiftung Humboldt Forum Ende vergangener Woche mit. Weitere digitale Angebote seien in Prüfung, sagte Generalintendant Hartmut Dorgerloh.

Die Medien sind zur Unzeit in die Planwirtschaft des Stiftungsrats Humboldt Forum reingegrätscht. Sie fanden heraus, dass in einem virtuellen Baubericht die Betreiber und Hauptnutzer der Institution sowie die Berliner Politik eine krasse Expertenmeldung erreichte: „Die Teileröffnung am 17. Dezember 2020 bliebt weiterhin stark risikobehaftet“, heißt es darin bereits. Die Teilübergabe bezieht sich vor allem auf den schönen Schlüterhof und die Passage. Bisher ist bekannt geworden, dass der Bau des Projekts 677 Millionen Euro verschlungen hat, 33 Millionen mehr als zur Grundsteinlegung des wiederaufgebauten Stadtschlosses vor sieben Jahren angegeben. Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange, wird gemunkelt.

Instabiles Raumklima

Fachleute entdeckten eine Reihe von Baumängeln und warnten vor einer zu frühen Eröffnung. Es wurden hektische Prüfungen und Nachprüfungen durchgeführt, die sich auf etwa 2000 kritische Punkte beziehen. Dazu gehören sämtliche Außentüren, die offenkundig noch nicht abzuschließen sind, womit das „Zugangsmanagement“ irreal wird. Offiziell soll Ende November die Inbetriebnahme des „gesamten Sicherheitsmanagementsystems mit der Sicherheitsleitstelle“ abgenommen werden. Auch bei der Sicherheitsbeleuchtung sind bereits „Unzulänglichkeiten“ erfasst worden.

Der Zustand der Ausstellungsräume ist ebenfalls unerfreulich. Zwar werden sie erst Anfang 2021 für das Publikum zugänglich, doch es gibt Probleme wegen eines instabilen Raumklimas. Dabei geht es um noch zu starke und schwankende Feuchtigkeitswerte, es ist unklar wie sie zustande kommen. Der beanstandende Glykolaustritt bei einem Leck soll nach einer Havarie verdichtet worden sein.

Dennoch soll das gesamte Sicherheitskonzept noch einmal gründlich hinterfragt werden, 150 so genannte Wirkprinzipprüfungen seien noch durchzuführen. Dabei handelt es sich um ineinandergreifende technische Abläufe, mit denen das Sicherheitssystem kontrolliert wird.

Komplexe Anlagen problematisch

Hans-Dieter Hegner will als Bauvorstand der Stiftung Humboldt Forum dann auch lieber keine konkreten Zahlen der noch zu bearbeitenden Maßnahmen nennen. Er habe aber bereits auf „Risiken und Sollbruchstellen“ hingewiesen. Das umfangreiche Gebäude besitzt außerordentlich komplexe Anlagen, in der Zeit der Corona-Pandemie hätten wichtige Probeläufe nicht durchgeführt werden können, es fehlte an Programmierern.

Das Land Berlin hat die Außenanlage mit Aufstellflächen für Rettungswagen korrekt fertig gestellt. Wenn die Baustelle über den vorgesehenen Termin noch weitergeführt werden müsste, wird das teuer. Jeder zusätzliche Monat würde zwei Millionen Euro kosten.

Für Beginn des Jahres 2021 waren drei Ausstellungen für Familien geplant, Mitte Januar soll dann die Berlin-Ausstellung des Stadtmuseums folgen. Im nächsten Sommer würden, so die Planung, die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kultur präsentiert werden.

Inzwischen ist im Stiftungsrat wegen der Pannenserie Unsicherheit aufgekommen, der 17. Dezember als Teileröffnungstag ist bereits geplatzt. Dit is Berlin, kommentieren die von Großbaustellen leidgeplagten Berliner. (mit dpa)

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