Das Interview - Daniela Grundmann, Leiterin der Musikbühne Mannheim, über gutes Kindertheater und die zeitlose Kraft des Märchens

Daniela Grundmann, Leiterin der Musikbühne Mannheim: „Märchen haben Sogwirkung"

Von 
Leon Igel
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Laura Alvarez in der Titelrolle und rechts daneben Jonas Werling in der Rolle des Heiner. Bild: Bertram © Bertram

Mannheim. Seit ihrem ersten Kinderstück 1992 hat sich das freie Tourneetheater Musikbühne Mannheim der Förderung des Kindermusiktheaters verschrieben. Neben Stücken für Erwachsen stehen so auch immer Stücke für die Kleinsten auf dem Spielplan. Die Leiterin der Bühne, Daniela Grundmann hat mit dieser Zeitung über ihre neue Inszenierung „Der gestiefelte Kater“, gutes Kindertheater und die zeitlose Kraft des Märchens gesprochen.

Daniela Grundmann und die Aufführungen

  • Die Leiterin: Daniela Grundmann stammt aus Mannheim und studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik Heidelberg-Mannheim. Die Sopranistin gründete zusammen mit Eberhard Streul 1989 die Musikbühne Mannheim, deren Leitung sie 2015 übernommen hat. In einigen Inszenierungen steht sie selbst auf der Bühne.
  • Die Uraufführung: Die Uraufführung des Kindermusiktheaterstücks „Der gestiefelte Kater“ ist am Freitag, 29. März, um 16 Uhr im Wormser Theater „Das Wormser“. Karten zu je 11 Euro gibt es telefonisch unter (06241) 2000-450.
  • Termine in der Region: Weitere Spielorte sind am Sonntag, 31. März, um 15 Uhr im Bürgerzentrum Biblis, am Sonntag, 14. Juli, um 15 Uhr im Theater am Teich Weinheim sowie am Sonntag, 20. Oktober, um 11 Uhr im Capitol Mannheim

Frau Grundmann, Ihre Musikbühne macht viele Märchen-Inszenierungen. Hat das nicht einen langen Bart?

Daniela Grundmann: Im Gegenteil. Wenn man genau hinschaut, sieht man, welche pädagogische Kraft die Märchen haben. Schneewittchen etwa muss sich gegen die Anschläge der bösen Stiefmutter behaupten, bei ‚Der Teufel mit den drei goldenen Haaren’ geht es auch um das Überwinden von Ängsten und der Zwerg Nase besinnt sich in Anbetracht von Mobbing auf seine Stärken. Es gibt ja auch einen Grund, warum die Märchen nach so langer Zeit immer noch populär sind.

Und der lautet?

Grundmann: Märchen erscheinen uns als Erlösungsgeschichten. Sie erzählen uns, wie die Welt sein könnte. Und dabei sind sie optimistisch. Das Böse geht am Ende ja meist unter. Dieses Happy-End brauchen die Kinder. Sie lernen, dass man durch Mut, Anpacken und durch das Besinnen auf die eigenen Möglichkeiten immer eine Chance hat. Die Aussagen von Märchen sind damit absolut modern. Das verstehen die Kinder.

Warum führen sie dieses Jahr gerade „Der gestiefelte Kater“ auf?

Grundmann: Vorrangig scheint es um ein ungerechtes Erbe zu gehen. Doch im Kern geht es um die Frage: Darf man hochstapeln, um im Leben voranzukommen? Dabei gibt es alle Elemente für eine gute, moderne Geschichte: Kritik an Geldgier und Kapitalismus, die Kraft der Freundschaft und der Ehrlichkeit. Die Kinder identifizieren sich mit Heiner. Was ihm durch den Kater in den Schoß fällt, bereitet ihm Gewissensbisse. Davon macht er sich frei, indem er allen die Wahrheit erzählt. Das hat Format! Märchen sind gut, wenn sie Kindern auf ihrem schwierigen Weg zum Erwachsenwerden helfen!

Welche Rolle spielt die Musik dabei?

Grundmann: Text vermittelt Inhalt. Musik vermittelt Emotionen. Man muss dabei versuchen, die Musik an die Handlung zu binden. Der Bösewicht hat bei uns dissonante, aggressive Klänge. Die Musik, die den Kater begleitet, ist verspielt. So fühlen die Kinder sofort, was auf der Bühne geschieht. Wir als Musikbühne haben in den letzten Jahren verschiedene Musikstile umgesetzt. Es ist erstaunlich: Wenn die Musik gut ist, nehmen die Kinder das unabhängig vom Stil an. Oft sind wir die erste Theater-Erfahrung für viele Kinder. Das wollen wir möglichst gut machen.

Sie als freie Bühne arbeiten mit traditionellen Märchen. Staatlich subventionierte Bühnen arbeiten experimenteller. Woher der Unterschied?

Grundmann: Wir müssen so arbeiten, dass unsere Stücke bundesweit vielfach gespielt werden können. Wir müssen ein breites Interesse abdecken. Feste Häuser haben ihr Stammpublikum, wir haben das nicht. Eine Inszenierung mit wenigen Aufführungen können wir uns nicht leisten. Wir befinden uns also ständig auf einer Gratwanderung zwischen hohem künstlerischen Niveau und der Notwendigkeit, den Saal zu füllen. Dabei bieten die bekannten Märchen-Titel einen guten Ansatzpunkt, um Publikum anzuziehen. Sie haben eine Sogwirkung - und durch ihre Vieldeutigkeit auch immer aktuelle Dimensionen. Sie lassen sich ja sehr gut auf die heutige Kinderwelt übertragen.

Kommt dabei Neues zustande?

Grundmann: Wir arbeiten innovativ. Der Markt ist umkämpft, da muss man sich immer Neues ausdenken. Wir schreiben eigene Musik für die Kinder, das kommt bei Publikum und den Theaterverlagen gut an. Man darf ja nicht vergessen: Kinder sind ein ehrliches Publikum. Sie sind vorurteilsfrei - nur gut muss es sein. Haben sie erst einmal den lebendigen Charakter des Theaters erfahren, dann verlangen sie nach immer mehr Futter. Sie spüren, dass auf der Bühne ihr eigenes Leben verhandelt wird.

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