Stuttgart. Eigentlich ist er den Auftritt im Rampenlicht gewöhnt: Seit 26 Jahren bespielt Bülent Ceylan erfolgreich die ausverkauften Bühnen der Republik mit seinen Comedy-Programmen. Die eine oder andere Kostprobe seines Gesangstalents hat er bei seinen Shows bereits gegeben. Außerdem begeisterte er bei der Sendung „The Masked Singer“ als Engel. Jetzt hat Ceylan den Auftakt seiner ersten Tour „Ich Liebe Menschen“ im ausverkauften Wizemann in Stuttgart gefeiert. Mit im Gepäck hat der Mannheimer sein gleichnamiges Debütalbum sowie weitere musikalische Überraschungen. Mehr als zwei Stunden lang hat der vierfache Familienvater die rund 1200 Besucherinnen und Besucher in seinen Bann gezogen.
Mit ordentlich Wumms eröffnet der bekennende Metal-Fan seinen Gig. Das powervolle „Yallah Hopp“ erfüllt die Halle: Eine gelungene Melange aus pointierten Gitarrenriffs, eingängiger Melodie und Ceylans kraftvoller Stimme, die passende Growl-Passagen einfließen lässt, stimmen auf den vielseitigen Abend ein. Dazu schüttelt er seine lange schwarze Mähne beim Headbangen mit ordentlich Karacho und springt auf der Bühne wild hin und her, so dass der Schweiß rinnt. Mitunter würzt er seine Performance mit für orientalischen Tanz typischen Hüftbewegungen. Ceylan ist in seinem Element und hat offensichtlich richtig viel Spaß.
Ceylan in schwarzer Lederjacke und mit schwarzem Nagellack
„Ein Traum wird wahr“, ruft er gut gelaunt in die Menge. Ohrenbetäubender Jubel tönt ihm entgegen. „Leute, ich hab’ so Bock, des ist so aufregend, das ist mein erstes Konzert heute Abend“, gesteht er in kurpfälzischem Dialekt. Seine Band besteht aus jungen Musiktalenten. Die Gitarristen Julia Lange und Tobi Stulz, der Ceylan auch mit Gesang unterstützt, Bassist und Keyboarder Hannes Merten und Schlagzeuger Marcel Vojvodic.
Bülent Ceylan und sein Stuttgarter Tourauftakt
- Bülent Ceylan, 1976 in Mannheim als Sohn einer Deutschen und eines Türken geboren, startet seine Karriere als Komiker vor 26 Jahren. Musik hat er aber auch davor schon gemacht.
- Ceylan hat eine Stiftung für Kinder gegründet, außerdem macht er sich gegen Rassismus stark. Mit seinem Debütalbum „Ich Liebe Menschen“ ist der Metaller aktuell auf gleichnamiger Tour.
- Stuttgarter Setlist: „Yallah Hopp!“, „Schmutzige Liebe“, „Anders Gleich“, „Wenn Metaller Traurig Sing“, „Ohne Filter“, „Rüstung Aus Hass“, „Klopf Klopf“, „Lieder gegen Nazis“, „Raumschiff“, „Wohin Du Gehst“, Cover-Medley, „Santa Maria“, „Brüder“, „Schwach“, „Booom“. Zugaben: „Ich Liebe Menschen“, „Engel Landen Weich“. cap
Modetechnisch bleibt er seinem Stil als Sänger treu. Ceylan tritt ganz in Schwarz auf, mit Lederjacke und schwarzem Nagellack. Ordentlich Tempo gibt Ceylan bei seinem Song „Schmutzige Liebe“. Der Heavy Metal-Song fetzt und reißt die Gäste mit seinem ausdrucksvollen Refrain mit. Der 48-Jährige kokettiert mit seinem Alter. „Wenn ich nicht mehr kann, müsst ihr mal rennen“, sagt er scherzend zu seinen Musikern, zu denen er ein kumpelhaftes Verhältnis pflegt. In Sachen Fitness muss sich der Künstler aber nicht hinter seinen Bandmitgliedern verstecken, die im Schnitt halb so alt sind wie er. Er beweist viel Ausdauer, wenn er beim Tanzen alles gibt, ohne Ermüdungserscheinungen an den Tag zu legen.
„Seid Ihr alles Schwoben hier? Bei euch kann man net aggressiv werden, wenn man „Arschlöchle“ sagt“, witzelt er, bevor er den Song „Anders Gleich“ ankündigt, den er mit Peter Maffay aufgenommen hat. Er sei ein superlieber Mensch und auch gegen Rassismus. Darum geht es dann auch in dem Duett. „Da könnt ihr wirklich alle Hände oben sehen.“ Denn auch Stuttgart sei „multi-kulti“. Ceylan spielt außerdem auf die große Altersspanne unter den Fans an. „Es sind Kinder da - von mir vielleicht auch“, scherzt er. Dank seines Humors gelingt es ihm, auch ernste Themen gut verdaulich zu transportieren.
Das Konzert ist ein wohl dosiertes Wechselbad der Gefühle. Mal laut, dann ruhiger, gesellschaftskritisch aber auch emotional. Denn Ceylan gestaltet sein erstes Konzert so, wie man es sich erhofft hat. Es gibt Momente, die zum Nachdenken anregen, aber auch Augenblicke zum Lachen.
Bülent Ceylan zeigt mit „Lieder gegen Nazis“ Flagge
Ceylan will bei seinen Auftritten Metaller und Comedy-Fans gleichermaßen bedienen, indem er zwei Stand-Up-Nummern ins Programm einbaut. Doch der Fokus liegt an diesem Abend auf der Musik. Mit dem temporeichen „Lieder gegen Nazis“ zeigt er Flagge, während er in „Raumschiff“ darüber philosophiert, wie schön die Welt von oben aussieht.
Bei „Ohne Filter“ appelliert er auf humorvolle Weise, bei den sozialen Medien authentisch zu bleiben. „Es gibt so viel Hass auf der Welt“, moniert er. „Worte können sehr verletzen“, sagt Ceylan, bevor er den melancholischen Symphonic Rock-Song „Rüstung aus Hass“ präsentiert, der stilistisch an „Evanescence“ erinnert. Bei seinem Cover-Medley singt er auf Englisch. Dabei interpretiert er Hits wie „Word Up“, „Sweet Dreams“, „Chop Suey“ und „Killing In The Name“ mit viel Pep.
Das spannungsgeladene „Boom“ ist ein fröhlicher Partysong. Gefühle zeigt er bei der herzergreifenden Ballade „Wohin Du Gehst“, die er seiner Tochter aus erster Ehe gewidmet hat. Für seine Mutter hat er aus Roland Kaisers „Santa Maria“ eine schmissige Rockhymne kreiert. Seiner Frau macht er mit dem sanften „Engel Landen Weich“ eine musikalische Liebeserklärung, die er nach das schmissige „Ich Liebe Menschen“ setzt, deren Strophen er mit einem rollenden R à la Rammstein performt. Schließlich verabschiedet er sich von seinen applaudierenden Anhängern. „Ohne Euch wäre dieser Abend nicht so geil gewesen.“ Die Feuertaufe hat Ceylan bestanden.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/kultur_artikel,-kultur-buelent-ceylan-rockt-stuttgart-metal-show-begeistert-fans-_arid,2198509.html