Mannheim. Gesellschaftskritik ist eine ernste Sache, denkt man. Die Band ok.danke.tschüss zeigt, dass es auch anders geht, und erreicht mit Wortwitz und frechen Sprüchen ein großes Publikum. Denn das Quartett hat ein erstaunliches Gespür für Bereiche, wo es nicht ganz rund läuft – und legt schon mal den Finger in die Wunde. Das tun die Musiker aber äußerst charmant. Im Rahmen ihrer „Das Neue Normal“-Tour ist die Gruppe aus Mannheim am Samstag vor knapp 800 Fans in der Alten Feuerwache aufgetreten und hat sie mit ihrem facettenreichen Sound und intelligenten Lyrics begeistert.
Nach dem kurzweiligen Vorprogramm mit Sängerin Michal und Musikkomikerin Coremy eröffnen Sängerin Eva Sauter, Bassist Manuel Praxmarer, Keyboarder Lucas Firmbach und Schlagzeuger Tobias Waldbauer den Gig mit einem powervollen Intro. Während Sauter ausgelassen zur Musik tanzt, philosophiert sie in „Teesorten“ darüber, warum diese exotischer sind als ihr eigenes Leben. Dancelastig wird es bei „Liebe?“. Das lyrische Ich ist froh, dass es seinen Ex, der sich als „Arschloch“ entpuppt hat, hinter sich gelassen hat. Allerdings sorgt ein neuer Partner schon bald für Ärger. Die Band freut sich, in Mannheim auf der Bühne zu stehen. „Das ist unser erstes großes Heimspiel“, verrät die charismatische Frontfrau fröhlich.
Die Menge mit „Mannheim“ anzusprechen sei nicht korrekt, da nicht alle aus der Quadratestadt kommen. „Ihr könnt euch heute einen eigenen Namen aussuchen“, schlägt sie vor. Die Zuschauerinnen und Zuschauer entscheiden sich schließlich für Schnabeltier.
Musikalisch mixt die Band eingängige Synthieklänge mit Rockelementen und Punk, so dass ein neues Genre entsteht. „Einhorn-Rock“ nennen sie ihren Stil selbstbewusst. So fantastisch und einzigartig wie das Fabelwesen ist auch die Musik von ok.danke.tschüss. Kein Thema ist ihnen zu fremd und kein Eisen zu heiß. Ob das mitreißende „Böses Mädchen“, das Scheinheiligkeit an den Pranger stellt, oder das melancholische „Soldat“, das als Anti-Kriegslied gilt – die Combo nimmt kein Blatt vor den Mund.
Mit dem Lied „Leukämie Du Bitch“ beschimpfen sie Krebs. Dahinter steckt eine sehr persönliche Geschichte. Denn Eva Sauter wurde von Blutkrebs geheilt. „Zeug“ nimmt Kapitalismus und unreflektierten Konsum aufs Korn. Die Gruppe hat aber auch eine romantische Seite. In dem poppigen „Was passiert“, einem brandneuen Song, überlegt Sauter, ob sie die einladenden Lippen ihres Gegenübers einfach küssen soll. „Ich bin verliebt“, bei dem Michal auf die Bühne kommt, ist eine Liebeserklärung an ein Sofa.
Noch mehr als alle Couches liebt Sauter jedoch Mütter, weil sie Leben geschenkt haben. „Muschigeburt“, das sie gegen Sexismus als aggressive Punkversion servieren, bringt die Menge zum Tanzen. Im fröhlichen „Das Neue Normal“ singen sie über eine Welt ohne Diskriminierung. Nach drei Zugaben belohnt das Publikum die Künstler mit herzlichem Beifall.
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