Vogelartige Töne sirren über den warmen, irisierenden Luftblasen-Sound ihres Fender-Rhodes-Pianos. Die Stimme von Allysha Joy bahnt sich hierdurch kraftvoll ihren Weg, immer wieder brüchig angeraut und mit wie Flügelschläge flatternder Phrasierung, stellenweise wirkt ihr Gesang auch fast wie ein Rezitativ.
Das Stück, das Allysha Joy eingangs ihres Konzertes auf der Sommerbühne der Alten Feuerwache Mannheim spielt, erscheint uns mehr wie ein sich wellenförmig ausbreitendes Klang-Narrativ, als dass man von einer klassischen Songstruktur sprechen könnte. Sicher ist das Soul, und ebenso sehr auch Jazz; aber es bleibt sperrig, auf seltsame Weise ungreifbar. Sie weiß, so wird Joy später selber sagen, dass ihre Musik „challenging“ sei – herausfordernd, schwierig. Wobei nicht nur der semantischen Vollständigkeit halber hinzugefügt werden soll, dass „challenging“ genauso gut „fesselnd“ bedeuten kann.
Traumwandlerisch ungreifbar
Die Sängerin, Pianistin, Schriftstellerin und Dichterin ist Teil des in Melbourne beheimateten Hip-Hop- und R&B-Kollektivs 30/70. Sie sei eine Künstlerin aus dem „sogenannten Australien“ und die Musik, die sie mit uns teile, „auf gestohlenem Land geschrieben“ worden, erläutert Joy und zollt den Älteren („the Elders“), verstorbenen wie lebenden, Respekt, denen jenes Land rechtmäßig gehöre. Der „Geist dieses Ortes“ lebe in ihrer Musik. Und in diese flicht sie neben Gesang und Rhodes-Klängen bald auch Groove-Beats und Gesangseinspielungen mit ein, wie bei „Still Dreaming“, das gleichermaßen traumwandlerisch in sich gekehrt erklingt, wie es eine Zappa-eske Unruhe ausströmt.
Neben ihren eigenen Stücken hat Joy auch Fremdmaterial im Repertoire, wie „Take The Box“ von Amy Winehouse und „Weak“ von dem US-amerikanischen Trio SWV, das hier indes aller R&B-Lieblichkeit entkleidet wird. Das ist durchaus ansprechend und sicherlich eines der ungewöhnlichsten Konzerte in der Sommerbühnen-Reihe.
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