Bildung Lassen wir unsere Kinder in den Sommerferien durchatmen!

Valerie Gerards findet, dass Schüler in den Ferien auch einfach mal nichts tun dürfen. Sie haben ein Recht auf einen richtigen Urlaub ohne Leistungsdruck, Nachhilfe und Frust

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Valerie Gerards
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In vielen Familien wird derzeit über das Lernen in den Sommerferien gesprochen. Einige Eltern wollen, dass ihre Kinder in den kommenden sechseinhalb Wochen kontinuierlich etwas für die Schule tun, auch wenn die Noten alles andere als auffällig sind. Hier zählt in erster Linie der Wunsch, dass sie ihr Wissen vertiefen, um dann mit ihrem Wissensvorsprung zu punkten.

In unserer Leistungsgesellschaft ist das sicherlich ein nachvollziehbarer Ansatz, wenn etwa Studienplätze nach der Abiturnote vergeben werden. Der Numerus Clausus für die Aufnahme eines Medizinstudiums liegt schließlich, wie bei anderen Studiengängen auch, derzeit bei irrwitzigen 1,0 – in Zeiten eines beunruhigenden Ärztemangels. Kopfschütteln ist da durchaus berechtigt!

Großer Leistungsdruck bei Schülern und Eltern

Auf der anderen Seite brauchen zahlreiche Kinder das Lernen in den Ferien, um Wissenslücken zu füllen. Hier steht bei den Eltern das Aufholen gegenüber den Klassenkameraden im Vordergrund, um mit mehr Sicherheit in das neue Schuljahr zu starten. Das ist ebenfalls verständlich. Nur: Können diese Kinder wirklich aufschließen, wenn die Eltern das benötigte Wissen mitunter gar nicht vermitteln können, während in bildungsaffinen Haushalten schon vorgearbeitet wird? Sie müssen es versuchen, denn unsere Gesellschaft definiert sich zu einem großen Teil durch ihr Wissen.

Kinder und Jugendliche haben genauso ein Recht auf Erholung wie Erwachsene, die in ihrem Urlaub auch einfach mal gar nichts zu tun und abzuschalten wollen.

Was auch immer der Antrieb der Eltern ist, eines sollten sie nicht vergessen: Kinder und Jugendliche haben genauso ein Recht auf Erholung wie Erwachsene, die in ihrem Urlaub auch einfach mal gar nichts zu tun und abzuschalten wollen. Immerhin haben Schüler in weiterführenden Schulen oftmals eine Stundenwoche, bei der Gewerkschaften auf die Barrikaden gehen würden – wenn es denn Arbeitszeit wäre.

Der Leistungsdruck ist schon groß genug. Und das bei einer Generation, die von der deutschen Politik viel zu häufig mit Missachtung bedacht wird und mit mehr existenziellen Problemen zu kämpfen hat, als ihre Elterngeneration: dem immer deutlicher spürbaren Klimawandel, ein Krieg mitten in Europa, der das Potenzial eines Weltkriegs hat, künstliche Intelligenz, die wohl die komplette Arbeitswelt verändern wird.

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Freie Autorin