Immer mehr Politiker und Amtsträger im öffentlichen Dienst werden in Baden-Württemberg Opfer von Übergriffen. Das geht aus der Antwort des baden-württembergischen Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage des Mannheimer Landtagsabgeordneten Stefan Fulst-Blei (SPD) hervor. Die Antwort liegt dieser Redaktion vor.
Das Ministerium listet unter anderem die sogenannten Opferdelikte auf. Das sind Straftaten wie Körperverletzungsdelikte oder Bedrohungen. Beleidigungen oder Sachbeschädigungen fallen nicht in diese Kategorie.
Zahl steigt seit 2017 kontinuierlich an
Die Zahl der von solchen Opferdelikten betroffenen „Amtsträger im öffentlichen Dienst“ erreichte demnach 2022 einen Höchstwert. 185 Personen wurden laut dem Ministerium Opfer. Amtsträger im öffentlichen Dienst sind etwa Richter oder Beamte. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg um rund 20 Prozent (154 Opfer). Die Zahl steige seit 2017 kontinuierlich, so das Ministerium.
Im ersten Jahr der Corona-Pandemie 2020 stieg laut Antwort aus dem Ministerium speziell auch die Zahl der unter Opferdelikten separat erfassten Politiker. Und zwar um mehr als das Doppelte auf 49 Personen. Sie erreichte 2021 mit 56 Betroffenen einen Höchststand. Im Jahr 2022 waren es ein paar weniger, nämlich 50, so das Ministerium.
Gewaltdelikte die Ausnahme
Bei den politisch motivierten Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger - hier werden zum Beispiel auch Beleidigung und Sachbeschädigung eingerechnet - gibt es nach Angaben des Ministeriums seit 2018 einen deutlichen Anstieg mit einem Höchststand von 426 Geschädigten im Jahr 2021. Im vergangenen Jahr verzeichnet die Statistik einen leichten Rückgang. Der Höchststand sei „im Zusammenhang mit den Bundes- und Landtagswahlen im Jahr 2021 zu erklären“, so das Ministerium. Gewaltdelikte seien im Beobachtungszeitraum „die Ausnahme“.
Immer mehr "nicht zuzuordnen"
Die Behörden teilen politisch motivierte Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger in „links“, „rechts“, „ausländische Ideologie“ oder „nicht zuzuordnen“ ein. Die meisten Delikte fielen 2022 in die Kategorien „rechts“ (68) und vor allem „nicht zuzuordnen“ (289). Die Zahlen zeigen, dass besonders seit dem Corona-Jahr 2020 Straftaten im Bereich „nicht zuzuordnen“ viel häufiger sind als davor. Damit liegt das Land im bundesweiten Trend: Denn auch das Bundeskriminalamt hatte zuletzt Höchststände bei politisch motivierten Taten für 2022 vermeldet. Die größten Zuwächse gab es laut Bundesinnenministerium ebenso im Bereich „nicht zuzuordnen“. Es hieß, man verzeichne dort viele Taten „aus diffuser Motivation, insbesondere bei Corona-Protesten“.
Zahlen bleiben nicht ohne Reaktion
Die seit Jahren steigenden Zahlen bleiben nicht ohne Reaktion: „Rat und Tat und Unterstützung für Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker“ bietet etwa das Online-Portal www.stark-im-amt.de. Es ist eine Initiative der Körber-Stiftung in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag, Deutschen Landkreistag und Deutschen Städte- und Gemeindebund. Fallbeispiele zeigen dort, wie Amtsträger „sich informieren und vorbereiten können“, heißt es auf der Website.
Auch das Landesinnenministerium will Politiker schützen, hatte kürzlich mit einer Verordnung verfügt, dass die Anschrift von Kandidierenden bei kommunalen Wahlen nicht mehr auf dem Stimmzettel steht „um sie vor Hass, Hetze und Übergriffen zu schützen“. Fulst-Blei betont: Ein Schritt, der „längst überfällig“ sei, wie die Ergebnisse seiner Anfrage zeigten.
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