Interview

Q6 Q7 Chef Hendrik Hoffmann: „Wir müssen von Beliebigkeit in Fußgängerzonen wegkommen“

Was ist der Geschenkerenner Nummer eins im Weihnachtsgeschäft? Q6 Q7 Chef Hendrik Hoffmann verrät es im Interview und spricht außerdem über die Sauberkeit der Mannheimer Innenstadt

Von 
Christian Schall und Bettina Eschbacher
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Als Geschäftsführer der CRM Center & Retail Management GmbH ist Hendrik Hoffmann für das Quartier Q 6 Q 7 in der Mannheimer Innenstadt verantwortlich. © Christoph Blüthner

Mannheim. Herr Hoffmann, Sie sitzen ja täglich an der Quelle, haben Sie schon alle Weihnachtsgeschenke?

Hendrik Hoffmann: Ein Teil ist schon erledigt, ein anderer Teil muss noch erfüllt werden. Aber es gibt für alles einen Plan. Das ist ja das Wichtige.

Ist das wirklich noch so, dass die Klassiker gekauft werden, also Parfüm, Bücher, oder hat sich das inzwischen verschoben?

Hoffmann: Geschenk Nummer Eins ist schon seit Jahren der Geschenkgutschein. Das kommt ja nicht aus der Hilflosigkeit der Leute heraus. Gutscheine werden bewusst benutzt als Vorbereitung, um zwischen den Jahren und in der ersten Januarwoche shoppen zu gehen. Ich werde ja nicht müde zu sagen, dass unser Weihnachtsgeschäft bis einschließlich erste Januarwoche geht, dieses Jahr bis zum 5.1. Weil dann viele Familien die Zeit haben, gemeinsam in die Stadt zu gehen, die Geschenkgutscheine auch einzulösen und dann vielleicht noch ein bisschen was draufzulegen.

Die Prognosen für das diesjährige Weihnachtsgeschäft lassen bei den Händlern nicht gerade die Korken knallen. Oder wie sind die ersten Tage gelaufen?

Hoffmann: Wenn ich mir das erste Adventswochenende ansehe, da laufen wir entgegen dem Trend, den der Handelsverband für Baden-Württemberg und Nordbaden ermittelt hat. Wir hatten hier in Q 6 Q 7 ein schönes zweistelliges Plus in der Frequenz. Ich denke, dass das auch die nächsten Wochen so sein wird. Da zahlt sich aus, dass das Quartier weihnachtlich geschmückt ist und dass wir unsere Aktionen und Events nicht zurückgefahren haben. Und auch die ersten Stimmen vom Mannheimer Handel waren sehr positiv. Für den gesamten Handel sind wir vom Verband etwas verhalten. Wir hoffen auf ein leichtes Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr. Das ist ja auch die Prognose vom HDE für ganz Deutschland.

Hendrik Hoffmann

  • Hendrik Hoffmann (52) ist seit Mitte 2015 Geschäftsführer der CRM Center & Retail Management GmbH, die das Quartier Q 6 Q 7 in Mannheim betreibt. CRM gehört zur Mannheimer Unternehmensgruppe Diringer & Scheidel.
  • Hoffmann, der aus Essen stammt, ist gelernter Einzelhandelskaufmann. Er war zuvor unter anderem bei C&A und Galeria Kaufhof tätig –auch als Geschäftsführer der Filiale in P1.
  • Außerdem gehört er dem Präsidium des Handelsverbands Baden-Württemberg und Nordbaden sowie dem Vorstand der Werbegemeinschaft City an.

Nach dem Auslaufen der Corona-Maßnahmen hat sich die Mannheimer Innenstadt verändert. Nicht unbedingt zum Guten, viele Marken haben die Stadt verlassen, es gibt einige Leerstände. Wie bewerten Sie die Lage des Handels und der Innenstadt?

Hoffmann: Wir sind ja in der glücklichen Lage, dass wir hier das Oberzentrum waren und auch weiter sind. Wir haben natürlich Kaufkraftverluste, die Statistiken haben wir ja mehrfach vorgestellt. Unsere Umfrage bei den Menschen, die nicht nach Mannheim kommen, hat ergeben: Die Händler und Gastronomen machen ihren Job. Aber die Stadt soll doch bitte dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen passen, vor allem die Erreichbarkeit für den Individualverkehr und den ÖPNV sowie die Themen Sauberkeit und Sicherheit. Insofern bin ich da guter Dinge und sehr positiv, dass das funktioniert.

Zur Sauberkeit hat mich eine Münchnerin angesprochen, die hier ihre Wurzeln hat. Mannheim sei so dreckig. Sie sei geschockt gewesen, als sie das letzte Mal hier war. Ähnliches hört man immer wieder von Besuchern. Wieso tut sich da nichts?

Hoffmann: Ich formuliere es mal positiv: Obwohl wir als Q 6 Q 7 für die Gehwegreinigung laut Gehwegsatzung zahlen, haben wir einen eigenen Reinigungsdienst. Wir investieren jedes Jahr noch mal einen hohen fünfstelligen Betrag, um rund um das Quartier die eigentlich öffentlichen Flächen wie den Münzplatz sauber zu halten. Sicherlich muss man auch an der einen oder anderen Stelle mal sagen: Liebe Besucher, Kaugummi und eine Kippe gehören nicht auf den Boden geschmissen. Das ist eine Einstellungssache, es gibt aber auch einen entsprechenden Strafenkatalog, den man umsetzen muss.

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Der aber nicht umgesetzt wird, weil nicht kontrolliert wird?

Hoffmann: Die Stadt hat die Verantwortung, für Sauberkeit zu sorgen. Und da kann sie noch deutlich mehr tun. Das ist auch die Erwartungshaltung, die wir als Handel haben. Eine Verpackungssteuer ist da sicherlich der falsche Ansatz. Denn es gibt jetzt schon die unterschiedlichsten Steueransätze und Gebühren, die eigentlich sicherstellen, dass die Straße sauber sein sollte.

Wie wichtig ist es für Mannheim, dass das Galeria-Kaufhaus am Paradeplatz gerettet wurde?

Hoffmann: Ich habe ja eine persönliche Verbindung (Anm. Hoffmann war dort bis 2012 Geschäftsführer) zu dem Haus. Ich glaube fest an das Warenhaus. Man muss nur den handelnden Personen auch die Möglichkeiten geben, dass man das aktuell und adäquat darstellen kann. Dann funktioniert das auch. Und klar, für Mannheim ist das an der Stelle ein wichtiges Haus.

Die Planken in der Vorweihnachtszeit geschmückt. © Michael Ruffler

Wie würden Sie den Handelsmix jetzt in Mannheim bewerten?

Hoffmann: Aus der eigenen Erfahrung kann ich sagen: Der, der ein Weihnachtsgeschenk sucht, findet über alle Produktgruppen ein ausreichendes Angebot. Das Schöne ist ja, dass wir hier auf relativ kurzem Wege – nämlich zwischen Wasserturm und Paradeplatz mit den Seitenstraßen – das komplette Angebot abbilden können.

Aber das gibt es online auch.

Hoffmann: Die Wachstumsraten stagnieren ja sowohl online als auch stationär parallel. Aber wir haben die Möglichkeit, direkt am Kunden zu arbeiten, ihn mit Beratung und dem richtigen Angebot vom Besucher zum Kunden zu konvertieren. Wir sehen in Q6 Q7, dass es auch immer wichtiger wird, das Sortiment schärfer auf die eigene Zielgruppe, das eigene Kundenprofil zuzuschneiden. Je besser das einem Store gelingt, desto höher ist die Frequenz. Wir müssen von der üblichen Beliebigkeit in den Fußgängerzonen wegkommen.

Haben Sie da ein Beispiel?

Hoffmann: Nehmen Sie Sally, die als erfolgreiche YouTuberin vor vier Jahren hier einen Laden mit Haushaltswaren eröffnet hat. Das läuft sehr gut, weil die Leute sie von Social Media kennen, aber das Erlebnis vor Ort haben wollen. Oder Baby-Walz mit jungen Familien als ganz scharf zugeschnittenem Kundenprofil, das viel Service möchte. Im Grunde braucht es weder einen Handelsverband noch eine Werbegemeinschaft dafür, dass jemand in oder vor seinem Laden etwas für seine Kunden tut. Da ist jeder selber verantwortlich, aber es hilft gleichzeitig auch den anderen Händlern. Wenn Engelhorn zum Beispiel eine Aktion am Wochenende macht, bringt das der ganzen Innenstadt etwas.

Sie haben seit zwei Jahren einen großen Ankermieter mit Media Markt. War das die richtige Entscheidung?

Hoffmann: Wir haben dafür noch mal dramatisch in die Struktur eingegriffen, indem wir Flächen zusammengelegt haben. Aber wir sind glücklich, dass wir Media Markt bei uns im Haus haben. Wir haben hier 89 Wohnungen, wir haben Büromieter, die versorgt werden wollen. Außerdem leben knapp zehn Prozent der Einwohner im Innenstadtbereich. Wenn sich der Händler entsprechend darauf einstellt, hat er alle Möglichkeiten, die Umsätze mitzunehmen. Man sieht es auch am Bauhaus in R 5, dass spezielle Innenstadtkonzepte funktionieren.

War der aufwendige Umbau für Media Markt und die Zusammenlegung von Flächen die einzige Möglichkeit, in der Mall die Ladenflächen wieder belegen zu können?

Hoffmann: Zu der Zeit ja. Man muss ja sagen, dass die Erstkonzeption der Mall von 2007 stammt. Seitdem hat sich viel verändert, was Strukturen innerhalb von überdachten Shopping-Destinationen angeht. Es war schon sehr visionär, so ein Stadtquartier multifunktional zu bauen, mit Wohnungen, Ärzten, Fitness, Parken und Hotel. Da waren wir schon sehr, sehr weit. Aufgrund der Umwälzung – einige Player wie Esprit oder Gerry Weber sind vom Markt verschwunden oder haben sich zurückgezogen – muss man das jetzt anpassen. Wir werden sicher an der einen oder anderen Stelle noch mal was Neues sehen.

Was ist denn neu?

Hoffmann: Nehmen Sie Sandbox VR. Das ist ein Virtual Reality Erlebnis, da kann man aus neun Inhalten von Geschicklichkeit bis Zombie-Bekämpfen auswählen und ist dann eine Dreiviertelstunde bis Stunde damit beschäftigt. Das ist wirklich sehr erfolgreich in einem Einzugsgebiet von bis zu 200 Kilometern.

Man sieht trotzdem einige leere Flächen in der Mall. Wann werden diese wieder belegt sein mit neuen Mietern?

Hoffmann: Aktuell haben wir fünf Flächen nicht bespielt. Was mich aber ein Stück stolz macht, ist, dass wir es geschafft haben, im achten Jahr fest in der Stadtgesellschaft verankert zu sein. Ein gutes Beispiel dafür ist das Studio Herrlichkeit der evangelischen Kirche, das bei uns aufgemacht hat. Die hätten sich früher vielleicht gar nicht getraut, uns anzusprechen.

Bei der Gastronomie scheint es nicht so recht zu laufen. Oh Julia hat sich zurückgezogen und im Untergeschoss gibt es nur noch einen Anbieter. Kommt da ein neues Konzept?

Hoffmann: Oh Julia und das Angebot im Untergeschoss waren von einem Betreiber, da gab es eine Insolvenz. Das ist ein juristisch vorgebendes Verfahren, da sind wir nur Beobachter. Nichtsdestotrotz fokussieren wir uns auf die Entwicklung neuer Gastrokonzepte und prüfen, was es für Möglichkeiten gibt, wenn wir wieder über die Flächen verfügen können.

Das heißt, Sie können da gar nichts machen?

Hoffmann: Im vom Gesetzgeber vorgegebenen, sehr engen Rahmen versuchen wir natürlich, so schnell wie möglich zu einer Lösung zu kommen.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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