Ludwigshafen. Die Decken und Wände sind verziert mit unzähligen Flaggen und Schals. Dunkle, schwere Holzbänke und Tische schaffen ein uriges Ambiente. Auf der langen Theke reihen sich Dutzende Whiskey-Flaschen aneinander, in den Regalen dahinter stehen Spirituosen aus aller Herren Länder. Auch hier sind Schals verschiedener Fußballclubs festgepinnt, daneben Werbeartikel irischer Bierhersteller, Postkarten und - quasi das Markenzeichen eines jeden Irish Pubs - unzählige Geldscheine aus der ganzen Welt.
Fast wäre das alles Geschichte gewesen, denn der langjährige Betreiber des „Ireland’s Own“ in der Ludwigshafener Bahnhofstraße, Andreas Bretz, gibt die Kneipe ab. Quasi auf den letzten Drücker hat er jetzt aber doch noch Nachfolger gefunden - und zwar aus dem Kreise seiner Stammkunden.
Crowdfunding
Mit einer Spendenaktion sammeln Ben Lösch, Dennis Fix und Chris Heine Geld für die Rettung des Irish Pubs.
Wer das Projekt unterstützen will, kann einen gewünschten Betrag spenden oder auch ein Goodies erwerben. Für 5 Euro gibt’s eine Namensnennung auf der Webseite, für 2500 Euro einen Abend mit bis zu fünf Freunden im Pub aufs Haus und weitere Vorzüge.
Infos: www.startnext.com/irelands-own-reloaded
Die drei Freunde haben sich beim Karaoke-Singen im Ludwigshafener Pub kennengelernt
Für Ben Lösch, Chris Heine und Dennis Fix ist das „Ireland’s Own“ mehr als nur eine gewöhnliche Bar. Für sie ist es wie ein Wohnzimmer, eine Art zweites Zuhause. Kennengelernt haben sich die drei Freunde natürlich genau hier, in diesen Räumen in der Bahnhofstraße. „Es war beim Karaoke-Singen“, berichtet Lösch und alle brechen in Gelächter aus. Etwa 15 Jahre ist das her. Erst machten er und Fix Bekanntschaft, Heine stieß ein paar Jahre später dazu. Sie alle wohnten damals in Ludwigshafen und das Irish Pub in der Innenstadt wurde schnell ihre Stammkneipe.
„Als wir gehört haben, dass der Laden vielleicht dicht macht, waren wir erstmal geschockt“, sagt Dennis Fix. Dann sei für das Trio aber recht schnell klar gewesen, dass man das nicht zulassen könne, so der 38-Jährige. „Wir hatten vor Corona schon mal eine gemeinsame Geschäftsidee“, berichtet Lösch, der zwei Jahre jünger ist als seine beiden Kollegen. Mit der „Feier Force“ wollten sie ein mobiles Getränke- und Grillangebot in der Region schaffen. „Das hat sich aus heutiger Sicht damals zum Glück verlaufen, sonst wären wir eines der ersten Unternehmen gewesen, das durch die Pandemie zugrunde gerichtet worden wäre“, sagt Chris Heine.
Die Möglichkeit, „ihr“ Irish Pub zu übernehmen, hat die gemeinsamen Pläne nun wieder aufleben lassen. Über Gastro-Erfahrung verfügen dabei zumindest Fix und Heine bereits. Ersterer hat in Mannheim ab 2018 das Unternehmen Brauquadrat mit aufgebaut, das inzwischen neben einer Brauerei und einem Shop auch einen „Brew Pub“ zu bieten hat. Heine ist dort ebenfalls als Teilhaber eingestiegen, während seiner Ausbildung zum Chemikant hat er außerdem in einer Disco hinter der Bar und im Service gearbeitet. Für Ben Lösch ist die Gastronomie eher ein Quereinstieg, hat er doch bislang in der Logistik, als Dozent und im Vertrieb gearbeitet. „Ich mache hier aber seit acht Jahren den Karaoke-DJ“, sagt er und lacht.
Ohnehin lachen die drei Männer viel, frotzeln und nehmen sich gegenseitig auf die Schippe. Das sei eben der Geist des Irish Pub. „Hier vertragen sich alle, jeder ist willkommen. Das ist wie eine kleine Familie“, sagt Lösch. Auch deshalb ist es den Dreien so wichtig, das „Ireland’s Own“ zu erhalten. „Hierher kommen Menschen aus der gesamten Region, aus Bad Dürkheim, Worms, Frankenthal, aber auch aus Mannheim oder Heidelberg“, sagt der 36-Jährige. Das Publikum sei dabei sehr gemischt, vom BASF-Geschäftskunden über Reisegruppen bis zum Schichtarbeiter. „Jeder wird angenommen und findet sofort Anschluss.“
Am grundsätzlichen Konzept im Irish Pub Ludwigshafen soll sich nichts ändern
Diesen Geist wollen die drei neuen Chefs auch in Zukunft weiter pflegen. „Am grundsätzlichen Konzept werden wir nichts ändern“, sagt Dennis Fix. Der Donnerstag bleibe der Karaoke-Tag, am Dienstag heißt es: Pub-Quiz. Die Nachfrage nach Bingo am Mittwochabend werde man zunächst beobachten. „Da können wir uns auch eine Alternative vorstellen“, erklärt Lösch. Wie in Pubs so üblich, wird auch Live-Fußball zu sehen sein. „Wir wollen es damit aber nicht übertreiben. Denn längst nicht alle Stammgäste hier sind Fußballfans.“ Auch hier werde man den Bedarf ermitteln.
Die künftige Aufgabenteilung der drei Freunde sieht so aus, dass Lösch und Heine als Geschäftsführer fungieren. „Chris ist der Macher, der auch hinter der Bar steht und einen engen Kontakt zum Team pflegt“, sagt Lösch. „Ich werde eher im Servicebereich unterwegs sein.“ Fix hingegen soll als Prokurist die Themen Marketing, PR und Online-Auftritt betreuen und auf einen zeitgemäßen Stand bringen. Ein bis zwei weitere festangestellte Mitarbeiter wünschen die Drei sich, das restliche Team wird aus Aushilfen bestehen.
Von Stammgästen zu Chefs: Für die drei Männer ist das durchaus auch ein finanzielles Wagnis. Aus diesem Grund haben sie eine Crowdfunding-Aktion gestartet, mit der sie noch ein bisschen zusätzliches Kapital ranschaffen wollen. Neben einfachen Spenden gibt es dort auch die Möglichkeit, Goodies zu erwerben - das sind Merchandise-Artikel wie ein Retter-T-Shirt oder Angebote im Pub. „Das sind aber natürlich eher Dankeschöns, die nicht dem Gegenwert des Geldes entsprechen.“
Auch der langjährige Inhaber des Irish Pubs ist glücklich, Nachfolger gefunden zu haben
Der langjährige Inhaber Bretz ist glücklich, dass es für sein Irish Pub weitergeht. „Ich habe das über 20 Jahre aufgebaut. Deshalb bin ich sehr froh, vor allem für die Gäste, die hier ein zweites Zuhause gefunden haben“, sagt er. Der 53-Jährige, der noch ein weiteres Pub in Bad Dürkheim betreibt, will sich künftig mehr seiner Familie widmen und gibt das „Ireland’s Own“ deshalb ab. „Es ist einfach zu viel“, sagt Bretz - auch mit Blick auf zwei Kollegen aus der Branche, die gerade erst im Alter von 63 Jahren gestorben seien. „Man muss wissen, wann man kürzer tritt.“
In einer Übergangsphase wird Bretz seine drei Nachfolger noch weiter unterstützen. Ab 1. Oktober übernehmen diese den Betrieb dann vollständig. Den drei jungen Männern ist es zu verdanken, dass in Ludwigshafen nicht noch ein weiterer Fixpunkt des Nachtlebens wegbricht. Das „Ireland’s Own“ bleibt eine der letzten Bastionen.
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