Persönlichkeit

Wie der Mannheimer Ex-Fußballer Jürgen Müller zum Ninja-Opi wurde

Früher hat er mit Fußball Geld verdient, heute stellt er Rekorde auf. Jürgen Müller aus Seckenheim ist 63 Jahre alt, nimmt an Ninja-Warior-Shows teil - und hat noch große Pläne

Von 
Tanja Capuana
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Jürgen Müller beim "Mannheimer Morgen". © Tanja Capuana

Mannheim. Das Wort „Opi“ weckt im ersten Moment Assoziationen an einen älteren Mann, der gemütlich in seinem Sessel sitzt. Der 63-jährige Jürgen Müller nennt sich zwar augenzwinkernd „Ninja Opi“, an einen Großvater denkt aber wohl keiner, wer den schlanken und durchtrainierten Seckenheimer sieht. Sein Händedruck ist fest, die Haut fühlt sich durch Hornhaut rau an: Klimmzüge und Liegestütze stehen bei ihm täglich auf dem Programm. Müller schafft in einer Minute 80 Liegenstütze, in der gleichen Zeit 26 Klimmzüge, und absolviert dreimal pro Woche ein schweißtreibendes Ninja Warrior-Training. Auch mehrere gesundheitliche Rückschläge konnten ihn nicht stoppen.

Im Februar hat Müller sogar seinen ersten Weltrekord geschafft. Außerdem postet er seine sportlichen Leistungen auf seinem Instagram-Profil „ninjaopi“.

Sportlich war Müller bereits als Kind. „Ich habe als Sechsjähriger mit Fußball angefangen.“ Dann spielt er in der Jugendnationalmannschaft.  „Mit 18 Jahren war ich Berufsfußballer“, erzählt der Mittelfeldspieler. Zwölf Jahre lang spielte er unter anderem für internationale Erstligisten-Vereine wie Royal Antwerpen und Pec Zwolle sowie in der Zweiten spanischen Liga bei UE Figueres sowie in der Schweiz in Schaffhausen.

Jürgen Müller hat Disziplin „Ninja Warrior“ für sich entdeckt

Doch der Weg zum Erfolg ist kein leichter. „Mit 18 Jahren habe ich Colitis Ulcerosa bekommen“, erzählt er. „Da wog ich nur noch 30 Kilo, sechs Monate Krankenhaus, dann habe ich mich zurückgekämpft.“ Er wird noch weitere Male von der Darmentzündung heimgesucht, pausiert zwei Monate um wieder zurückzukommen, spielt später unter anderem in der dritten Liga. „Ich habe bis 48 noch Landesliga gespielt“, sagt er. Im Alter von 30 bis 59 Jahren war ich Trainer und Fußballer in den kleineren Ligen.“ Mit 59 hört er auf mit Fußball. Dann entdeckte er die Disziplin „Ninja Warrior“.

„Ich habe es im Fernsehen gesehen und mir gedacht: Das kann ja nicht so schwer sein“, verrät er und lacht. 2018 geht er zum ersten Mal zum Casting der RTL-Show, scheitert aber an der Banane. Doch sein Ehrgeiz ist geweckt. „Dann habe ich mir zwei Ringe und zwei Kugeln gekauft und habe trainiert.“ Ein Jahr später schafft er es in die Sendung. Da ist er fast 59 Jahre alt und damit bisher ältester Teilnehmer, der sich aber nicht hinter der Leistung der Jüngeren verstecken muss.

Jürgen Müller und Günther Bugl. © Jürgen Müller

Das Faszinierende an dem Sport sei  für ihn „die Community und der Zusammenhalt“, sagt er. „Wir verstehen uns untereinander, keiner ist neidisch, jeder gönnt jedem etwas.“ Und so trainiert er inzwischen mehrere Ninja Warrior-Teilnehmer regelmäßig, wie etwa Rita Benker, Julian Lind und Marius Bender. Ab und zu trainiert er auch mit Artur Schreiber oder auch René Casselly. „Samstag bin ich immer im Ninja Skillz in Darmstadt“, sagt er. Sonntags veranstaltet er im Pugillist in Bruchsal Kindergeburtstage, wo er auch trainiert.

Müller erleidet während Wettkampf einen Herzinfarkt

Im November 2019 erleidet er einen Herzinfarkt. Zu diesem Zeitpunkt war er bei einem Wettkampf in Erlangen. Dass er einen Herzinfarkt hatte, habe er zunächst nicht gemerkt. „Mittags wurde mir schlecht. Dann habe ich mich für ein paar Minuten hingesetzt“, sagt er, setzt seinen Wettkampf dann sowie am Folgetag normal fort. Montags landet er nach der Arbeit im Krankenhaus. „Mir wurde Blut abgenommen und gesagt: „Sie bleiben hier, denn Ihre Hinterwand ist am Samstagmittag um 15.30 Uhr explodiert.“ Ich habe es drei Tage überlebt“, sagt er und fügt nachdenklich hinzu. „Bei einem Hinterwandinfarkt sterben neun von zehn Menschen“, sagt er. „Mein Herz ist durch den jahrelangen Sport vergrößert, dadurch habe ich es überlebt, warum auch immer.“ Müller bleibt eine Woche im Krankenhaus, dann geht es in die Reha. „Zwei Wochen später habe ich mit leichtem Training wieder angefangen“, sagt er. „Da bin ich knüppelhart.“

Aufhalten können ihn auch weder eine Schulter-Op, die ihn zu einem Sport-Stopp von sechs Monaten   zwingt, noch als er im April vergangenen Jahres eine neue Hüfte bekommt. „Drei Monate später habe ich wieder ohne Probleme trainiert“, berichtet er. „Einen Tag nach der OP habe ich schon wieder zehn Liegestützen gemacht.“

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Auf die Idee, einen Weltrekordversuch zu wagen, ist Müller gekommen, als er Günther Bugl, den europäischen Präsidenten des Record Holder Republic Europe (RHR) kennenlernte. „Er hat schon über 100 Weltrekorde abgenommen und hatte bei mir angefragt“, sagt der Mannheimer. Müller wagt den Laché-Parcours mit verbundenen Augen. Er und Bugl googelten, ob es einen ähnlichen Versuch bereits gab, fanden aber niemanden, der blind springt. „Ich mache alles was geht mit verbundenen Augen“, erzählt der Mannheimer. „Mein weitester Sprung, den ich blind gemacht habe war 2,55 Meter.“

Teilnahme bei Ninja Weltmeisterschaften in den USA

In der Darmstädter Halle „Ninja Skillz“ wurde der Weltrekordversuch abgenommen. „Die Laché-Stangen hatten einen Abstand von 1,80 Meter“, sagt der LKW-Fahrer. Sieben Stück hatte er geschafft. „Ich wollte weiterspringen, aber da war keine Stange mehr“, erzählt er schmunzelnd. „Beim letzten Sprung ist mir die Kraft ausgegangen.“ Wenn er sich gleich gedreht hätte oder es eine achte Stange gegeben hätte, dann wäre für ihn kein Problem gewesen, weiterzumachen, sagt er.

Sein Umfeld reagiert durchweg positiv „Ich habe tausende Nachrichten bekommen“, sagt Müller erfreut. „Ich sei ein Phänomen, der Wahnsinn.“ Auf seinen Lorbeeren will er sich aber nicht ausruhen. „Wenn meinen Versuch jemand knackt, mache ich weiter“, verspricht er.

Entspannung findet der Adrenalin-Junkie, der auch im Urlaub gern klettert und bouldert, hin und wieder durch Massagen. Ferien macht er jedes Jahr in Spanien, dort besucht der Single-Mann Freunde, die für ihn inzwischen wie eine Familie sind.

2023 wird er bei den Ninja Weltmeisterschaften in den USA siebter von 17 in der Kategorie Ü39. Jürgen Müller hat noch vieles vor. Beworben hat er sich unter anderem beim „Supertalent“ in den USA“ und anderen Formate. „Es wäre super, wenn ich einen Auftritt im Karlsruher Circus Sperlich bekäme“, sagt er. Vorstellen kann er sich auch einen Sprung mit verbundenen Augen in 40 Meter Höhe von einem Kran. „Ich möchte der ganzen Welt zeigen, dass ich mit 63 noch topfit bin“, sagt er. Sein größtes Ziel hat er weiterhin vor Augen. Er lächelt: „100 Jahre alt werden.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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