Heidelberg. „Woolworth“, „Horten“, „Kaufhof-Galeria“: Der Heidelberger Bismarckplatz war lange eine Spitzenadresse für Vollsortiment-Kaufhäuser. Doch Ende Januar schließt nun als letzter Platzhirsch die Filiale des Kaufhof-Konzerns - genauso wie 51 weitere von 129 „Galeria Kaufhof“-Häusern bundesweit.
Doch wie geht es weiter - und was bedeutet das für den zentralen Platz in der Innenstadt der knapp 170 000 Einwohner zählenden Stadt?
Eine Filiale bleibt in Heidelberg
Heidelberg kommt immerhin mit einem blauen Auge davon, denn die zweite Kaufhof-Filiale in der Hauptstraße, nur ein paar Meter entfernt, bleibt erhalten. Das Haus am Bismarckplatz hingegen soll zum 31. Januar 2024 die Türen schließen.
Der Ausverkauf hat begonnen. Neonfarbene Plakate signalisieren das von weitem. Drinnen ist die Abgrenzung der Sortimentsbereiche verschwunden. Alles ist näher zusammengerückt. Eigentlich wäre jetzt die Zeit der großen Weihnachtsdeko-Ausstellung, der Adventsmusik und Geschenketische. Stattdessen liegen ein paar Weihnachtsartikel, schnörkellos in den Verpackungen sauber aufgestapelt neben Kosmetik und Handtaschen.
Restaurant hat längst geschlossen
Im Obergeschoss hat das Restaurant, von dem aus man beim Essen auf den quirligen Bismarckplatz blicken konnte, längst geschlossen. Die Küchengeräte, Tische, Stühle und Kühltheken stehen blitzblank zusammengeschoben bereit zum Abtransport.
Den Rest des Stockwerks füllen Spielzeug und Kinderkleidung, alles dicht zusammen. Auf neongelbem Papier locken Prozente von bis zu 60 Prozent. Die Rolltreppe vom vierten in den dritten Stock ist offenbar defekt, die Reparatur-Öffnung großzügig abgesperrt. Nur wenige Mitarbeiter sind zu sehen, sie stehen meist an den Kassen, von denen es in fast jedem Stockwerk nur noch eine gibt.
70 Beschäftigte von Schließung betroffen
Laut Sabine Möller von der Gewerkschaft Verdi Rhein-Neckar sind etwa 70 Beschäftigte in Heidelberg von der Schließung betroffen, überwiegend Frauen, viele davon in Teilzeit. Sie seien seit vielen Jahren im Unternehmen oder bei den Vorgängern Horten und Kaufhof gewesen, mit Betriebszugehörigkeiten zwischen 25 und 45 Jahren, berichtete die Gewerkschaftssekretärin dieser Zeitung im Frühjahr. Mäßiger Betrieb herrscht an diesem Freitagnachmittag, Schnäppchenjäger treten offenbar noch nicht in großer Stückzahl auf - oder sie verteilen sich.
Auch in Viernheim geschlossen
Nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung beim angeschlagenen Kaufhauskonzern Galeria sickerten Mitte März die Namen jener Städte durch, in denen zum zweiten Mal in nicht einmal drei Jahren Filialen geschlossen werden.
Bei den Heidelberger Außenkammern des Arbeitsgerichts waren im Sommer zwölf Kündigungsschutzklagen von Kaufhof-Beschäftigten anhängig. Im Mai endete das Insolvenzverfahren von „Galeria Karstadt Kaufhof“ mit den nunmehr abgespeckten Standorten.
Neue Räume für Start-ups
Nach Absprache mit dem Gemeinderat hatte Oberbürgermeister Eckart Würzner dem Unternehmen früh angeboten, Teile der Ladenflächen anzumieten. So hätte sich „Galeria“ verkleinern und Kosten einsparen können, erklärte Würzner bereits im Januar.
Die Flächen hätte man zum Beispiel an Start-ups weitervermieten können. Die Stadt wäre mit rund einer Million Euro in Vorleistung getreten. Da wurde das große Haus am Bismarckplatz bereits in Immobilienportalen angeboten.
Stadt will Grundstück nicht kaufen
„Die Stadt Heidelberg steht im Austausch mit dem Eigentümer. Ziel ist es, ein funktionsfähiges und nachhaltiges Nutzungskonzept zu entwickeln, welches an diesem zentralen Standort auch zukünftig Einzelhandel etabliert“, erklärt ein Sprecher der Stadt nun auf eine Anfrage. Anders als etwa in Stuttgart, wo die Kommune ihr Vorkaufsrecht gerichtlich geltend gemacht hat und selbst Eigentümer des „Galeria“-Gebäudes wurde, gebe es in Heidelberg „keine Bestrebungen, das Gebäude oder das Grundstück zu kaufen“.
Bleibt es beim Schließungstermin Ende Januar - und wie viele Beschäftigte gibt es noch in dem Haus am Bismarckplatz? Die Pressestelle des Kaufhof-Konzerns in Essen reagierte bis Redaktionsschluss nicht auf eine Anfrage dieser Redaktion.

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Zu dem Doppelstandort in Heidelberg in unmittelbarer Nachbarschaft ist es gekommen, als in den 1990er-Jahren die einstigen Konkurrenten „Galeria Horten“ (Bismarckplatz) und „Kaufhof“ (Hauptstraße) zu „Galeria Kaufhof“ fusionierten. Nach Informationen dieser Redaktion war die Filiale in der Hauptstraße vom Umsatz her jahrelang dem 1961 eröffneten Haus am Bismarckplatz überlegen. Gegen das Kaufhaus am Bismarckplatz spricht zudem der hohe Unterhalt: Die Energiekosten sollen sehr hoch sein.
Idee eines Klimahauses
Vertikale Gärten davor und ein Park mit Wasserflächen drumherum: Die Ausstellung „Orte im Wandel - Lebensraum Bismarckplatz“ mit großen historischen Bildern hat der Verein Neckarorte gemeinsam mit der Europeans For Climate Association organisiert. Dazu gehört eine zum Youtube-Video gewordene Vision „Grünes Herz der Stadt“, bei dem das Kaufhaus zum Klimahaus wird - mit einer Seilbahnstation auf dem Dach.
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