Serie "Mannheims Helden" (mit Video)

Warum Mannheim eine Höhenrettung braucht

Die Handgriffe müssen sitzen. Denn bei den Einsätzen riskieren die Höhenretter auch ihr eigenes Leben. Und deswegen wird regelmäßig geübt. Wir haben Ralf Glock von der Mannheimer Feuerwehr dabei begleitet

Von 
Sophia Gehr
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Alle drei Wochen proben die Einsatzkräfte die unterschiedlichen Seiltechnicken – hier am 15 Meter hohen Übungsturm auf der Feuerwache Nord. © Malix

Mannheim. 30 Meter klingen hoch. Wie hoch, das wird den meisten wohl erst bewusst, wenn die schmale Drehleiter komplett ausgefahren ist und der rund ein Quadratmeter breite Rettungskorb durch den Wind hin und her schwankt. Ein paar Meter nach oben wären noch drin. Und doch ist die Höhe nichts im Vergleich zum 135 Meter großen Windrad, das Ralf Glock vor wenigen Wochen nach oben geklettert ist, um eine hilflose Person sicher wieder nach unten zu befördern. Glock ist erster Hauptbrandmeister und Teil der Höhenrettungsgruppe der Mannheimer Feuerwehr.

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Die Übung in einem Windrad etwas außerhalb der Region ist natürlich keine alltägliche und auch nicht unbedingt relevant für Einsätze in Mannheim. Doch die Handgriffe für die hier angewendeten Seiltechniken müssen auch an hohen Gebäuden sitzen. Immerhin riskieren Glock und seine Kollegen dabei auch ihr eigenes Leben. Deshalb wird regelmäßig geprobt - alle drei Wochen, zwei Tage lang.

Auch in Tiefen im Einsatz

Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen (SRHT) nennt sich die Sondereinheit der Feuerwehr. Sie rückt also auch zu Unfällen bei Tiefbauarbeiten aus oder wenn verletzte Personen in Industrieanlagen aus Kellerbereichen aufgeseilt werden müssen. Die Höhenrettung kommt immer dann, wenn die „normalen Mittel“ der Feuerwehr - wie etwa die Drehleiter - nicht mehr ausreichen.

In Mannheim rücke die Sondereinheit aber vor allem auch aus, um übergewichtige Personen aus Wohnhäusern sicher über das Fenster nach draußen zu bringen, wenn der Krankentransport über die Treppe nicht mehr möglich sei. „Der schwerste Patient, der in Mannheim transportiert wurde, wog über 370 Kilo“, erzählt Glock an diesem Freitagmorgen auf der rund 30 Meter hohen Drehleiter.

Erster Hauptbrandmeister Ralf Glock arbeitet seit 2002 Feuerwehr und ist Teil der Mannheimer Höhenrettungsgruppe. © Malix

Für Glock und fünf weitere Höhenretter startet der Tag um 6.55 Uhr auf der Feuerwache Nord. Beim sogenannten Antreten werden die Schichten zugeteilt. „Die Höhenrettung ist eine Doppelfunktion“, erklärt Glock. „Das heißt, diejenigen, die für die Funktion Höhenrettung eingeteilt sind, sind auch einem Löschzug zugeteilt und rücken ganz normal bei Bränden aus.“ Heute arbeitet Glock im 24-Stunden-Dienst.

Ein typischer Männerberuf?

Zwei Frauen gibt es aktuell auf der Wache Nord der Mannheimer Feuerwehr. Die Höhenrettung ist jedoch nur mit Männern besetzt. „Es ist immer noch ein von Männern dominierter Beruf“, sagt Glock. „Obwohl die Mannheimer Feuerwehr da schon immer offen ist.“ Der 44-Jährige arbeitet bereits seit 2002 bei der Feuerwehr. Glock klettert in seiner Freizeit. Unter anderem deshalb habe er sich für eine Weiterbildung zum Höhenretter entschieden.

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Um 7.10 Uhr geht es zur Fahrzeugübernahme. Glock und seine Kollegen sowie eine Kollegin kontrollieren die jeweiligen Löschfahrzeuge und checken die Ausrüstung zur Brandbekämpfung oder technischen Rettung.

Kurz vor der Frühstückspause werden die Fahrzeuge dann zum ersten Mal an diesem Morgen gebraucht: Der Alarm eines Brandmelders geht auf der Wache Nord ein. Ein Löschzug rückt aus. Die Höhenrettungsgruppe kann sich aber weiter auf die bevorstehende Übung an diesem Tag vorbereiten. Später zeigt sich: Es war ein Fehlalarm.

Seilbahn vom Turm zum Wagen

Die Höhenrettungsgruppe der Feuerwehr Mannheim rücke jährlich insgesamt zu 30 bis 35 Einsätzen aus, so Glock. An diesem Freitag probt die Sondereinheit ein sogenanntes Steckseilsystem mit Ablassfunktion. Das bedeutet: Die Höhenretter bauen eine Seilbahn - von einem Fenster des rund 15 Meter hohen Übungsturms auf der Wache bis zum Rettungsfahrzeug.

Mehr als 30 Meter kann die Drehleiter ausgefahren werden. Wenn sie nicht ausreicht, kommen die Seiltechniken der Höhenretter zum Einsatz. © Malix

Über einen Schlitten und mithilfe einer Trage soll dann eine hilflose Person nach unten transportiert werden. Jeder Handgriff muss sitzen. Einen Testdurchlauf gebe es bei echten Einsätzen nicht, sagt Glock. „Trotzdem kann es natürlich immer mal vorkommen, dass man das Manöver abbrechen, zurück steigen und einen Seilverlauf verändern muss. Manche kleinere Fehler sieht man oft erst, wenn das System belastet wird“, erklärt der 44-Jährige.

Auf dem Buga-Gelände geprobt

Szenarien, die die Höhenretter nur bedingt üben können, aber gleichzeitig viel abverlangen, sind Suizidversuche. „Wir versuchen, da eng mit dem Kriseninterventionsteam der Polizei zusammenzuarbeiten“, berichtet Glock. Er selbst war schon Teil einer solchen Rettungsaktion. „Wenn wir als Erstes vor Ort sind, sind natürlich wir diejenigen, die mit der Person Kontakt aufnehmen. Die privaten Schicksale darf man dann im Nachhinein aber nicht so sehr an sich heranlassen.“

Immer mal wieder hatten die Höhenretter der Mannheimer Feuerwehr in diesem Jahr auch an der Buga-Seilbahn geübt. Wenn es bei einem technischen Ausfall zu Notfällen in den Gondeln gekommen wäre, wären Glock und seine Kollegen alarmiert worden. Zu Einsätzen kam es aber nicht.

Redaktion Online-Redakteurin, zudem zuständig für redaktionelle Videos

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