Party machen ohne Ende? Bislang geht für Feierwütige etwa im Club um 5 Uhr das Licht an - dann müssen Diskotheken, kulturelle Einrichtungen oder Gaststätten mit Veranstaltungsbetrieb schließen. Schon vor knapp einem Jahr hatten einige Gemeinderatsfraktionen im Sicherheitsausschuss gefordert, die Sperrzeiten fürs Nachtleben aufzuheben. Die Idee: Clubbetreiber und Kulturschaffende entlasten.
Diese seien durch steigende Mieten und die Folgen der Pandemie darauf angewiesen, „das Zeitfenster, in dem der Betrieb wirtschaftlich ist, zu vergrößern“, so die überwiegende Begründung der Anträge. Die hat die Stadtverwaltung nun geprüft - und spricht sich dagegen aus. Warum auch die Polizei davor warnt, was die Fraktionen sich wünschen und wie andere Städte damit umgehen.
Was erhoffen sich die Fraktionen von der Aufhebung?
Worin sich der Großteil der Fraktionen, darunter SPD, Li.Par.Tie, Grüne, FDP und freie Wähler/Mannheimer Liste sowie Nachtbürgermeister Robert Gaa einig sind: Seit der Einführung der Sperrzeiten - unter der Woche ab 3 Uhr morgens, am Wochenende ab 5 Uhr morgens - hat sich das Ausgehverhalten verändert. Besucher betreten laut SPD-Antrag die Mannheimer Discos zwischen 23 und 1 Uhr, bei Clubs gehe die Tendenz sogar zu 24 und 2 Uhr. Gegen 5 Uhr morgens seien die Clubs noch gut gefüllt, jedoch gesetzlich dazu verpflichtet, zu schließen. Die Folge: Durch das abrupte Ende würden auf einen Schlag alle Partygäste auf die Straße strömen - und so die Nachtruhe stören. Ähnliches gelte für Events von Kulturschaffenden, die sich auf das neue Ausgehverhalten einstellen und Veranstaltungen erst nach 24 Uhr beenden. Ein entzerrtes und leiseres Nach-Hause-Gehen erhoffen sich die Fraktionen und verweisen auf andere Bundesländer, die Sperrzeiten bereits abgeschafft haben.
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Welche Bedenken hat die Stadt?
Die Stadtverwaltung erklärt in ihrer Vorlage für den anstehenden Sicherheitsausschuss: Die gesetzlichen „Voraussetzungen für eine Sperrzeitaufhebung - ein öffentliches Bedürfnis oder besondere örtliche Verhältnisse“, würden nicht vorliegen. Unabhängig davon stehe es nach wie vor jedem Betrieb frei, für sich einen Antrag nach § 12 GastVO BW auf individuelle Verkürzung der Sperrzeit zu stellen. Bislang hätten davon nur fünf Betriebe Gebrauch gemacht, vier Anträge seien bewilligt worden. In den wenigen Anfragen für solche Sonderlaubnisse sieht die Stadt keine besonders große Nachfrage und kann nicht erkennen, dass die aktuelle Ausgehzeit das allgemeine Bedürfnis nicht befriedigt. Außerdem gebe es eine „berechtigte Sorge des Bestehens oder Entstehens einer Konfliktlage zwischen Nachtleben und Nachtruhe“, es gehe also um die Interessen der Anwohnerschaft, schreibt die Verwaltung weiter.
Warum rät die Polizei davon ab?
Mit Blick auf das Gemeinwohl warnt das Polizeipräsidium (PP) Mannheim vor steigendem Alkoholkonsum. Im schlimmsten Fall gehe laut Polizei mit den längeren Öffnungszeiten der Bars und Clubs auch ein ausuferndes Trinkverhalten einher. Aktuell sind laut PP im Nachtleben Konflikte von und mit Betrunkenen der Hauptgrund für Einsätze sowie für begangenen Straftaten. Darunter fallen Ruhestörungen, Streitereien und Körperverletzungen.
Wie oft kommt es trotz Sperrzeiten zu Ruhestörungen?
Von Freitag bis Sonntag ereigneten sich gemäß einer Lagebildrecherche des PP Mannheim für den Zeitraum Ende November 2021 bis Ende November 2022 im Zusammenhang mit den Stichworten „Ruhestörung“, „Gaststätte“, „Bar“ und „Club“ mehr als zwei Drittel aller 249 Vorkommnisse. Besonders zwischen 22 Uhr und 3 Uhr ereignen sich die meisten Vorfälle. 205 Sachverhalte verzeichnet das PP zu diesen Uhrzeiten: das ist ein Anteil von 82,3 Prozent. Mit 106 Vorfällen sind die Innenstadt und der Jungbusch am stärksten davon betroffen, gefolgt von der Neckarstadt-West mit 42 Sachverhalten. Laut Polizei ist das Aufkommen nach wie vor hoch. Lärmgeplagte Anwohnende bräuchten eine geregelte Ruhezeit. Da die wenigsten das Ende der Ruhezeit mittragen würden, befürchtet die Polizei großes Konfliktpotenzial zwischen Nachtruhe und Partygästen.
Wie wird das Feiern in anderen Städten geregelt?
Der Wegfall von Sperrzeiten wird laut Verwaltung auch in anderen Städten im Südwesten diskutiert. Eine Umfrage unter den Ordnungsämtern der größeren Städte in Baden-Württemberg habe ergeben: Keine der dort vertretenen Städte verfolgt die Absicht, Ausnahmen oder Verkürzungen von der gesetzlichen Sperrzeit zu treffen. Vielmehr sei man sich einig, „dass die vorgegebene Sperrzeit von nur noch 5 bis 6 Uhr am Wochenende derart großzügig ist, dass kein Raum für Sperrzeitaufhebungen“ bestehe. Auch die anderen Städte sehen kein öffentliches Bedürfnis für eine Anpassung, „weite Kreise der Bevölkerung“ seien nicht daran interessiert, die Zeit zwischen 5 und 6 Uhr zum Ausgehen zu nutzen. Eine ähnliche Regelung wie in der Stadt Leipzig, wie etwa Nachtbürgermeister Gaa vorgeschlagen hatte, sei laut Stadtverwaltung nach einer rechtlichen Prüfung nicht auf Mannheim übertragbar - sie ist damit ebenfalls vom Tisch.
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