Nach monatelangem Streit und juristischen Auseinandersetzungen zwischen der Stadt Heidelberg und dem baden-württembergischen Sozialministerium wird das ehemalige Heidelberger Altstadt-Gefängnis Fauler Pelz nun wieder in Dienst gestellt - für den Maßregelvollzug. „Die Inbetriebnahme der Einrichtung ist für den 1. Juli geplant“, bestätigt das Sozialministerium auf Anfrage dieser Redaktion. Damit wird das historische Gebäude am kommenden Samstag vorübergehend zur Therapie-Einrichtung für suchtkranke Straftäter. Die ersten Patienten werden nach Angaben eines Ministeriumssprechers ab Anfang August aufgenommen.
Wie mehrfach berichtet, wird das Land den historischen Gebäudekomplex für die Behandlung von straffällig gewordenen Suchtkranken nutzen. Bekanntermaßen fehlen im Land Therapieplätze an allen Ecken und Enden. Neubauten für diesen Zweck sind noch im Bau. Deshalb wird der Faule Pelz für die Übergangszeit genutzt, bis die Plätze an anderen Standorten zur Verfügung stehen. Klar definiert ist in der Vereinbarung zwischen Land und Stadt, dass eine Nutzung als Einrichtung des Maßregelvollzugs für genau zwei Jahre vorgesehen ist. Spätestens zum 30. Juni 2025 werden die letzten von maximal 80 Patienten den Faulen Pelz verlassen haben und nach Schwäbisch Hall verlegt worden sein. Dort baut das Land angrenzend an die Justizvollzugsanstalt ein neues Gebäude für den Maßregelvollzug. Es bietet Raum für 100 Therapieplätze. Dieses Gebäude soll im ersten Quartal 2025 zur Verfügung stehen. „Wir rechnen mit einer planmäßigen Fertigstellung und gehen nicht davon aus, den ,Faulen Pelz’ über den 30. Juni 2025 hinaus nutzen zu müssen“, so der Ministeriumssprecher.
Therapie beginnt hier erst
In Heidelberg werden die Patienten den Beginn ihres Maßregelvollzugs absolvieren: Am Anfang stehe eine medizinische und psychiatrische Diagnostik. Die Straftäter werden über den Ablauf der Unterbringung informiert. Außerdem wird ein Therapieplan erstellt und die Behandlung auch bereits begonnen. „Nach drei bis sechs Monaten werden therapiefähige Patienten zur weiteren Therapie in die anderen Entziehungsanstalten in Baden-Württemberg verlegt“, informiert das Sozialministerium, „Patienten, bei denen keine Erfolgsaussicht für die Behandlung festgestellt werden kann, werden nach juristischer Anordnung in eine JVA zurückverlegt.“
Die Nutzung danach
- Spätestens Ende Juni 2025 wird der Maßregelvollzug im Faulen Pelz vertragsgemäß enden.
- Noch im Sommer 2025 will das Land die Rückbauarbeiten beginnen. Zuerst sollen die Bestandsgebäude für eine universitäre Nutzung vorbereitet, in einem zweiten Bauabschnitt dann ein Erweiterungsbau errichtet werden.
- Im Faulen Pelz soll mittelfristig ein neuer geisteswissenschaftlicher Campus in der Nähe zum Altstadtcampus entstehen.
Von vornherein hatte es die Zusage des Ministeriums gegeben, dass die Insassen des „Faulen Pelz“ keinerlei Ausgang erhalten sollen. Die Nähe zur belebten Altstadt hatte die Stadt Heidelberg in diesem Zusammenhang als hochproblematisch angesehen. Dabei bleibt es auch. Für die in Heidelberg untergebrachten Patienten werde es keine sogenannten „extramuralen Lockerungen“ geben. Sie werden also die Mauern des ehemaligen Gefängnisses nicht verlassen dürfen. Das entspreche auch dem üblichen Vorgehen bei den ersten Behandlungsstufen im Maßregelvollzug. Ausgänge vom Gelände einer Klinik ohne Personalbegleitung bedürften in Baden-Württemberg der Zustimmung der Staatsanwaltschaft und würden - je nach Verlauf - gewöhnlich erst sechs bis acht Monate nach Therapiebeginn gewährt.
In den vergangenen Monaten haben Handwerker den 2015 außer Dienst gestellten Gebäudekomplex wieder so hergerichtet, dass hier ein Maßregelvollzug überhaupt stattfinden kann. Die Heizung und Elektroinstallation mussten modernisiert, die Patienten- und Therapiezimmer hergerichtet werden. Eine neue Sicherheitstechnik wurde installiert, Türen, Fenster und Wandhydranten an die brandschutzrechtlichen Vorgaben angepasst. Außerdem wurde auch ein neuer Sportplatz errichtet, informiert das Ministerium. Insgesamt werde derzeit mit rund elf Millionen Euro an Investitionskosten gerechnet.
„Guter Weg“ für Heidelberg
Kein Thema mehr sind die juristischen Auseinandersetzungen zwischen Stadt und Land. Geplant sei ein gerichtlicher Vergleichs, betont der Sprecher des Ministeriums. Keine Auskünfte geben sowohl Heidelberg als auch das Ministerium über die Höhe der Vertragsstrafe, falls es doch nichts mit der Räumung des „Faulen Pelz“ Mitte 2025 wird. Über Vertragsdetails sei Stillschweigen vereinbart, sagt ein Sprecher der Stadt Heidelberg. Die Vereinbarung eröffne für Heidelberg „einen guten Weg“, weil die Nachnutzung des Gebäudekomplexes für die Universität fest vereinbart sei. Eine Öffnung des abgeschlossenen Baus eröffne neue städtebauliche Perspektiven - auch in Verbindung mit der Neukonzeptionierung des Dokumentations- und Kulturzentrums deutscher Sinti und Roma nebenan.
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