Stadtplanung

Wie sich die Mannheimer Neckarstadt verändern muss

Sie hat über 100 Ideen gesammelt, der der Mannheimer Stadtteil Neckarstadt in Zukunft aussehen sollte: Stadtplanerin Christine Sohar legt ihre Transformationsstunde jetzt in Form eines Buchs mit 450 Seiten vor

Von 
Sylvia Osthues
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Christine Sohar vom Büro MVRDV Rotterdam päsentiert ihre Transformationsstudie zur Neckarstadt-West. © Sylvia Osthues

Mannheim. Wie sieht eine nachhaltige Entwicklung der Neckarstadt-West aus? Architektin Christine Sohar vom Büro MVRDV Rotterdam präsentierte jetzt eine Transformationsstudie zur Neckarstadt-West: „Neckarstadt-West 100 + Ideen“.

Viel erreicht wurde bereits durch den LOS-Prozess zur Sanierung der Neckarstadt-West (Das Kürzel LOS steht für Lokale Stadterneuerung). Im Rahmen des neuen LOS² (wir berichteten) soll es aber nicht mehr nur um die Bewältigung von Problemen gehen, sondern es werden Visionen gebraucht, wohin der Stadtteil geht.

Deshalb haben das Dezernat des Oberbürgermeisters und der Fachbereich 58 der Stadtverwaltung eine Transformationsstudie Neckarstadt-West in Auftrag gegeben bei MVRDV Rotterdam, geführt von dem Architekten Winy Maas. Die Untersuchung soll strategische Grundlage der mittelfristigen Entwicklung sein.

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450 Seiten dickes Buch

Architektin Christine Sohar ist seit 2021 Projektleiterin bei MVRDV. Sie studierte Architektur an der Technischen Universität Delft und an der Technischen Universität Graz, wo sie ihr Studium mit Auszeichnung abschloss. Nach ihrem Abschluss konzentrierte sie sich hauptsächlich auf Raumplanung, gemischte Nutzung und Hochhausentwicklung. Aktuell bearbeitet sie das Traumhaus-Projekt in Mannheim: 127 Einfamilien- und Reihenhäuser, sowie das OHO-Haus im neuen Stadtteil Franklin.

Seit Dezember 2022 fanden Anhörungen und Begehungen mit Stadtteilakteuren und Bewohnern der Neckarstadt-West statt. Als Ergebnis legte Sohar jetzt ein 450 Seiten umfassendes Booklet und ein Handbuch (70 Seiten) vor mit Zahlen, Bildern, einfachen Erklärungen und Quellenangaben „Die Maßnahmen gehören immer in Zusammenhängen diskutieren, nicht isoliert“, betonte Sohar.

Fünf Strategien für die Neckarstadt

Ihre Studie benennt fünf Strategien: Beim Kernpunkt „Neckarstraße“ geht es vor allem um die Umwandlung von Straßen durch Begrünung, Aufenthalts- und Ausstellungsflächen sowie Entlastung vom parkenden Verkehr, insbesondere vom ortsfremden Parkverkehr. Dazu vorgeschlagen werden vier Quartiersgaragen, beispielsweise durch Aufstockung des Lidl-Supermarkts oder als Mobility-Hub mit Verlegung des Spielplatzes Bürgermeister-Fuchs-Straße aufs Dach.

Mittelsraße autofrei?

Zur Entlastung der Mittelstraße sollte auch die Straßenbahnführung weitergedacht werden, so Sohar. „Möglich sind aber auch kleine und mittlere Schritte, etwa durch autofreie Sonntage auf der Mittelstraße, verbunden mit einem Nachbarschaftsfest“, sagte sie. Beim Schwerpunktthema „Neckarufer“ geht es vor allem um die Öffnung der Wiese und Aufwertung des Westlichen Ufers durch Spiel und Sport sowie ein Strandcafé.

Eine weitere Idee von Sohar ist eine Fahrradabzweigung von der Jungbuschbrücke runter und Öffnung der Marie-Curie-Realschule in Richtung Ufer, außerdem spezielle Angebote fürs Gassi-Gehen von Hunden oder einen Aussichtspunkt mit Blick auf den Neckar. Der „Neckarcampus“ - ein erhöhtes Gebäude als Klammer zwischen Marie-Curie-Realschule und Lutherkirche - soll Mensa und Lernort sein für alle drei Schulen an einer Nord-Süd Bildungsachse.

Viel Grün aufs Dach

„Wichtig sind auch sichere Kinderwege - beispielsweise durch Verkehrsberuhigung auf der verlängerten Langstraße“, forderte Sohar. Beim „Neckarplaza“ geht es der Architektin um eine weitere Aufwertung der öffentlichen Plätze, beispielsweise durch Entsiegelung und unter anderem einen Kiosk beim Stadtarchiv. Wichtig findet Sohar auch Beschattung und eine sichere Verbindung zwischen Altem Meßplatz und ALTER, beispielsweise durch einen kleinen Tunnel, eine Verbindung zum Neckarufer durch eine Treppe, die auch als Bühne genutzt werden könnte sowie zu den Radwegen.

Die Planerin schlägt außerdem „mehr Plätze für Fußgänger“ vor, beispielsweise beim Arbeiterdenkmal an der Riedstraße. Ihr Schwerpunkt „Neckarstadt“ beinhaltet eine ökologische differenzierte Nutzung der gesamten Dachlandschaft plus Entsiegelung: „Decarbonisierung durch Photovoltaik“ heißt Sohars Dachstrategie. Diese umfasst zudem Dachbegrünung, Schulhofbegrünung, Fassadensanierung und Baubestandskataster zwecks Aufstockung.

Freie Autorin

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