Konjunktur

Wirtschaft im Krisenmodus: IHK Rhein-Neckar befragt Unternehmen

Die IHK Rhein-Neckar untersucht, was Unternehmen derzeit umtreibt. Dabei schiebt sie mit Partner-IHKs eine Stromstudie an.

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Alexander Jungert
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Mannheim. Erst die Pandemie, dann der russische Überfall auf die Ukraine. Die Wirtschaft scheint dauerhaft im Krisenmodus zu stecken. Nun hat sich die Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, der rund 70 000 Unternehmen angehören, näher damit beschäftigt.

Energieversorgung, Inflation, gestörte Lieferketten und Fachkräftemangel - das sind aus Sicht der IHK die dringendsten Probleme. „Wir erleben derzeit eine so noch nicht gekannte Anhäufung verschiedener Krisen“, erklärt Präsident Manfred Schnabel. Gleichzeitig gebe es riesige strukturelle Aufgaben zu bewältigen - den demografischen Wandel, die ökologische Transformation hin zu erneuerbaren Energien, die Digitalisierung und die Globalisierung.

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Schnabel hält es dabei für notwendig, Krisenbewältigung und Strukturwandel zusammenzudenken. Für die Politik sei das sehr schwierig, „da sie es in der Vergangenheit versäumt hat, strategische Herausforderungen rechtzeitig und konsequent anzugehen. Das fällt ihr jetzt in der Krise auf die Füße.“ Als Beispiel nennt der IHK-Präsident die Energiewende. Deren Defizite träten nun „mit Wucht zu Tage“.

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Kann aus der Region heraus überhaupt etwas getan werden? Schnabel räumt ein: Viele der Einflussfaktoren seien aus der Region nur schwer mitzugestalten. „Dennoch haben wir auch in der Region selbst viel Gestaltungsspielräume, den wir auch nutzen sollten“, sagt er. Als Beispiel nennt er eine Studie zu Strom, die derzeit läuft.

Welches Leitungsnetz ist nötig?

Die Untersuchung soll eine Prognose ermöglichen, wie hoch der Strombedarf der Region Rhein-Neckar bis 2040 sein wird. Sie soll das Potenzial für erneuerbare Energien ermitteln - und zeigen, wie Projekte schnell auf den Weg gebracht werden können. Zudem wird analysiert, welcher Anteil mit Stromimporten gefüllt werden muss und was für ein Leitungsnetz dafür nötig ist.

An der Studie beteiligt sind auch Unternehmen, zumal es um die wichtige Frage der Prozesswärme geht. Also jene Wärme, die in bestimmen Produktionsabläufen gebraucht wird, etwa beim Gießen oder Härten. Das Fraunhofer Institut ist von den Industrie- und Handelskammern Rhein-Neckar, Pfalz, Darmstadt Rhein Main Neckar und Rheinhessen mit der Studie beauftragt worden. Die Ergebnisse sind für Oktober geplant. Als Industriestandort sei die Region von verlässlicher Stromversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen abhängig, hebt die Kammer hervor.

Mit Blick auf einen möglichen Gas-Mangel im Winter warnt Schnabel vor einer „Gas-Triage“ und einem kompletten Abdrehen einzelner Verbraucher in der Wirtschaft. „Bereits jetzt leiden fast alle Unternehmen unter den steigenden Energiepreisen.“

Wer Gas in der Wärmeerzeugung einsetze, habe oft keine oder wenig Möglichkeiten für einen Ersatz. Noch problematischer sei die Lage bei Industrieunternehmen, die Gas als Rohstoff nutzten.

Was die hohe Inflation angeht, dringt der IHK-Präsident auf Anreize für Investitionen, etwa durch eine Neuauflage zinsvergünstigter Darlehen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Denn aus seiner Sicht besteht derzeit eine Angebotskrise - keine Nachfragekrise. Daher sei eine klassische Konjunkturpolitik verkehrt, die lediglich weitere Nachfrage befeuern und damit die Inflation verstärken würde.

Gegen Ausbildungsgarantie

Ein weiteres Thema, das Schnabel am Herzen liegt, ist der Fachkräftemangel. Eine Ausbildungsgarantie, wie sie die Ampel-Koalition ins Spiel gebracht hat, hält er für unsinnig. Schließlich gebe es keinen Mangel an Lehrstellen.

Eine Stellschraube ist für die Kammer eine bessere Berufsorientierung bei jungen Menschen, um auch die Geschlechter-Schieflage zu beseitigen. So stehen im Bezirk der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar in gewerblich-technischen Berufen 3500 männliche Lehrlinge 450 weiblichen Lehrlingen gegenüber.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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