Klimafreundliche Lebensmittel

Weniger Fleisch, weniger Treibhausgase

Die Deutschen kaufen wieder mehr Bio. Aber wer sich wirklich umweltfreundlich ernähren will, muss auch weg vom „Werktagsschnitzel“

Von 
Hanna Gersmann
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Laut Umweltbundesamt spart eine vegetarische gegenüber der durchschnittlichen Ernährungsweise massiv Treibhausgas-emissionen ein. Dem Klima hilft aber schon, wer sich an allgemeine Ernährungsempfehlungen hält. © Silas Stein/dpa

Berlin. Bio, vegetarisch oder vegan? Die Frage, was wir essen wollen, ist kompliziert geworden. Im vergangenen Jahr haben die Deutschen für 16,1 Milliarden Euro Bio-Lebensmittel und Bio-Getränke eingekauft - und damit fünf Prozent mehr als noch 2022. Das rechnete Tina Andres, die Vorsitzende des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft BÖLW auf der Biofach vor, der weltweit größten Messe der Ökobranche.

Aber ist es nicht schon öko, ab und zu mal auf das Schnitzel zu verzichten? 46 Prozent der Deutschen geben mittlerweile in Umfragen an, nur gelegentlich Fleisch zu essen, sind Flexitarier, acht Prozent sind Vegetarier, bei ihnen landen statt Schnitzel und Wurst vor allem Getreide, Gemüse und anderes Pflanzliches auf dem Teller. Aber sie lassen sich Produkte von lebenden Tieren schmecken - Eier, Milch oder Käse. Veganer indes, sie machen bisher zwei Prozent der Bevölkerung aus, verzichten auf jedwedes Produkt vom Tier.

Weniger Fleisch spart Treibhausgase ein und ist flächensparender

So geht der Fleischverzehr insgesamt zurück: 2018 aß jeder Deutsche im Schnitt noch 61 Kilo Fleisch und Wurst, 2022 waren es 52 Kilo. Auf den Geschmack verzichten muss man darum nicht. Räuchertofu-Döner, Soja-Hack, Saitan-Schnitzel - in jedem Supermarkt ist Ersatzfleisch zu finden. Und statt Milch lassen sich Hafer- oder Mandeldrinks kaufen. Der Vorteil: Wer mehr Pflanzenkost isst, schont das Klima.

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So erklärt das Umweltbundesamt: „Mit einer Umstellung von der durchschnittlichen Ernährungsweise in Deutschland auf eine vegetarische Ernährung ließen sich zwischen 20 und 47 Prozent der ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen einsparen. Bei einer veganen Ernährung sind es zwischen 38 und 52 Prozent.“

Aber schon, wenn sich alle an die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hielten und aus gesundheitlichen Gründen mit rund 31 Kilogramm Fleisch pro Jahr auskämen, mindere dass die Treibhausgasemissionen um 9 bis 19 Prozent.

Weniger Fleisch gilt auch als flächensparend, weil weniger Futter angebaut werden muss. Tiere werden zudem geschont, die eigene Gesundheit auch. Allein, in Gänze umweltfreundlich ist das nicht unbedingt. Der Umweltverband WWF zum Beispiel hat unlängst in einer Studie gezeigt, dass der Wasserverbrauch bei einer vegetarischen oder veganen Ernährung enorm sein kann.

Mandeln stammen aus Regionen mit Wasserknappheit

Demnach wurden 2019 zum Beispiel satte 37 Prozent mehr Mandeln nach Deutschland importiert. Mit immer neuen Produkten wie Mandelmilch, Mandelcreme, veganem Käse auf Mandelbasis steigt die Nachfrage. Die meisten stammten, so der WWF, aus der Ferne, aus Kalifornien und Spanien, aus Regionen, in denen Wasser knapp sei. Die dort massenhaft angebaute Mandel sei aber durstig.

Auch das Lieblingsgemüse der Deutschen, die Tomate, käme zumeist aus dem Ausland, gut die Hälfte zum Beispiel aus Spanien, wo sie stark bewässert werden müssten. Gerade einmal vier Prozent der Tomaten in den bundesweiten Ladenregalen seien in Deutschland geerntet worden.

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dpa
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Also lieber doch mehr Fleisch essen? Dazu rät der WWF ausdrücklich nicht. Er plädiert stattdessen zum „Sonntagsbraten statt Werktagsschnitzel“. Zugleich fordert er, den Anbau von Obst und Gemüse, von Nüssen und Hülsenfrüchten in Deutschland stärker zu fördern und bei allem vorrangig zu Bio-Lebensmitteln zu greifen. „Es gibt zwar auch nachhaltig erzeugte konventionelle Lebensmittel“, sagt die WWF-Ernährungsexpertin Elisa Kollenda, „es ist aber viel schwieriger für Verbraucherinnen und Verbraucher das nachzuvollziehen“.

Der Ökolandbau kommt zum Beispiel ohne chemisch-synthetische Pestizide und Kunstdünger aus, wovon die Umwelt profitiert - und mit weniger Zusatzstoffen, also etwa Farb- und Konservierungsmitteln, Geschmacksverstärkern oder Süßstoffen.

56 statt über 300 Zusatzstoffe

Da Tofuwürstchen und Saitan-Schnitzel keine frische Ware, sondern stark verarbeitete Lebensmittel sind, enthalten sie solche Zusatzstoffe oft. Manche davon sind umstritten, stehen zum Beispiel unter Verdacht Allergien auszulösen. „Laut der EU-Ökoverordnung sind in Bio-Produkten nur 56 der sonst über 300 erlaubten Zusatzstoffe gestattet, Anbauverbände wie Demeter sind nochmal strenger“, erklärt Lebensmittelexpertin Vanessa Schifano von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

„Einzelne Bio-Lebensmittel können aber genauso viele Zusatzstoffe enthalten wie vergleichbare konventionelle Produkte. Es hilft ein Blick auf die Zutatenliste, denn hier müssen Zusatzstoffe mit ihrer Zusatzstoffklasse angegeben werden, zum Beispiel „Verdickungsmittel: Johannisbrotkernmehl“.

Die Bundesregierung hat sich die umweltfreundlichere Art des Essens Anfang dieses Jahres mit ihrer Ernährungsstrategie vorgenommen. Danach soll unter anderem „eine stärker pflanzenbetonte Ernährung mit möglichst ökologisch erzeugten, saisonal-regionalen Lebensmitteln“ in den Vordergrund rücken. Weniger Fleisch braten, mehr Bio kochen - die Essenfrage ist im Grunde doch einfach.

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