Bäckereien - Handwerksbetrieben macht die wachsende Konkurrenz aus den Supermärkten und Discountern zu schaffen

Weniger Brot aus Backstuben

Von 
Bettina Eschbacher
Lesedauer: 

Nur noch ein Drittel des in Deutschland verkauften Brots kommt aus klassischen Handwerksbetrieben.

© Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks

Mannheim. Im vergangenen Herbst musste die Heidelberger Familienbäckerei Mantei Insolvenz anmelden, zu Beginn dieses Jahres die Mannheimer Bäckerei Kohlmann. Backen ist offenbar ein schwieriges Geschäft geworden - in Deutschland geht die Zahl der Betriebe jährlich um rund 400 zurück. Von einem "harten Verdrängungswettbewerb" als Hauptgrund für die finanziellen Schwierigkeiten der Bäckereikette spricht Kohlmanns Insolvenzverwalter. Ein Problem, dem Uta Sagebiel-Hannich in ihrem Berufsalltag als Geschäftsführerin der badischen Bäcker-Innung ständig begegnet: "Es ist bedrückend", sagt sie. In vielen Anrufen von Besitzern traditioneller Bäckereien gehe es nur noch darum, "wie man das Ganze manierlich zu Ende bringt".

Inzwischen habe sich der Marktanteil des Bäckerhandwerks beim Brot auf ein Drittel reduziert, rechnet dessen Zentralverband vor. Dahinter steckt ein massiver Strukturwandel. Immer mehr Lebensmittel-Filialisten und Discounter bauen ihr Angebot an Backstationen in ihren Märkten massiv aus. Meist werden die Abteilungen direkt von einer Backstube dahinter beliefert. So hat zum Beispiel die saarländische Lebensmittelkette Globus in 17 Märkten, darunter Ludwigshafen und Hockenheim, eigene Bäckereien installiert. Oder die vorgefertigte gekühlte Ware wird in Backstationen vor Ort aufgebacken - dieses Konzept praktiziert zum Beispiel der Discounter Lidl seit kurzem sehr erfolgreich.

Den Vorwurf, das Angebot könne nicht mit der Qualität aus Handwerks-Bäckereien mithalten, hält eine Lidl-Sprecherin für ungerechtfertigt. So unterliege die Auswahl der Rohstoffe hohen Qualitätsstandards, die Lieferanten müssten strenge Qualitätsnormen erfüllen.

Der Siegeszug des Backens direkt im Markt habe die mittelständischen Handwerksbetriebe 2012 einiges an Marktanteilen gekostet, sagt Sagebiel-Hannich. Zu den Hauptverlierern zählt sie Großbäckereien, die als externe Anbieter im Eingangsbereich die Konkurrenz im Markt immer mehr zu spüren bekämen. Trotzdem hält etwa Edeka Südwest nach Angaben eines Sprechers an beiden Vertriebswegen fest: Backstationen bieten in ausgewählten Filialen bis zu 60 Artikel. Gleichzeitig setze man auf die Backtheken der firmeneigenen K&U-Bäckerei in der Vorkassenzone.

Beim neuen Wettbewerb im Frischebereich können die Lebensmittelriesen mit zwei Argumenten punkten: Ihre Ware ist zum einen deutlich günstiger als beim Bäcker um die Ecke - dank großer Mengen und effizienter Logistik. Zum anderen ist es einfach bequem, mit dem Großeinkauf im Supermarkt auch gleich den Laib Brot mitzunehmen.

"Mit den Preisen können wir nicht mithalten", sagt Helmut Döringer, dessen Backstube in der Mannheimer Gartenstadt seine elf Filialen versorgt. So koste ein Kilo Bauernbrot beim Handwerksbäcker 2,50 bis 3 Euro, beim Discounter nur 1,50 Euro. Er ist überzeugt, dass herkömmliche Backbetriebe nur mit Qualität punkten können, etwa mit Brot ohne künstliche Zusätze. "Wir machen zum Beispiel Vorteige, das kostet Zeit, aber man schmeckt es auch." 18 Stunden brauche ein Natursauerteig. Dennoch beobachtet auch Bäckermeister Döringer einen schleichenden Verdrängungsprozess. "Das Geschäft ist ein anderes geworden."

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen