Mannheim. Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub. Viele Deutsche planen nach den Sommerferien bereits die nächste Auszeit im Herbst. Für den Tourismus ist diese Jahreszeit attraktiver denn je geworden. Dass der Herbst als Reisezeit immer beliebter wird, führt Tui-Kommunikationschef Aage Dünhaupt auf die Erfahrungen in der Pandemie zurück.
Als Mitte Juni 2020 - nach siebenwöchigem Lockdown - die ersten Ferienflieger starteten, haben viele Menschen gezögert. Sie warteten ab. Teils buchten sie ihren Urlaub um, teils terminierten sie ihn gleich für den Herbst. Und dabei hätten sie erkannt, wie der Tourismusexperte unserer Redaktion erzählt, „dass es eigentlich eine interessante Reisezeit ist“.
Sprunghaft mehr Anfragen bei Reiseanbietern
Expedia führt die Entwicklung wiederum aktuell auf die Hitze zurück. Sollten Hitzewellen zur neuen Normalität werden, könnten sie „langfristig die Reisegewohnheiten beeinflussen“. Der Herbst liegt also im Trend. Das gilt für Pauschaltouristen wie für Individualreisende.
Es wollen mehr Menschen im Herbst verreisen als noch im Vorjahr: Für Tui zeichnet sich schon jetzt ab, dass für diesen Herbst mindestens 25 Prozent mehr Reisen gebucht werden als 2019, im letzten Jahr vor Corona.
Skyscanner, eine Suchmaschine für Flug- und Hotelbuchungen, erklärte unserer Redaktion, dass die Flugsuchen für Reisen im Oktober und November im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent gestiegen sind.
Bei Expedia stiegen die Suchanfragen im Juli für Hotelaufenthalte in Rom im September und Oktober um 25 Prozent und für Ferienhausaufenthalte bei FeWo-direkt um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für Sevilla verzeichneten beide Portale im selben Zeitraum einen Anstieg von über 220 Prozent, die Suchanfragen für Athen, Madrid, Florenz und Thessaloniki stiegen zweistellig, teils dreistellig im Jahresvergleich auf beiden Plattformen.
Kinderlose Paare haben andere Reiseziele als Familien
Kinderlose Paare und Individualreisende haben vor allem ein Zeitfenster im Auge: zwischen dem letzten Tag der Sommerferien - dem 11. September in Bayern - und dem Beginn der Herbstferien in vielen Bundesländern am 2. Oktober, darunter in Nordrhein-Westfalen. Für dieses Zeitfenster spricht: weniger Andrang, günstigere Preise. Davon profitieren beim Reiseveranstalter Tui aktuell die Ferienländer Griechenland und Türkei.
Bei Skyscanner sieht die Top-Ten-Liste etwas anders aus: USA auf Platz eins, dahinter Thailand, Spanien, Japan, Indien, Portugal, Australien, die Türkei, Indonesien, Großbritannien. Das hat zum einen damit zu tun, dass der Herbst eine klassische Zeit für Städtereisen ist: New York, London, Barcelona und unter den europäischen Metropolen zuletzt zunehmend auch die portugiesische Hauptstadt. „Lissabon ist im Trend ganz vorne“, bestätigt Dünhaupt. „Portugal wird immer beliebter“, heißt es bei Skycanner. Viele Urlaubsländer in Europa kämpfen darum, die Saison über den Sommer hinaus zu verlängern. Die Türkei gilt längst als Ganzjahresdestination.
„Die Städtereisen sind voll zurückgekommen“, erzählt Dünhaupt. Im Hochsommer sind Klassiker wie Athen und Rom ein Härtetest bei Temperaturen von 40 Grad. Frühjahr und Herbst waren schon immer eine gute Zeit, um die Metropolen zu erkunden. Auch für New York gilt der Herbst, wenn sich im Central Park langsam die Blätter gelb färben, als perfekte Zeit. Anbieter wie Tui forcieren den Trend zu Städtetouren. Neuerdings verkaufen sie bei Tui zentral Tickets für Ausflüge, für das Kolosseum in Rom oder die Opéra Garnier in Paris etwa. Tui Musement heißt der neue Service. In Deutschland gilt Hamburg seit Langem als Topdestination wegen Attraktionen wie Musicals oder der Elbphilharmonie.
Kreuzfahrten boomen wieder
Dass die Kreuzfahrten wieder boomen, überrascht die Fachleute nicht. „Die haben die treueste Klientel“, erläutert der Tui-Kommunikationschef. Die Schiffe fahren zum Teil wieder mit einer 99-prozentigen Belegung. Die Preise sind nach Auskunft von Tui zwar gestiegen, aber unterhalb der Inflationsrate von acht Prozent. Da kommt den Reiseveranstaltern zugute, dass sie ihre Kontingente an Hotels oder Flügen ein Jahr im Voraus einkaufen. Als eines der preisstabilsten Länder gilt Tunesien. Es gibt allerdings Ausnahmen. In der Türkei macht sich die extrem hohe Inflation bemerkbar.
Für Skyscanner ist Albanien ein Spartipp, für Tui ein „Newcomer“ und eine „Trenddestination“. Was zur Folge haben wird, dass es nicht mehr lange ein Geheimtipp bleiben dürfte. Albanien ist halb so teuer wie Griechenland. Wer sparen will, fliegt nach Korfu und nimmt von dort aus die Fähre nach Saranda an der albanischen Riviera mit ihrer zerklüfteten Küste und den idyllischen Buchten. Ein ebenfalls unterschätztes Ziel ist laut Skyscanner Asturien in Nordspanien, „ein verstecktes Juwel, das darauf wartet, entdeckt zu werden“. Es sei perfekt für alle Reisenden.
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