Fluggesellschaft

Warum die Mannheimer RNA in der Bahn keine Konkurrenz sieht

Die Rhein Neckar Air (RNA) hat die Starts der Linienflüge nach Hamburg und Berlin mehrmals verschoben. Geschäftsführer Dirk Eggert verrät im Interview, dass er für das Jahr 2023 optimistisch ist

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Walter Serif
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Der City Airport Mannheim hat sein Minus deutlich reduziert. © istock / Robert Buchel

Mannheim. Herr Eggert, mit dem Linienverkehr nach Berlin und Hamburg setzt die Rhein Neckar Air zwei Drittel ihres Umsatzes um. Seit Frühjahr 2020 gibt es keine Starts mehr. Muss man sich Sorgen um Ihr Geschäftsmodell machen?

Dirk Eggert: Nein. Wir haben ja auch niedrigere Fixkosten, weil wir statt drei Flugzeuge nur noch eines für die Verbindung nach Sylt einsetzen mussten. Dieses Geschäft ruht seit dem Ablauf des Sommerfahrplans Ende Oktober bis April 2023. Umsätze erzielen wir deshalb gegenwärtig nur mit Charterflügen.

Wer sind da die Kunden?

Eggert: Sportvereine wie die Mannheimer Adler, die TSG Hoffenheim oder die Rhein-Neckar Löwen. Und dann chartern auch einzelne Firmen unsere Maschinen. Die laden zum Beispiel ihre Kunden für ein paar Tage nach Verona oder nach Sylt ein.

Sie haben immer wieder neue Termine für die Starts nach Berlin und Hamburg genannt und diese dann wieder verschoben. Bleibt es wirklich beim 2. April 2023?

Eggert: Stand heute gehe ich schon davon aus, dass der Termin steht. Dass die Lufthansa ihre innerdeutschen Flüge reduziert, spielt uns da in die Karten. Dadurch wird das Angebot an Inlandsflügen noch geringer. Davon können wir profitieren, denn dann würden mehr Kunden aus der Region bei uns buchen, weil sie nicht mehr so kurzfristig einen Flug bei der Lufthansa reservieren könnten. Das ist auch ein Grund, warum ich glaube, dass der genannte Starttermin realistisch ist.

Dirk Eggert

  • Dirk Eggert wurde am 2. Januar 1966 in Ludwigs-hafen am Rhein geboren.
  • Eggert ist Geschäftsführer der Mannheimer Rhein Neckar Air seit deren Gründung 2013.
  • Er startete seine Berufslaufbahn als Reiseverkehrskaufmann und arbeitete rund zehn Jahre bei einem großen Reiseunternehmen.
  • Seine Karriere beim City Airport Mannheim begann 1999 als Fluglotse. Seit 2003 ist er Prokurist. was

Die Lufthansa begründet die Ausdünnung der innerdeutschen Flüge mit den hohen Reisekosten. Warum wollen Sie dann weiterhin Linienflüge anbieten?

Eggert: Weil die Lufthansa nicht mit der RNA vergleichbar ist. Die Lufthansa will mit der Bahn kooperieren. Sie braucht für ihre großen Umsteigeflughäfen Frankfurt und München ja den Zubringerverkehr. Das ist zum Beispiel bei USA-Reisen so. Bisher fliegen viel dann von einem kleineren Flughafen zu diesen Umsteigeknoten. Das könnte jetzt die Bahn übernehmen. Bei einem Punkt-zu-Punkt-Verkehr,, wie wir ihn von Mannheim in der Regel für Geschäftsreisende anbieten, ist die Bahn uns nicht überlegen. Unsere Kunden sagen uns klar, dass sie für einen Tagestermin in Hamburg nicht den Zug nehmen können, weil sie dann ja zehn Stunden Fahrt auf sich nehmen müssten.

Ist es für Sie wirklich kein denkbares Szenario, dass Sie die zwei Großstädte überhaupt nicht mehr anfliegen, weil sie nicht mehr mit der Bahn konkurrieren können?

Eggert: Slange die Bahn so langsam ist, glaube ich nicht, dass dieser Fall eintreten kann. Wenn sie richtig schnell würde und der Fahrgast von Mannheim nach Berlin oder Hamburg nur noch zweieinhalb Stunden bräuchte, wäre unser Geschäftsmodell tot. Aber das ist doch unrealistisch: Sie müssen da die physikalischen und topographischen Gegebenheiten zur Kenntnis nehmen. Das Streckennetz lässt es nicht zu, dass die Bahn auf unseren Routen schneller ist als wir. Wir kämen aber auch nicht auf die Idee, Flüge nach Frankfurt oder München anzubieten, weil wir da mit der Bahn zeitlich nicht mithalten könnten. Außerdem müssen wir ja auch an den Klimaschutz denken. Es wäre auch ökologisch unsinnig, wenn wir Reisen anbieten würden, die von der Bahn genauso gut bedient werden könnten.

Die Zahl der Geschäftsreisen ist seit Corona im Keller. Ihre positiven Prognosen haben sich mehrfach als falsch erwiesen.

Eggert: Ja, das ist in der Tat so. Wir haben nicht damit gerechnet, dass das Homeoffice und die Online-Meetings auch nach dem Lockdown den Berufsalltag so sehr prägen würden. Auch wenn ich von manchen unserer Kunden höre, dass sie wieder mehr mit ihren Kollegen und Kunden auch persönlich in Kontakt treten wollen. Corona bleibt aber einfach ein Thema, wenn es jetzt in den Winter geht, werden die Zahlen wieder steigen. Aber eine große Rolle spielt auch die wirtschaftliche Lage, die sich seit Putins Angriffskrieg ja verschlechtert hat. Da sparen die Unternehmen natürlich überall Kosten ein.

Ist es für Sie vorstellbar, dass die RNA Pleite geht? Bei Cirrus Airlines ist das 2012 ja auch passiert.

Eggert: Dieses Szenario ist aus meiner Sicht unrealistisch. Die Cirrus-Besitzer hatten keinen Bezug zur Region, außer, dass sie auch Flüge vom City Airport Mannheim aus im Programm hatten. Die Gesellschafter der RNA sind dagegen Unternehmen aus der Region, die ein Interesse daran haben, dass weiter Flüge in Mannheim starten und landen.

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Und sie sind deshalb bereit, das jährliche Minus immer wieder auszugleichen.

Eggert: Ja, aber natürlich muss alles im Rahmen bleiben. Ein Fass ohne Boden will keiner finanzieren, Unternehmen schon gar nicht.

Wie ist denn das Sylt-Geschäft in diesem Jahr gelaufen?

Eggert: Sehr gut. Wir hatten 2021 schon ein gutes Jahr, 2022 sind die Zahlen noch besser.

Wie viel Umsatz haben Sie denn genau gemacht?

Eggert: Das kann ich Ihnen jetzt nicht verraten. 2022 haben wir 3500 Fluggäste befördert. 2021 waren es 3300 Passagiere, Vor Corona hatten wir knapp 3000 Buchungen. Wir haben da vom allgemeinen Trend profitiert, dass die Touristen bei Reisen Inlandsflügen den Vorzug geben. Die bisherigen Buchungen für das nächste Jahr lassen erwarten, dass die RNA mit ihren drei Flügen pro Woche beim Sylt-Geschäft mit einer ähnlichen Auslastung wie 2022 rechnen kann.

Eine große Steigerung ist nicht mehr zu erwarten?

Eggert: Nein. Wir stoßen da mit unseren drei Dornier 328-Maschinen, in denen es jeweils Platz für maximal 30 Passagiere gibt, an die Kapazitätsgrenze. Nur zur Einordnung: Die durchschnittliche Auslastung lag 2022 in der Vor- und Hauptsaison bei 25 Passagieren. Da geht also kaum mehr etwas.

Sie sind Geschäftsführer der RNA und gleichzeitig Prokurist des City Airport Mannheim. Hat das nicht ein Geschmäckle?

Eggert: Die Aufsichtsgremien haben das natürlich im Vorfeld abgeklärt und keinen Interessenkonflikt feststellen können. Ich bin ja schon mehr als 20 Jahre am Flugplatz . . .

. . . Ihre Karriere begannen sie ja als Fluglotse …

Eggert: … und habe deshalb viel Erfahrung mit diversen Fluggesellschaften am City Airport gesammelt. Wenn dieses Wissen brach liegen würde, wäre das doch schade. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Dass ich zwei Jobs gleichzeitig ausübe, hat kein Geschmäckle, weil ich natürlich mit mir selbst keine Geschäfte abschließen. Wenn es also um Verträge zwischen der RNA und dem Flugplatz geht, sitzt mir Reinhard Becker gegenüber, der Geschäftsführer des City Airport ist.

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Dann können Sie mir ja in Ihrer Doppelposition auch sagen, wie es um den City Airport steht?

Eggert: Hier gilt bezogen auf den Linienverkehr dasselbe, was ich über die RNA gesagt habe: Auch der City Airport hatte sich erhofft, dass die Starts nach Hamburg und Berlin im Jahr 2022 erfolgen würden. Die Linien- und Charterflüge der RNA machen aber nur ein Drittel unseres Umsatzes aus, der sich aus drei ungefähr gleichgroßen Segmenten zusammensetzt. Neben den Linienflügen sind das die Geschäftsreisen der Unternehmen mit ihren eigenen Flugzeugen, die Platz für sechs bis zehn Passagiere bieten. Da sind wir nahezu wieder auf dem Vor-Corona-Niveau. Und im dritten Segment, also der allgemeinen Luftfahrt, haben wir schon 2021 die Zahlen vor der Pandemie erreicht. Das heißt, der Flugplatz, muss nur noch auf die Einnahmen aus dem Linienfluggeschäft nach Hamburg und Berlin verzichten, die nächstes Jahr ja wieder fließen könnten, ansonsten ist alles im grünen Bereich.

Der finanzielle Druck auf den City Airport ist ja auch gesunken, weil der Bund sich seit Mitte 2021 auch an den Kosten der Regionalflughäfen für die Fluglotsen beteiligt. Im Gespräch ist eine Summe von einer Million pro Jahr.

Eggert: Das stimmt. Wir haben in der Tat schon Abschlagszahlungen erhalten. Ob diese dann in der Summe wirklich eine Million pro Jahr ausmachen werden, kann ich noch nicht absehen. Unser Minus wird aber 2022 dank dieser Finanzspritze nur noch zwischen 200 000 bis 300 000 Euro liegen. 2021 war es etwas unter einer Million Euro. Das sind aber keine Almosen, wir haben uns jahrelang dafür eingesetzt, dass der Bund die Kosten für die hoheitliche Tätigkeit Flugsicherung nicht nur für die großen Airports übernehmen darf. Mit dieser Ungleichbehandlung der kleinen Flugplätze ist es aber zum Glück vorbei.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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