Betriebsrente

Warum die Bürgerbewegung Finanzwende die Zusatzversorgungskasse VBL verklagt

Bei der Versorgungsanstalt VBL sind rund fünf Millionen Beschäftigte pflichtversichert. Die Bürgerbewegung Finanzwende hat jetzt Klage eingereicht

Von 
Walter Serif
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Auch Pflegekräfte sind bei der Zusatzversorgungskasse VBL pflichtversichert. © dpa

Mannheim. Rund fünf Millionen Angestellte im Öffentlichen Dienst sind bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) pflichtversichert. Das ist für sich genommen eine gute Sache, denn dadurch kommen sie in den Genuss einer betrieblichgen Altersvorsorge. Gegenwärtig beziehen 1,4 Millionen Ruheständler eine Zusatzrente. Dennoch ist das Geschäftsgebaren der VBL umstritten.

Die Kritiker werfen ihr vor, dass sie keine Auskunft darüber erteilt, wie das viele Geld angelegt wird. Das ist ein schwerer Vorwurf, denn immerhin geht bei den Investments der Anstalt des öffentlichen Rechts nicht um Peanuts, das Anlagekapital beträgt 55 Milliarden Euro.

Licht ins Dunkel bei den Investments der VBL bringen

Die Initiative SustainVBL, zu deren Mitgründerinnen auch die Mannheimerin Alison Schultz gehört, kann die Verweigerungshaltung der VBL nicht nachvollziehen. „Anders als für jeden x-beliebigen Fonds, in den wir freiwillig investieren, wissen wir also nicht, ob das Geld wirtschaftlich sicher, geschweige denn ob es ökologisch und sozial nachhaltig angelegt ist“, kritisiert Schultz. Sie wirft der VBL also auch "Greenwashing" vor. Deshalb unterstützt SustainVBL nach ihren Angaben „ausdrücklich“ die Klage, die die Bürgerbewegung Finanzwende und die Transparenz-Initiative FragDenStaat jetzt vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe eingereicht haben.

Die zwei Organisationen wollen auf juristischem Wege „Licht ins Dunkel bei den Investments der VBL“ bringen, wie es in einer gemeinsamen Presseerklärung heißt. Grundlage der Klage ist das Informationsfreiheitsgesetz. Und wie lautet die Begründung? „Vorherige Transparenzanfragen auf Grundlage der Informationsfreiheitsgesetze hat die VBL stets mit der Ausrede abgeblockt, ihre Aktivitäten seien nicht als Aufgabe der öffentlichen Verwaltung, sondern als privatrechtliche Versicherung aufzufassen.“

Eine öffentliche Einrichtung sollte eigentlich von sich aus Transparenz schaffen.
Hannah Vos FragDenStaat

Dass die VBL eine solche Geheimniskrämerei betreibt, können die Kläger nicht nachvollziehen. „Eine öffentliche Einrichtung sollte eigentlich von sich aus Transparenz schaffen. Die VBL kommt hingegen ihrer Auskunftspflicht nach den Informationsfreiheitsgesetzen nicht nach, was die Frage aufwirft, was sie zu verbergen hat“, so Rechtsexpertin Hannah Vos von FragDenStaat.
Die Zusatzversorgungskasse bat „um Verständnis dafür, dass wir zu laufenden Klageverfahren keine Auskunft geben“, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. Er bestritt, dass die Zusatzversorgungskasse keine Auskunft erteilen würde. „Seien Sie versichert, dass wir allen unseren Informations- und Offenlegungspflichten nachgehen. Was wir zu den Kapitalanlagen der VBL veröffentlichen, finden Sie im aktuellen Geschäftsbericht 2021. Auf unserer Internetseite unter Vermögensanlage sind zudem die Grundsätze der Anlagepolitik sowie nachhaltigkeitsbezogene Informationen verfügbar.“

Anklagekriterien "schwammig" und "lax"

Die Kläger bezeichnen die Anlagekriterien der Zusatzversorgungskasse allerdings als so „schwammig“ und „lax“, dass viel Geld der Versicherten in klimaschädlichen Industrien landen könnte. „Die Sparenden haben ein Anrecht darauf zu erfahren, wo und wie ihre Altersvorsorge angelegt wird – erst recht bei einer öffentlichen Einrichtung“, so Magdalena Senn, die sich bei Finanzwende um nachhaltige Finanzmärkte kümmert.

Nur durch Transparenz ist eine effektive Kontrolle der Organisation und ihres Anlageportfolios möglich
Alison Schultz SustainVBL

Auch Alison Schultz von SustainVBL kann nicht nachvollziehen, warum die VBL ihre Investments nicht offen legen will. „Nur durch Transparenz ist eine effektive Kontrolle der Organisation und ihres Anlageportfolios möglich“, kritisiert sie. Kein Verständnis hat Schultz außerdem dafür, dass auch das Bundesfinanzministerium mauert. Die offizielle Aufsichtsbehörde sieht sich nicht zuständig für das Anlageverhalten der Zusatzversorgungskasse. Nach eigenen Angaben prüft sie nur, „dass die Tätigkeit der Anstaltsorgane nicht gegen Gesetz oder Satzung oder gegen Belange der VBL verstößt“, wie es in der Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage von SustainVBL heißt.

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Diese Antwort ärgert Schultz. Wie notwendig die öffentliche Kontrolle der VBL ist, wird nach ihrer Ansicht durch die in ihren Augen fragwürdigen German Invest-Anleihen im Wert von mindestens 15 Millionen Euro deutlich: „Mit einem Jahreszins von 15 Prozent waren diese Anleihen durchaus riskant, trotz ihrer Fälligkeit im September vergangenen Jahres wurden sie bis heute nicht zurückgezahlt“, sagt sie. Ohne Transparenz würden solche problematische Investments unentdeckt und ohne Konsequenzen für die Verantwortlichen bleiben. „Schlimmstenfalls auf Kosten der Versicherten“, kritisiert Schultz.

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Emittent der Anleihe ist die German Invest, eine Tochter des Immobilienentwicklers Aggregate. Dieser war Großaktionär des schlingernden Immobilienkonzerns Adler und wird vom umstrittenen Investor Cevdet Caner geführt. „Caner hat schon zwei Insolvenzen hinter sich, die Wiener Staatsanwaltschaft ermittelte gegen ihn wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Geldwäsche“, sagt Alison Schultz.
Dass die VBL solche Investments tätigt, führt Schultz auf den neuen VBL-Vorstand Michael Leinwand zurück. Dieser will mehr Geld in Private Equity (Beteiligungskapital) und Private Debt (Private Kreditfonds) investieren. Diese Anlagen sind in der Regel hochverzinst – und damit auch riskanter als zum Beispiel Staatsanleihen. Die VBL hält das Risiko aber für überschaubar: „Es handelt es sich hier um gebräuchliche Anlageformen im Rahmen einer langfristig ausgerichteten Anlagepolitik eines großen institutionellen Investors“, sagt der Sprecher. Er weist damit den Vorwurf zurück, dass die VBL mit den Renten der Versicherten zockt.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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