Mannheim. Autopflege und Socken, Bittertropfen und Handtaschen und eine Intim-App für Männer - festlegen lässt sich Investor Matthias Storch nicht. Zehn völlig unterschiedliche Start-ups unterstützt der Mannheimer über seine Good Brands AG, mit Geld, mit Beratung und einem großen Netzwerk.
Storch hat offensichtlich eine gute Nase für junge Firmen, die Erfolg bringen - und auch schwierigste Phasen wie die Corona-Krise überstehen können. „Wir suchen uns gerne Themen, die unterschiedlich gelagert sind“, sagt der 40-Jährige über sich und seinen Partner Marc Langner. Allen Beteiligungen gemeinsam ist aber, dass sie sich zu einer Marke aufbauen lassen. „Und diese Marke muss für sich sprechen, sonst kommt sie nicht in den Markt rein, sonst funktioniert sie nicht.“
Gründer wichtiger als Gründung
Beispiel Bitterliebe: Unter diesem Namen vertreibt das Start-up Bitter Power GmbH extrahierte Bitterstoffe etwa in Tropfen- oder Pulverform. Diesen Bitterstoffen wird eine gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt, etwa für die Verdauung. Einen Nischenmarkt mit einigen Anbietern gab es schon, die hatten auch ihre Stammkundschaft. Der Markt sei aber viel spannender, hatte Storch festgestellt- etwa wenn man die frei verkäuflichen Medikamente mitzählt.
Die beiden Bitterliebe-Gründer hatten Storch vor anderthalb Jahren mit ihrer Produktidee schnell überzeugt: „Die brennen dafür, wie eigentlich alle bei uns“, sagt Storch. „Die Gründer sind uns immer wichtiger als die Gründung.“
Wenn sich der Mannheimer, der sein Hauptquartier auf dem Turley-Konversionsgelände aufgeschlagen hat, für eine Beteiligung entschieden hat, geht es als erstes an den Aufbau der Marke. Glatt und emotionslos darf die schon mal nicht daherkommen. „Bei uns muss alleine das Logo, muss der Name schon eine Geschichte erzählen - und zu dem Produkt passen.“ Was zu angestaubt klingt, wird umbenannt.
Bitterliebe zum Beispiel hieß ursprünglich Magenfreude. Bitterliebe bekam aber nicht nur einen neuen Namen, sondern auch eine neue Verpackung und ein neues Logo verpasst, mit viel grüner Farbe und luftigen Pflanzenmotiven. Unterstützung gab es auch bei den Vertriebskanälen. Inzwischen ist zum Beispiel TV-Shopping ein lukrativer Vertriebskanal für die bitteren Tropfen.
Von den zehn Beteiligungen der Good Brands AG kommen sieben aus Mannheim. Inzwischen ist das Unternehmen bundesweit aktiv. „Wir schauen uns im Jahr mindestens 40 bis 50 Themen an, am Ende werden maximal drei bis vier Beteiligungen daraus“, erklärt Storch. Mehr als zehn sollen es auch nicht werden: „Wir wollen uns keine große Struktur aufbauen, wir müssen ja auch wieder etwas hergeben, um wieder neue Sachen zu machen.“
2019 zum Beispiel wurden die Anteile am Online-Lieferdienst Honest Food an Delivery Hero verkauft. Demnächst könnten noch mehr Beteiligungen an neue Besitzer gehen. „Einige sind jetzt reif, machen ein gutes Geschäft“, sagt Storch. Sechs bis sieben der Good Brands-Beteiligungen bezeichnet er als profitabel. Der Hauptantrieb des Investors ist, immer wieder etwas Neues aufzubauen. „Ich bin überhaupt nicht gut darin, Unternehmen lange durch ruhige Gewässer zu führen.“ Er bringe sich am besten in frühen Phasen einer Firmengründung ein - sobald es läuft, sieht er seinen Job getan.
Bei Bitterliebe etwa läuft es Storch zufolge bestens, so dass die Marke zu den größten Umsatzbringern zählt. Mitgeholfen habe überraschenderweise die Corona-Krise. Die Menschen hätten dadurch ein stärkeres Bewusstsein für ihre Gesundheit entwickelt. Aber auch das übrige Portfolio habe sich schnell aus dem Krisen-Modus befreit. „Corona wirkt wie ein Brandbeschleuniger. Man hinterfragt alles, schneidet alte Zöpfe ab, sucht neue Kanäle- einfach weil der Druck da ist.“
Sprung für Online-Geschäft
So habe die Sockenfirma von Jungfeld, die längste und bislang erfolgreichste Beteiligung bei Good Brands, die Lieferungen an kleine Händler eingestellt, weil der Aufwand größer als der Ertrag war. Stattdessen ist von Jungfeld massiv in die Produktion von Stoffmasken eingestiegen. Inzwischen, nachdem der erste Ansturm bewältigt war, werden auch modische Ansprüche erfüllt, so gibt es die Maske passend zur Socke oder auf Bestellung mit Firmenlogo.
Den Good Brands-Marken kam zudem zugute, dass sie schon vor der Krise zwar im stationären Geschäft erhältlich, aber auch online stark waren. Als die Geschäfte schließen mussten, sei das Online-Geschäft sprunghaft gestiegen. „Und es geht auf hohem Niveau weiter“, so Storch.
"Nie mehr stationärer Handel"
Dass Gründungen nicht immer glatt laufen, das weiß Start-up-Investor Matthias Storch aus eigener Erfahrung. Mit seiner eigenen Lifestyle-Marke Butiq wollte Storch den stationären Handel erobern. Sein erster Concept Store mit ganz unterschiedlichen Designprodukten eröffnete zuerst beim Modehaus Engelhorn und zog 2016 in das neue Quartier Q6 Q7. Doch nach ersten Erfolgen sei sein Design-Laden in die Abwärtsspirale des Einzelhandels geraten, die Frequenzen hätten nicht mehr gestimmt.
Zudem habe er feststellen müssen, dass ein echter Laden vor Ort deutlich mehr Aufwand bringe als das Online-Geschäft. Am Ende musste Butiq Insolvenz anmelden. Das Konzept und die Pläne für weitere Filialen seien damit gestorben, so Storch. Die wenigen festen Mitarbeiter seien größtenteils bei anderen Beteiligungen untergekommen. Er habe viel Geld verloren und beschlossen: „Nie mehr stationärer Handel, das kann ich nicht so gut.“
Storch weiß auch, dass er das Schicksal des Scheiterns mit vielen Gründern teilt: „Drei von zehn Neugründungen schaffen es im Schnitt nicht.“ Mit zwei seiner ersten Unternehmen allerdings lief es besser: Storch hatte bereits als Wirtschaftsinformatik-Student ein Nachrichtenportal und später ein Preisvergleich-Portal gegründet. Beide Firmen wurden verkauft und brachten ihm das Kapital, mit dem er heute als Investor für Start-ups aktiv ist.
Die Good Brands AG
- Matthias Storch ist neben Marc Langner Vorstand und Anteilseigner der Mannheimer Good Brands AG. Das Unternehmen wurde 2016 gegründet, die Aktien sind an der Börse Hamburg gelistet.
- Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt laut Einladung zur jüngsten Hauptversammlung 896 779 Euro. Der Wert der Aktie liegt aktuell bei 11,50 Euro.
- Good Brands hält nach eigenen Angaben Anteile an zehn Start-ups, darunter die Sockenmarke von Jungfeld, die BitterPower GmbH (Bitterstoffe), das Modelabel Phyne, Taschen-Designer Maison Héroïne, Carrus Cultus (Autopflegemittel unter der Marke Herrenfahrt) und der Nahrungsmittelergänzungsanbieter Serotalin.
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