Architektur - Portal bezieht Sky Angle in Heidelberg

Verivox von innen – so sieht es in der neuen Zentrale aus

Von 
Alexander Jungert
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Heidelberg. Direkt am Eingang der neuen Verivox-Zentrale befindet sich der Markenraum, eine Lounge in der Unternehmensfarbe orange, samt Möbel im 1960er-Jahre-Stil und Couch des „Stressflüsterers“. In TV-Spots rät er verzweifelten Verbrauchern, bei Verivox nach günstigeren Tarifen zu suchen, damit sie sich wieder entspannen.

Das Verbraucherportal ist vom Heidelberger Stadtteil Wieblingen in die Bahnstadt gezogen. Insgesamt 6500 Quadratmeter erstrecken sich über die erste und zweite Etage des Sky Angle, einem markanten Bürogebäude mit weißen, gefalteten Blechbekleidungen, dunklen Sockeln und bandartigen Fenstern. Einzelne Gebäudeteile ragen heraus. Sie scheinen auszubrechen.

Die verantwortlichen Fischer Architekten aus Mannheim beschreiben die Wirkung des Sky Angle so: „Das Spiel von Licht und Schatten, von Hell und Dunkel tritt umso stärker hervor und verleiht dem Gebäude eine grafische Struktur.“ Verivox hat die Räume „langfristig“ gemietet – und rund sechs Millionen Euro in Umbau, Ausbau und Einrichtung gesteckt.

Durch die Fenster hat man einen Blick auf die junge Bahnstadt, dem ehemaligen Güterbahnhofsareal. In den vergangenen Jahren sind hier moderne Wohngebäude und Büroflächen entstanden, ebenso Geschäfte, Restaurants, eine Promenade mit Kinderspielplätzen. Rund 5000 Menschen leben hier, größtenteils junge Akademiker mit ihren Familien.

Vorbei am Markenraum bei Verivox beginnen die offenen Büros, dazwischen wechseln sich kleinere und größere Zimmer ab, 65 insgesamt, die sich für konzentriertes Arbeiten, Workshops oder Konferenzen nutzen lassen. „Konferenzräume kann man nie genug haben“, erklärt Lars Schmidt, Personalchef bei Verivox.

Kreativität und Wohlbefinden der Mitarbeiter sollen mit neuen Konzepten gefördert werden. Sitzecken im Sky Angle sehen aus wie in einem Bistro, einen Tischkicker gibt es, ein kleines „Wohnzimmer“ mit Xbox und Playstation auch. Im Sportraum stehen Fahrrad-Ergometer. Beschäftigte können sich mit ihrem Nachwuchs im Eltern-Kind-Raum zurückziehen, wenn mit der Betreuung etwas schiefgelaufen ist. Spielsachen kommen noch – Sessel, Stillkissen und Schreibtische für Eltern und Kinder sind schon da. Die Wand, natürlich: orange.

„Die Büroräume sind weitgehend offen“, sagt Schmidt. „Das spiegelt auch unsere Philosophie wider: Es gibt viel Freiraum und keine Schranken. Wir begegnen uns alle auf Augenhöhe.“ Selbst die Mitglieder der Geschäftsführung haben kein eigenes Reich samt Vorzimmer – sondern sitzen mit anderen Mitarbeitern zusammen.

Wegen Corona mussten die Mitarbeiter in Kleingruppen ihre Sachen am ehemaligen Standort Wieblingen packen. Ein Umzugsunternehmen karrte insgesamt 700 Kisten in die Bahnstadt. Seit August seien Mitarbeiter vor Ort und lebten sich ein, sagt eine Verivox-Sprecherin.

Dabei hat die Pandemie einiges durcheinandergewirbelt. Die neue Zentrale bietet Platz für 300 Beschäftigte, derzeit liegt die maximale Belegung aber bei 150. Wegen Corona hat Verivox nahegelegt, von zuhause aus zu arbeiten. Wer ins Büro kommen möchte, kann das tun, muss dem Vorgesetzten aber frühzeitig Bescheid geben. Mittwoch ist der beliebteste Bürotag bei Verivox, wie die Anmeldungen zeigen.

Aus Gründen des Gesundheitsschutzes sind Tische gesperrt, Mitarbeiter dürfen nicht nebeneinander oder sich direkt gegenüber sitzen. Aus einer Tischgruppe für sechs Personen wird eine Tischgruppe für nur noch drei Personen.

Sky Angle ist ein Bürogebäude in Passivhausbauweise, typisch für die Heidelberger Bahnstadt. Solche Bauten sind besonders effektiv gedämmt. Die Abwärme elektrischer Geräte, die Körperwärme von Menschen sowie die Sonnenwärme werden genutzt. Der Energiebedarf liegt wesentlich niedriger als in herkömmlichen Gebäuden, die CO2-Bilanz ist günstiger.

Eine Dachterrasse wie in Wieblingen fehlt in der Bahnstadt. Dafür gibt es einen riesigen Innenhof, der von ausdrucksstarker Architektur umgeben ist. Vielleicht holt Verivox dort eines Tages die Einweihungsparty nach, die wegen Corona ausgefallen ist. International dürfte sie jedenfalls werden: Die Mitarbeiter kommen aus mehr als 30 Nationen.

Tochtergesellschaft von ProSiebenSat.1

  • Verivox, 1998 gegründet, gehört zu den Marktführern bei Vergleichsportalen und zum MDax-Konzern ProSiebenSat.1.
  • Insgesamt arbeiten 500 Beschäftigte für Verivox, davon am Stammsitz Heidelberg 300. Weitere Standorte sind Berlin, München, Linden (Mittelhessen) und Leipzig.
  • Das Unternehmen bietet hauptsächlich Tarifvergleiche bei Strom, Gas, Versicherungen und Telekommunikation. Für diese Dienste vermittelt Verivox Verträge, die von den Anbietern in der Regel mit Provisionen vergütet werden.
  • Der Name Verivox bedeutet „Stimme der Wahrheit“ - von den lateinischen Worten veritas (Wahrheit) und vox (Stimme).
  • Jörn Taubert, Chef der Verivox-Gruppe, verlässt das Unternehmen zum Jahresende. Als Nachfolger ist Daniel Puschmann im Gespräch, derzeit noch Manager bei der ProSiebenSat.1-Tochter Nucom.
Heidelberg

Rundgang in der neuen Verivox-Zentrale

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Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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