Konjunktur

Trübere Aussichten im Handwerk der Region

Den meisten Unternehmen im Gebiet der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar Odenwald geht es gut, sie haben Aufträge. Wenn es nur bestimmte Risiken nicht gäbe

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Alexander Jungert
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Rhein-Neckar. Es gibt auch noch gute Nachrichten in diesen Tagen. Eine zum Beispiel ist, dass das regionale Handwerk zum Jahresabschluss 2022 „eine bessere Bilanz zieht als erwartet“, wie Klaus Hofmann, Präsident der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar Odenwald, erklärt. Zwei Drittel der Betriebe berichten in einer Umfrage der Kammer von einer guten Geschäftslage im vierten Quartal. Trotz aller Widrigkeiten.

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Zu Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Prognose für die kommenden Monate eher düster ist. Oder statistisch ausgedrückt: Der Index der Geschäftserwartungen aus positiven und negativen Bewertungen rutschte von minus 9,1 Punkten im Vorquartal auf minus 15,8 Punkte - und notiert weiterhin deutlich negativ. Was eine Verschlechterung der Geschäftslage erwarten lässt. Jens Brandt, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, erklärt sich das so: „Man schraubt die Erwartungen zurück, dann wird man nicht zu sehr enttäuscht.“

Nahrungsmittelgewerbe mit Einbrüchen

Auf der einen Seite gibt es viele Aufträge, die Geschäfte boomen. Vor allem im Bauhauptgewerbe und im Ausbaugewerbe. Auf der anderen Seite ist die „Sorgen-Liste“ lang: explodierende Energiepreise, steigende Materialkosten, gestörte Lieferketten, fehlende Arbeitskräfte, zu wenig Nachwuchs und Nachfolge, hohe Inflation.

So muss etwa das Nahrungsmittelgewerbe deutliche Einbrüche verkraften. Zum Beispiel sagt Horst Trautmann, Chef der gleichnamigen Metzgerei in Mannheim-Feudenheim: „Dem Handwerk geht es gut. Wir haben Aufträge. Aber die Rahmenbedingungen machen es praktisch unmöglich, rentabel zu arbeiten. Der Kostendruck führt uns an die Grenzen.“

© Handwerkskammer RNO

Wie auch andere Branchen kämpft das Handwerk massiv mit dem Fachkräftemangel. Seit April 2022 läuft deshalb die regionale Ausbildungskampagne „Handwerk - Das isses!“ Ein Mobil ist auf Schulhöfen unterwegs, Videoclips werden auf sozialen Medien verbreitet, Ausbildungsbotschafter wollen Gleichaltrige von den Vorzügen des Handwerks überzeugen.

Zwar sind im Kammergebiet zum 31. Dezember 1662 und damit rund ein Prozent mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen worden als im Jahr davor. Trotzdem bleiben viele Stellen unbesetzt. Nach wie vor wählen viele Schulabgänger lieber einen Dienstleistungsberuf oder gehen studieren, als auf dem Bau zu arbeiten. Folglich soll die Kampagne dieses Jahr breiter aufgestellt, und unter anderem die Eltern sollen verstärkt angesprochen werden.

Hauptgeschäftsführer Brandt findet es schade, dass in vielen Köpfen offensichtlich starke Rollenklischees verankert sind. Denn dass Töchter eine Karriere im Handwerk anstreben - vielleicht sogar im Bauhauptgewerbe -, ist für viele Eltern schwer vorstellbar. Kammer-Präsident Hofmann selbst führt in Mosbach (Neckar-Odenwald-Kreis) eine Schreinerei und legt Wert darauf, dass unter den Auszubildenden immer auch Mädchen sind.

Präsidenten kennen sich gut

Klaus Hofmann kennt übrigens den neuen Präsidenten des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Jörg Dittrich, recht gut. Schon früher haben sie in Ausschüssen zusammengearbeitet, jetzt sitzen sie gemeinsam im ZDH-Ausschuss für Europa-Politik. Dittrich sei kommunikativ, offen, verständnisvoll. Erst am Mittwoch hatten die beiden eine Videokonferenz. „Es macht Spaß, mit ihm zu arbeiten“, sagt Hofmann.

Jörg Dittrich, Dachdeckermeister aus Dresden, ist seit Dezember Präsident des ZDH, des Dachverbands aller Handwerkskammern in Deutschland. Er ist Nachfolger von Hans Peter Wollseifer.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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