Justiz

Steuerhinterziehungs-Prozess: Mannheimer Landgericht urteilt im Eiltempo

Der Prozess war eher unscheinbar, aber das Urteil fiel rekordverdächtig schnell: Nach nur eineinhalb Verhandlungstagen verkündet das Mannheimer Landgericht die Strafen für Steuerhinterziehung in mehreren Asia-Restaurants

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Im Prozess ging es um Steuerhinterziehung in mehreren badischen Asia-Restaurants. © Uli Deck

Auch wenn der Prozess rund um das Manipulieren von Einnahmen in mehreren badischen Asia-Lokalen am Mannheimer Landgericht juristisch unspektakulär verlief, so könnte dieser gleichwohl ins Buch der Rekorde aufgenommen werden. Nach gerade mal eineinhalb Verhandlungstagen ist das Urteil verkündet worden - bei allen vier Angeklagten Bewährungsstrafen.

Der Vorsitzende Richter Andreas Lindenthal spricht von seinem „kürzesten Verfahren“ während 26 Jahren bei der 2. Großen Wirtschaftsstrafkammer. Umfassende Geständnisse aller Beteiligten haben eine streitige Beweisaufnahme überflüssig gemacht. Der Schlussvortrag von Staatsanwältin Jeanie Henn nimmt denn auch weniger Zeit in Anspruch als das Verlesen der Anklage. Schließlich haben die vier einstigen Lokalbetreiber, - ein Gastronom, zwei aus Vietnam stammende Schwestern sowie ein Investor - Steuerverkürzen in Höhe von insgesamt 309 000 Euro eingeräumt. Dass sich die Verteidigung in knappen Plädoyers im Wesentlichen den Ausführungen der Staatsanwaltschaft anschließt, dürfte ebenfalls nicht alle (Gerichts-)Tage vorkommen.

Schulden ans Finanzamt bezahlt

Wie von der Anklagebehörde vorgeschlagen, verhängt die Kammer jeweils zur Bewährung ausgesetzte Strafen von einem Jahr und zehn Monaten, von zehn Monaten und in zwei Fällen von sechs Monaten. Die Urteile spiegeln die unterschiedlichen Beiträge zu Taten, die teilweise schon Jahre zurückliegen. Nach Auffassung des Gerichts haben die aus Vietnam stammenden Schwestern, die in Restaurantküchen mitarbeiteten, zwar Schriftstücke abgezeichnet, die ihnen der Ehemann beziehungsweise Schwager vorgelegt hat - die jeweiligen Steuerbetrügereien nahmen die nur leidlich Deutsch sprechenden Frauen aber lediglich billigend in Kauf. Und bei dem befreundeten Geldgeber wertete das Gericht als positiv, dass dieser inzwischen seine Schulden ans Finanzamt bezahlt hat - rund 70 000 Euro.

„Geben Sie den Traum auf!“

An den Hauptmanipulator, den einzigen Angeklagten mit Vorstrafen, richtet der Kammervorsitzende den Rat: „Geben Sie den Traum von der Selbstständigkeit auf!“ Schon die Pleite vorangegangener Friseursalons habe gezeigt, dass der gelernte Betriebswirt als Unternehmer ungeeignet sei. Die defizitären Lokale hätten „eine Menge Überforderung“ offenbart. Der 45-Jährige, der angesichts seiner Privatinsolvenz statt Bußgeld 50 Stunden gemeinnützige Arbeit absolvieren muss, bekommt einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Richter Lindenthal: „Bei jemandem, der Probleme mit Spielsucht hatte, sicherlich nicht schlecht.“ Alle Vier nehmen noch im Gerichtssaal das Urteil an.

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