Entwicklungsorganisation

So will Oxfam das Vermögen gerechter verteilen

Vor Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos prangert die Entwicklungsorganisation Oxfam den zunehmenden Abstand zwischen Superreichen und Normalbevölkerung an. Mit welchen Vorschlägen sie die Situation verbessern will

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Hannes Koch
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Luxus lebt: Der Fahrzeughersteller Rolls-Royce konnte im vergangenen Jahr trotz der Inflation mehr Autos absetzen als je zuvor. © Jonathan Brady/PA Wire/dpa

Davos. Den zunehmenden Abstand zwischen Superreichen und Normalbevölkerung prangert die Entwicklungsorganisation Oxfam an. Zwischen 2020 und 2021 habe „das reichste Prozent der Weltbevölkerung zwei Drittel des gesamten Vermögenszuwachses“ auf dem Globus vereinnahmt. So steht es im neuen Oxfam-Bericht mit dem Titel „Überleben der Reichsten“ (Survival of the Richest), den die Organisation traditionell kurz vor dem Beginn des Weltwirtschaftsforums (WEF) von Davos herausgibt. Oxfam fordert höhere Steuern auf große Vermögen.

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Das WEF beginnt am Montag in der Schweiz - nach der Corona-Pandemie wieder mehr oder weniger im Normalzustand. Ein paar tausend Manager, Vorstände von Unternehmen und Spitzenpolitikerinnen werden eine Woche die Weltlage diskutieren. Die globale Ungleichheit ist auch dort ein Thema. Der Reichtum der Milliardäre sei nicht nur während der Corona-Jahre, sondern infolge der Inflation auch 2022 deutlich gestiegen, schreibt Oxfam. „95 Lebensmittel- und Energiekonzerne haben ihre Gewinne 2022 mehr als verdoppelt.“ Sie hätten 306 Milliarden US-Dollar an Übergewinnen erzielt und davon 257 Milliarden US-Dollar an ihre Aktionärinnen und Aktionäre ausgeschüttet. Die Berechnungen basieren auf Daten der Schweizer Bank Credit Suisse.

828 Millionen Menschen - also etwa jede zehnte Person auf der Erde - hungern!
Aktivisten Oxfam

Die Aktivisten kritisieren, dass andererseits „828 Millionen Menschen - also etwa jede zehnte Person auf der Erde - hungern“. Nach Angaben der Weltbank sei das die größte Zunahme der weltweiten Ungleichheit und Armut seit dem Zweiten Weltkrieg. Extremer Reichtum und extreme Armut nähmen gleichzeitig zu, schlussfolgert Oxfam. Die Entwicklung spiegelt sich laut dem Bericht auch in Deutschland. „Vom gesamten Vermögenszuwachs, der zwischen 2020 und 2021 in Deutschland erwirtschaftet wurde, gingen 81 Prozent an das reichste Prozent“ der Bevölkerung.“ Die restlichen 99 Prozent der Bürgerinnen und Bürger hätten nur 19 Prozent erhalten.

Manuel Schmitt von Oxfam Deutschland forderte: „Konzerne und ihre superreichen Eigentümer müssen endlich einen fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten.“ Die Entwicklungsorganisation fordert Instrumente wie die Übergewinnsteuer zur Abschöpfung der Inflationsprofite, höhere Erbschaftssteuern unter anderem für Firmenerben und Vermögenssteuern. Die damit gewonnenen zusätzlichen Mittel sollten die Regierungen zum Beispiel in Bildung und soziale Sicherungssysteme investieren.

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Eine derartige Gewinnabschöpfung hat die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP für einige Energieunternehmen beschlossen. Ansonsten sind in Deutschland augenblicklich keine Steuererhöhungen für große Einkommen und Vermögen geplant. Auf internationaler Ebene soll bald eine Mindeststeuer für Unternehmen in Kraft treten, die 15 Prozent beträgt.

Vermögen stark gespreizt

Hierzulande läuft seit Jahren eine kontroverse Debatte, wie sich die Ungleichheit entwickelt. Während etwa der Sozialverband und die gewerkschaftliche Hans-Böckler-Stiftung ihren Anstieg beklagen, schreibt Markus Grabka vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): Seit 2005 „stagniert die Ungleichheit der verfügbaren Haushaltseinkommen und legt mit kleineren Schwankungen nur noch leicht zu“. Das Europäische Statistikamt teilte kürzlich mit, während der Corona-Jahre habe die Einkommensungleichheit in der EU nicht wesentlich zugenommen. Anders sieht es bei der Ungleichheit der Vermögen aus. Diese liegt in Deutschland mehr als doppelt so hoch wie die Spreizung der Verdienste. Aber auch sie nimmt nach Zahlen des DIW nicht nennenswert zu.

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Wobei dieser Befund nur die vergangenen zwei Jahrzehnte betrifft. Betrachtet man hingegen die Periode seit dem Zweiten Weltkrieg, ist der Vermögensanteil der Wohlhabenden und Reichen im Vergleich zur ärmeren Hälfte der Bevölkerung stark gewachsen. Auch in anderen Staaten hat die Ungleichheit der Vermögen zugenommen. In der Phase des sogenannten Neoliberalismus ermöglichten die Regierungen vieler Staaten den Kapitalbesitzern größere Spielräume. Die Steuern auf Vermögen und hohe Einkommen sanken. Hierzulande wird seit 1997 keine Vermögenssteuer mehr erhoben.

Zudem versteckten Millionäre und Milliardäre ihren Reichtum oft in Steueroasen, wo sie kaum Abgaben entrichteten. Auf der anderen Seite nahm die Besteuerung von durchschnittlichen Arbeitseinkommen der normalen Bevölkerung zu, weil die Regierungen die Mehrwertsteuer anhoben.

Korrespondent

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