Fuchs Petrolub - Folgen von Corona sind das beherrschende Thema der virtuellen Hauptversammlung / Letzter Auftritt von Kurt Bock als Aufsichtsratsvorsitzender / Dividenden steigen

So ist die virtuelle Hauptversammlung von Fuchs Petrolub gelaufen

Von 
Alexander Jungert
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Live-Übertragung der Hauptversammlung aus Mannheim: in der ersten Reihe Finanzchefin Dagmar Steinert (v.l.), Vorstandsvorsitzender Stefan Fuchs, Aufsichtsratsvorsitzender Kurt Bock und seine Stellvertreterin Susanne Fuchs. © Fuchs Petrolub

Mannheim. Einige Aktionärinnen und Aktionäre sind unzufrieden. Sie wären lieber in den Rosengarten nach Mannheim gekommen. Stattdessen müssen sie die Hauptversammlung von Fuchs Petrolub zuhause virtuell verfolgen. Wie die vergangenen beiden Jahre schon.

Er könne den Frust verstehen, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende und Ex-BASF-Chef Kurt Bock, als er sich den eingereichten Fragen und Anmerkungen widmet. „Zum Zeitpunkt der Entscheidung ist noch nicht absehbar gewesen, wie sich die Pandemie entwickelt.“ Die Sicherheit der Beschäftigten und der Aktionäre gehe vor.

Covestro-Manager neu dabei

Gleichzeitig macht Bock deutlich, dass er eine Hauptversammlung in Präsenz für das deutlich bessere Format hält. Schon allein wegen des direkten Austauschs mit den Aktionären. Den Plan der Bundesregierung, virtuelle Hauptversammlungen künftig per Gesetz dauerhaft zu ermöglichen, bewertet er zurückhaltend.

Für Bock ist es der letzte große Auftritt als Aufsichtsratsvorsitzender des Mannheimer Schmierstoffkonzerns. Schon seit vergangenen Oktober ist klar, dass er zur Hauptversammlung aufhört und das Gremium verlässt. Warum, bleibt unklar; sein Mandat läuft eigentlich noch bis zum Jahr 2025.

Neu für Bock in den Aufsichtsrat gewählt ist Markus Steilemann, Chef des Leverkusener Werkstoffherstellers Covestro. In der konstituierenden Sitzung soll Christoph Loos zum Vorsitzenden des Gremiums gewählt werden. Loos ist Chef des Werkzeugherstellers Hilti und schon seit mehr als zwei Jahren „Kontrolleur“ bei Fuchs Petrolub.

Bevor Konzernchef Stefan Fuchs in seiner Rede auf das vergangene Geschäftsjahr zu sprechen kommt, gedenkt er der vielen Opfer in der Ukraine. „Dieser Krieg schockiert uns alle und erfüllt uns mit Trauer.“ Spenden der Beschäftigten für humanitäre und medizinische Hilfsorganisationen habe das Unternehmen auf eine halbe Million Euro aufgestockt. In Polen seien zudem Verwandte von betroffenen Mitarbeitern aus der Ukraine aufgenommen worden.

Dagmar Steinert geht – Isabelle Adelt kommt

  • Im Vorstand von Fuchs Petrolub steht ein Wechsel an. Finanzchefin Dagmar Steinert, 57, verlässt das Unternehmen Ende des Jahres „auf eigenen Wunsch“, wie es in einer Mitteilung heißt. Isabelle Adelt (38) übernimmt im vierten Quartal ihre Nachfolge. Adelt ist derzeit Spitzenmanagerin bei Schenck in Darmstadt. Schenck unterstützt Industriekunden dabei, Abläufe zu optimieren, etwa in der Produktion.
  • Dagmar Steinert ist seit neun Jahren bei Fuchs Petrolub und gehört seit 2016 dem Vorstand an. Neben Finanzen verantwortet sie Recht, Beziehungen zu Investoren und Digitalisierung. Ihr Mandat läuft eigentlich bis Dezember 2023. Vorzeitig verlässt die Diplom-Kauffrau Mannheim. Künftiger Arbeitgeber ist der Rüstungskonzern und Automobilzulieferer Rheinmetall aus Düsseldorf. Dort ist Steinert schon von 2003 bis 2013 gewesen – und folgt ab Januar 2023 im Vorstand auf Finanzchef Helmut P. Merch.
  • Isabelle Adelt hat nach dem Wirtschaftsstudium an der Universität Bielefeld bei der Unternehmensberatung Ernst & Young gearbeitet. Danach folgten verschiedene Führungspositionen beim Technologiekonzern Zeiss. Seit 2019 ist sie bei Schenck. Laut Profil auf dem Karrierenetzwerk Linkedin spricht die Finanz- und Digitalisierungsexpertin sechs Fremdsprachen: Englisch, Französisch, Spanisch, Chinesisch, Italienisch und Portugiesisch. Mit der 38-jährigen Adelt wird sich der Vorstand von Fuchs Petrolub deutlich verjüngen

Nun lässt Fuchs das Geschäftsjahr 2021 Revue passieren. Seinen Angaben nach hatte es mit hohen Auftragseingängen sowie Rückenwind bei den Rohstoffkosten begonnen. Beides drehte zur Jahresmitte. „Prägend für den größten Teil des vergangenen Jahres waren die Verwerfungen auf unseren Einkaufsmärkten“, erklärt Fuchs. „Ein Kälteeinbruch in Texas gleich zu Jahresbeginn und die Auswirkungen von Covid-19 brachten die globalen Lieferketten aus dem Gleichgewicht. Eine so noch nie gesehene Knappheit an Rohstoffen und Verpackungsmaterialien und steil ansteigende Einkaufspreise waren die Folgen.“ Hinzu sei eine anhaltende Halbleiterknappheit gekommen, die vor allem Kunden in der Autoindustrie weltweit getroffen hatte. Gegen Ende des Jahres hätten dann auch noch Omikron und Quarantänebestimmungen Teile der Belegschaft „außer Gefecht gesetzt“.

Fuchs hebt hervor, dass alle Gesellschaften das gesamte Jahr hindurch den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten hätten und jederzeit lieferbereit gewesen seien. Die Mannschaft habe „aktiv und beherzt gemanagt“. Höhere Preise hätten zwar mit Verzug, aber grundsätzlich an die Kundschaft weitergegeben werden können.

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20. Erhöhung in Folge

Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutionelle Privatanleger (VIP) will es genauer wissen und hat eine Frage zu den Corona-Maßnahmen eingereicht. Fuchs zählt die aus seiner Sicht wichtigsten Punkte auf: eine effiziente Planung der Produktion, zeitlich getrennte Schichten, Testpflichten, Hygienevorschriften. Büroflächen würden nicht abgebaut und ins Homeoffice verlagert. Fuchs erklärt: „Uns ist wichtig, dass alle einen festen Arbeitsplatz haben.“

2021 hat der MDax-Konzern einen Umsatz von 2,9 Milliarden Euro und ein Ergebnis nach Steuern von 254 Millionen Euro erzielt. Mehr als erwartet. Die Aktionärinnen und Aktionäre erhalten eine Dividende von 1,03 Euro je Vorzugsaktie und 1,02 Euro je Stammaktie, ein Plus von vier Prozent. Nach Unternehmensangaben ist es die 20. Erhöhung der Dividende in Folge.

Auf das laufende Jahr blickt Fuchs noch mit vielen Fragezeichen. „Es ist heute sehr schwer möglich, eine Abschätzung zu machen. Es gibt unterschiedliche Einflussfaktoren, die alle nebeneinander und gleichzeitig auftreten.“ Eine Hoffnung für das 2023 hat der Manager schon: dass die Hauptversammlung wieder im Rosengarten stattfinden kann.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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