Bildung - Zwei von drei Schulbuchhäusern in Mannheim geschlossen / Fehlende Besucher und Digitalisierung Gründe für Weggang

Nur Cornelsen will bleiben

Von 
Sebastian Koch
Lesedauer: 
Die Filiale des Cornelsen-Verlags auf den Planken ist die letzte Niederlassung eines Schulbuchverlags in der Mannheimer Innenstadt. © Bild. Blüthner

Mannheim. Mitten im Grenzgebiet dreier Länder gelegen, sollte Mannheim doch ein idealer Standort für Niederlassungen von Schulbuchverlagen sein. Drei Länder, das sind auch drei unterschiedliche Lehrpläne mit verschiedenen Unterrichtsmaterialien in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz.

Tatsächlich hatten sich in Mannheim mehrere Niederlassungen von Schulbuchverlagen angesiedelt: Cornelsen auf den Planken, ein vom Stuttgarter Verlagskontor betriebenes Beratungszentrum des Klett-Schulbuchverlags im Stadthaus sowie das Schulbuchzentrum am Ring mit Angeboten der Verlage Westermann, Schöningh und Schroedel. In den Häusern können Pädagogen Unterrichtsmaterial kaufen oder sich beraten lassen.

Doch der Eindruck der idealen Lage, er trügt. Zwei der drei Niederlassungen haben Mannheim in diesem Sommer verlassen – einzig der Berliner Cornelsen-Verlag wird zum Schuljahresbeginn hier noch eine Niederlassung haben. Der Verlag prüfe „fortlaufend die Situationen unserer Niederlassungen“, teilt eine Sprecherin mit. „Für Mannheim haben wir aktuell keine Veränderung bekanntzugeben.“

Verband prüft Auswirkungen

Damit unterscheidet sich Cornelsen von seinen Mitbewerbern. Denn die Braunschweiger Westermann-Gruppe, zu der die Verlage Westermann, Schroedel und Schoeningh gehören, räumt zwar ein, dass sie mit einem Standortvorteil in Mannheim gerechnet hatte. „Letztendlich blieben die Besucherzahlen aber hinter den Erwartungen zurück“, sagt eine Sprecherin. Vor allem die Nähe zu Filialen in Frankfurt und Stuttgart sei hierfür verantwortlich – die Niederlassungen hätten sich gegenseitig „blockiert“ und so hätten auch strategische Gründe zur Schließung der Mannheimer Filiale geführt.

Weshalb Cornelsen anscheinend keine erheblichen Probleme bei der Frequentierung hat, bleibt unklar. Man äußere sich nicht über Wettbewerber und ziehe keine Vergleiche, heißt es vom Verlag. Auch Cornelsen betreibt laut Webseite Beratungszentren in Frankfurt und Stuttgart.

Und auch die Auswirkungen auf die Unterrichtsvorbereitung der Lehrer sind noch unklar. „Da das Schuljahr noch nicht begonnen hat, haben wir diesbezüglich noch keine Rückmeldungen aus der Rhein-Neckar-Region bekommen“, sagt der Vorsitzende des für Lehrer zuständigen Philologenverbandes Baden-Württemberg, Ralf Scholl. Demnach wolle sich der Verband aber in den nächsten Tagen über mögliche Auswirkungen erkundigen.

Auch das Stuttgarter Verlagskontor, das das Beratungszentrum im Stadthaus mit verschiedenen Verlagen der Klett-Gruppe – etwa Pons, AAP oder Ernst Klett Verlag – betrieben hatte, teilt indes mit: „Es gab keinen Standortvorteil.“ Neben der Niederlassung in Mannheim mussten die Schwaben seit 2016 auch die in Frankfurt und Düsseldorf schließen. „Ein Großteil der Nachfrage gelangt heute über digitale Kanäle zu den Verlagen.“

Ergänzendes Material gefragt

Also eine Krise auf dem Schulbuchmarkt? Soweit möchte Nicole Bornemann, Geschäftsführerin Vertrieb der Westermann-Gruppe, nicht gehen, betont aber auch: „Die Branche steht vor großen Herausforderungen.“

Verlage müssten sich mit den Folgen der Digitalisierung beschäftigen. „Früher standen Schulbücher in Schaufenstern“, sagt Bornemann. Heute seien dagegen oft „schulbuchergänzende Materialien“ wie etwa Filme gefragt. „Wir müssen Ausstellung und Ausstattung neu entwickeln.“

Mannheim ist dabei auf der Strecke geblieben. Eine Rückkehr in die Region schließt Bornemann aus. „Aktuell gibt es hierzu keine Überlegungen.“ Und auch das Stuttgarter Verlagskontor teilt mit, dass nicht zu erwarten sei, „dass die Kundenfrequenz an einem anderen Standort in der Region deutlich positiver wäre“.

Duden 2009 übernommen

  • Der Cornelsen-Verlag wurde 1946 vom Ehepaar Franz und Hildegard Cornelsen gegründet. Der Verlag beschäftigt etwa 1300 Mitarbeiter.
  • Nach der Wiedervereinigung übernahm der Verlag 1991 den Volk und Wissen Verlag, der nahezu alle Schulbücher der DDR gedruckt hatte.
  • 2009 erwarb Cornelsen 90 Prozent der Anteile an dem damals in Mannheim sitzenden Verlag Bibliographisches Institut, in dem auch der Duden erscheint. 

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen