Industrie (mit Fotostrecke)

Mannheimer Industriegeschichte: Vor 150 Jahren wurde Bopp & Reuther gegründet

1872 wurde die Firma Bopp & Reuther, Vorläufer der heutigen VAG-Gruppe - „zum Zwecke der Fabrikation von Armaturen für Wasser, Gas und Dampf“ - gegründet. Seither ist einiges passiert. Eine Zeitreise

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Alexander Jungert
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Die Montagehalle für Großabsperrschieber in Mannheim um das Jahr 1936. Noch heute ist die Halle Produktionsstätte für Großarmaturen von VAG. © VAG

Mannheim. Mannheim, 1872. Mit einem Zeitungsinserat sucht der 26-jährige Carl Reuther einen Teilhaber und Geldgeber für seine Geschäftspläne. Darin steht: „Ich verstehe die Fabrikation und die Anwendung eines sehr couranten Artikels. Das Geschäft ist sehr lukrativ, der Artikel sehr gesucht und nimmt der Verbrauch in jedem Jahr zu.“ Auf das Inserat meldet sich Carl Bopp, Besitzer einer mechanischen Werkstätte in Mannheim.

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150 Jahre VAG - Einblicke in die Geschichte

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Wenig später gründen die beiden Ingenieure die Firma Bopp & Reuther, Vorläufer der heutigen VAG-Gruppe - „zum Zwecke der Fabrikation von Armaturen für Wasser, Gas und Dampf“. Der Betrieb wird auf einem Grundstück von 96 Quadratmetern mit zehn Arbeitern und einer Dampfmaschine aufgenommen. Die Firma wächst sehr schnell.

Feuerrote Hydranten

Nun, 150 Jahre später, steht das Jubiläum an. VAG ist mit seinen Armaturen überall dort im Spiel, wo Wasser gefördert, aufbereitet, gespeichert und verteilt wird. Also in Talsperren, Staudämmen, Wasserwerken, Trinkwassernetzen und Abwassersystemen. „Über die Jahre hinweg sind viele patentierte Innovationen in Mannheim entwickelt worden“, erklärt ein Sprecher.

Heute gehört das Unternehmen nach eigenen Angaben weltweit zu den Marktführern. Der Umsatz liegt bei rund 200 Millionen Euro, zum Gewinn werden keine Angaben gemacht. Zu den Kunden zählt beispielsweise Fraport, der Betreiber des Frankfurter Flughafens. VAG hat dort Überflurhydranten zur Versorgung mit Löschwasser installiert. Auch in Mannheim seien fast ausschließlich feuerrote Überflurhydranten von VAG im Einsatz, „die alle Mannheimer schon einmal gesehen haben“, ergänzt der Sprecher.

Zeichnung der ehemaligen Fabrik in der Mannheimer Neckarstadt um 1892 – vor dem Umzug auf den Waldhof im Jahre 1897. © VAG

Das Unternehmen hat mehr als 1100 Beschäftigte, davon rund 200 am Stammsitz Mannheim. Hier werden vor allem große Sonderteile hergestellt, etwa Absperrklappen für Staudämme. Weitere Produktionsstandorte gibt es in Tschechien, Indien, China, USA und Südafrika. Die Kunden sitzen in mehr als 100 Ländern. VAG gehört der deutschen Investmentgruppe Aurelius Equity.

Der Armaturenhersteller ist Teil der Geschichte des Stadtteils Waldhof, Teil der Mannheimer Industriegeschichte sowieso. Schon 1900 liefert Bopp & Reuther bereits 60 Prozent der Weltproduktion an Wasserschiebern und stattet Wasserversorgungsanlagen von Städten aus. 1925 entsteht aus Bopp & Reuther sowie sechs weiteren Armaturenherstellern die VAG (Vereinigte Armaturen Gesellschaft) mbH. Der Export ins Ausland nimmt Fahrt auf, VAG wird schon in den 1920er Jahren Marktführer in Südamerika.

1990 übernimmt der Karlsruher Mischkonzern IWKA (Industriewerke Karlsruhe-Augsburg, heute Kuka) Bopp & Reuther mit den drei Geschäftsfeldern Wasser (VAG Armaturen), Sicherheits- und Regelarmaturen sowie Messtechnik. So recht glücklich wird IWKA damit aber nicht. Anfang der 2000er Jahre trennt sich der Konzern schrittweise von Bopp & Reuther, es kommen drei selbstständige Gesellschaften auf den Markt (siehe Grafik). Bopp & Reuther Armaturen wird dabei mit seiner Vertriebsgesellschaft zur neuen VAG-Armaturen zusammengeführt, die als VAG-Gruppe auftritt.

Perspektive für den Standort

Wassermanagement bleibe eine wichtige Aufgabe für die Zukunft, erklärt der Sprecher. Die Nachfrage sei hoch. Zu kämpfen hat VAG wie viele andere Industriebetriebe vor allem mit steigenden Energiepreisen.

Zur Wahrheit gehört auch: Über die Jahre vergangenen Jahre ist die Zahl der Beschäftigten in der Fertigung zurückgegangen. Entwicklung, Vertrieb und Services sind aus Sicht der Mannheimer IG Metall innerhalb der VAG Gruppe gewichtiger geworden. Gewerkschaftssekretär Benedikt Hummel gibt zudem zu bedenken: „Der Finanzinvestor Aurelius wird nicht ewig bleiben.“ Das Ziel der Gewerkschaft: Dass auch für die Zeit danach eine Perspektive für den Standort geschaffen wird, damit Know-how und Arbeitsplätze in Mannheim erhalten bleiben - verbunden mit einer Standort- oder Beschäftigungssicherung.

In direkter Nachbarschaft auf dem Gelände im Stadtteil Waldhof ist IMI Bopp & Reuther, ein weiterer „Nachfahre“ der ehemaligen Bopp & Reuther-Gruppe. Die beiden Unternehmen feiern den 150. Geburtstag mit einem gemeinsamen Familientag am 17. September. Auch Betriebsratsmitglieder und die IG Metall wollen sich daran beteiligen.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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