Luftfahrt

Lufthansa-Chef verrät im Mannheimer ZEW, wie viel die Lufthansa pro Ticket verdient

Wirtschafts-Promi zu Gast am Mannheimer ZEW. Lufthansa-Chef Carsten Spohr erzählt, wie sich sein Unternehmen nach der Coronakrise schlägt, was er von der Politik einklagt und räumt eigene Fehler ein

Von 
Walter Serif
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Zehn Euro verdient die Lufthansa an einem Ticket. Bei Inlandsflügen ist die Marge kleiner. Das Geld bringen die Fernflüge in die USA oder nach Asien. © dpa/Thomas Tröster

Mannheim. Stargast Carsten Spohr schafft es nicht rechtzeitig und kommt sieben Minuten zu spät zum Auftritt am Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Gastgeber Achim Wambach ist gnädig, will aber wissen, ob der Lufthansa-Chef mit dem Flieger oder der Bahn gekommen ist. „Mit dem Auto“, sagt dieser und meint selbstkritisch: „Ich hätte fliegen sollen.“ Ins Schleudern gerät Spohr während seiner Rede aber nicht. Und es gibt ja in der Tat viel zu erzählen - „Wings of Change“ lautet das Motto der Veranstaltung in der losen ZEW-Reihe „Wirtschaftspolitik aus erster Hand“.

ZEW Carsten Spohr Lufthansa Foto Thomas Troester © Pressefotoagentur Thomas Tröste

Seitenhieb auf Achim Wambach

Fürwahr musste der Kranich in der Pandemie gewaltige Turbulenzen überstehen. „Die Coronakrise hat uns wie kaum eine andere Branche getroffen. An manchen Tagen hatten wir nur ein Prozent der Passagiere an Bord“, sagt Spohr. Das hatte Konsequenzen: Nach drei Rekordjahren brauchte der 1997 privatisierte Luftfahrtkonzern Staatsknete. Dass der Staat das Geld aber nicht einfach so geben wollte, sondern sich an dem Konzern beteiligte, löste nicht nur bei der Lufthansa heftige Debatten aus. Spohr wehrte sich gegen die Staatsbeteiligung - musste am Ende aber einlenken, sonst wäre der Konzern Pleite gegangen.

Doch hinterher ist man immer schlauer, wie Spohr selbst zugibt: „Die Lufthansa ist ein positives Beispiel dafür, wie eine staatliche Intervention ein Unternehmen stabilisiert und der Staat dabei auch noch Geld verdient.“ Der Konzern brauchte am Ende nicht einmal die zugesagten neun Milliarden Euro und zahlte jeden Cent zurück. Also alles paletti? „Leider nein. Andere Länder wie die Türkei haben ihre Airlines auch mit Staatshilfen unterstützt. Das ist eines von vielen Beispielen dafür, dass es in der globalisierten Welt leider keinen fairen Wettbewerb und Wettbewerbsgerechtigkeit mehr gibt“, kritisiert Spohr. Seine Schlussfolgerung daraus ist bemerkenswert: „Wenn die anderen Staaten Industriepolitik betreiben, müssen wir das auch tun.“

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Früher war das I-Wort tabu. Spohr verweist süffisant darauf, dass viele Wirtschaftsbosse früher auch gemeint hätten, die Politik solle sich am besten aus allem heraushalten, dann würde schon alles gut gehen. Er meint auch, dass die Protagonisten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sich besser abstimmen sollen. „Da gibt es keinen guten Dialog“, kritisiert Spohr und erklärt Wambach in diesem Zusammenhang, dass er 2020 die Forderung der Monopolkommission nicht so toll fand, dass die Lufthansa mehr Slots freigeben solle. Pikant an dieser Bemerkung ist, dass der ZEW-Chef damals auch Vorsitzender der Monopolkommission war. Die Einschätzung, ob ein Dialog gut oder schlecht ist, hängt eben auch von der jeweiligen Perspektive ab.

Spohr gibt sich selbtkritisch beim Personalabbau

Klar ist für Spohr, dass sich Deutschland auf schwierige Zeiten einstellen muss. „Wir haben nach dem Fall der Mauer wie kein Land von der Globalisierung profitiert. Doch das wird so nicht weitergehen“, sagt er. Muss man sich da auch Sorgen um die Lufthansa machen, die sich dem harten internationalen Wettbewerb stellen muss? „Wir spielen in der Champions League und wollen dort auch bleiben. In der Krise wurden die starken Luftfahrtunternehmen stärker und die schwachen schwächer. Für die Lufthansa ist die Krise vorbei. Das ging schneller als gedacht“, sagt Spohr und betont: „Man muss nach der Krise schlanker und agiler sein.“

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Zumindest mit dem Personalabbau hat es das Unternehmen aber übertrieben, wie Spohr bereits im Sommer einräumen musste, als die Lufthansa viele Flüge streichen musste, weil das Personal fehlte und die Ticketnachfrage überraschend stark anzog. Die Lufthansa hatte während der Pandemie einen radikalen Abbau eingeleitet und die Zahl der Beschäftigten von 140 000 auf nur noch 105 000 reduziert. „Wir stellen jeden Monat 1000 neue Mitarbeiter ein, nächstes Jahr werden es womöglich auch wieder 10 000 sein“, erläutert der 55-Jährige den Kurswechsel, der natürlich auch große Kosten verursacht.

Pro Ticket verdient die Lufthansa nach Spohrs Angaben zehn Euro. „Aber natürlich nicht mit Inlandsflügen.“ Das meiste Geld bringen die Fernflüge in die USA oder nach Asien. Die Lufthansa steckt da aber als Drehkreuz-Airline in einem Dilemma. Frankfurt ist als Stadt verglichen mit London viel zu klein. „Wir brauchen 50 Zubringerflüge, um eine Maschine nach San Francisco zu füllen. In London leben anders als in Frankfurt genug Menschen, das reicht für einen Flug in die USA“, sagt Spohr. Zwar kooperiert die Lufthansa verstärkt mit der Deutschen Bahn, um Passagiere verstärkt über die Schiene an ihre Drehkreuze zu bringen. Doch ganz streichen kann sie die Inlandsflüge deshalb nicht.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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