Ludwigshafen. Hersteller von Pflanzenschutzmitteln – wie BASF oder Bayer – stehen massiv unter Druck. So muss sich zum Beispiel Bayer in den USA mit milliardenschweren Schadenersatzklagen herumschlagen. Immer wieder greifen Umweltschützer die Branche an, machen deren Produkte zum Beispiel für das Bienensterben mitverantwortlich.
Und wie reagiert der Chemiekonzern BASF mit seinem Unternehmensbereich Agricultural Solutions darauf? Zum Beispiel mit Kooperationen, die helfen sollen, die Artenvielfalt zu schützen. Denn immer mehr Insekten, nicht nur die Wildbienen sterben aus. Artenschutzexperte Christian Schmid-Egger macht dafür weniger den Einsatz von Pestiziden, sondern vor allem das Verschwinden von Lebensraum und Nahrung verantwortlich. „Es gibt kaum noch Blüten“, beklagt er. Auch für Kleinstbiotope am Rande von Äckern sei kaum noch Platz.
Fehlender Lebensraum
Schmid-Egger begleitet als externer Experte Projekte der BASF. Dabei werden Landwirte zum Beispiel unterstützt werden, wieder Lebensraum für Wildbienen zu schaffen, etwa in dem sie kleine Rohflächen auf ihren Feldern belassen. In diesen Lücken oder Furchen siedelten sich schnell viele Wildbienen-Arten an.
Vier Mitarbeiter befassen sich in der BASF-Agrosparte mit dem Thema Biodiversität. Rund 480 000 Euro gibt das Unternehmen für das Monitoring, also die wissenschaftliche Beobachtung seiner Projekte aus. Mit der Kooperation Lerchenbrot hat sich BASF ein neues ehrgeiziges Ziel gesetzt: „Wir wollen entlang der ganzen Wertschöpfungskette zusammenarbeiten“, erklärt Michael Wagner, der den Bereich Nordeuropa bei Agricultural Solutions leitet.
Und das heißt: Vier Landwirte aus der Südpfalz lassen Freiflächen im Getreide, die den selten gewordenen Feldlerchen als „Start- und Landebahn“ dienen. Dort wird nicht ausgesät. Der so auf rund 40 Hektar angebaut Winterweizen wird zur Walter-Mühle in Böhl-Iggelheim gebracht. Die liefert das Mehl daraus an die Ludwigshafener Großbäckerei Görtz, die davon das Lerchenbrot backt – und in 185 Filialen verkauft. 10 Cent teurer als sonst ist das Brot.
Ein Großteil des Mehrerlöses geht an die Landwirte, die ja für die Lerchenfenster auf Ertrag verzichtet haben. „Ich wollte endlich mit den Endkunden in Kontakt kommen, sagt einer von ihnen. Dominik Bellaire bewirtschaftet in Neupotz (Kreis Germersheim) einen Hof. Er wolle eine Chance haben, den Verbrauchern seine Arbeit zu erklären – auch warum und mit welcher Sorgfalt er Pflanzenschutzmittel einsetze. Bäckerei-Inhaber Peter Görtz hofft, im ersten Jahr täglich 3000 bis 6000 Lerchenbrote zu verkaufen. „Ich glaube fest daran, dass die Kunden das annehmen.“ Dann würde er sein Sortiment entsprechend erweitern. „Es geht darum, ein ökonomisches Modell zu entwickeln, dass auch anderen Landwirten Anreize zu mehr Biodiversität bringt“, erklärt BASF-Manager Wagner. So will der Konzern das Pilotprojekt auf mehrere Regionen in Deutschland ausweiten. Auch bei weiteren Produkten, zum Beispiel Fertigpizzen, Pommes oder Apfelsaft soll das Modell Anwendung finden.
Apps helfen bei der Flächensuche
BASF unterstützt die Südpfälzer Landwirte auch mit digitalen BASF-Produkten, genannt Digital Farming. Spezielle Apps nutzen zum Beispiel Satellitenaufnahmen und können berechnen, welche Flächen sich als Lerchenfelder eignen, weil sie ungünstig liegen oder sowieso wenig Ertrag bringen. Die Digitalisierung der Landwirtschaft helfe, Ressourcen zu sparen, so Wagner.
900 Millionen Euro hat BASF 2019 in Forschung für die Landwirtschaft investiert. Die digitalen Produkte zählt Wagner ebenso zu nachhaltigen BASF-Innovationen wie eine Reihe neuer Wirkstoffe. So wurde ein Unkrautmittel entwickelt, dass zur Hälfte aus nachwachsenden Rohstoffen besteht, etwa Baumharz. Ob solche Projekte und Neu-Entwicklungen den öffentlichen Druck von der Branche nehmen können? Das werden erst die nächsten Jahre zeigen. In den nächsten Monaten wird sich auch entscheiden, ob das Lerchenbrot bei Kunden ankommt. .
Saatgut und Pflanzenschutz
- Die BASF-Sparte Agricultural Solutions entwickelt und verkauft Saatgut und Pflanzenschutzprodukte, etwa zur Bekämpfung von Schädlingen, Pilzen oder Unkraut.
- Der Unternehmensbereich erzielte 2019 einen Umsatz von 7,8 Milliarden Euro.
- 2018 hat BASF von Bayer die Saatgutsparte und auch den Bereich Digitalfarming, also Digitalisierungsangebote für Landwirte, übernommen.
- Derzeit prüft BASF eine Beteiligung an einem 400 Millionen Dollar teuren Vergleich, den Bayer ausgehandelt hatte. Es geht um Schadenersatz-Klagen in den USA wegen des Unkrautvernichter Dicamba.
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