Preise - Teuerung im September bei 4,1 Prozent / Ökonomen sehen weiterhin keine langfristig anhaltende Entwicklung

Inflationsrate springt über vier Prozent

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Rolf Obertreis
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Energie wird für Verbraucher teurer und teurer: Die Preise für Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas stiegen im vergangenen Monat um 14,3 Prozent. © dpa

Frankfurt. Das Leben in Deutschland hat sich im September erstmals seit Dezember 1993 wieder einmal um mehr als vier Prozent verteuert. Nach ersten Schätzungen des Statistischen Bundesamtes lag die Inflationsrate im abgelaufenen Monat im Vergleich zum September 2020 bei 4,1 Prozent. Im Juli waren es 3,8, im August 3,9 Prozent, im vergangenen Jahr war die Rate zeitweise negativ.

Vor allem wegen wahrscheinlich weiter steigender Energiepreise rechnen Volkswirte wie auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann bis Jahresende mit einem weiteren Anstieg der Inflationsrate auf bis zu fünf Prozent. Im Dezember 1993 waren die Preise vor allem wegen des anhaltenden Wirtschaftsaufschwungs nach der Wiedervereinigung um 4,3 Prozent gestiegen.

Preistreiber waren im September vor allem Energie. Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas verteuerten sich um 14,3 Prozent und damit noch einmal deutlich stärker als im Juli und August, als es um 11,6 und 12,6 Prozent nach oben gegangen war. Für Nahrungsmittel mussten Verbraucherinnen und Verbraucher 4,9 Prozent mehr bezahlen, ein etwas stärkerer Anstieg als im August mit 4,6 Prozent. Detaillierte Zahlen nennen die Statistiker am 13. Oktober.

„Lagerbestände leergefegt“

„Bei Kohle- und Erdgas zum Beispiel gibt es eine Verknappung und Lieferprobleme vonseiten Russlands und Norwegens. Dazu hat der kalte zurückliegende Winter Lagerbestände leergefegt, und die Windenergie erleidet eine wetterbedingte Flaute“, sagt Fritzi Köhler-Geib, Chef-Volkwirtin der Förderbank KfW.

Deshalb sei es wahrscheinlich, dass die Energiepreise bis Ende des Jahres hoch bleiben und vor allem die Gas- und Stromkomponenten diese stark ansteigen lassen. „Entwarnung zeichnet sich kurzfristig nicht ab: Steigende Öl-, Gas und Strompreise werden die Inflationsrate weiter nach oben treiben, selbst die Fünf-Prozent-Marke könnte im Raum stehen“, sagt Ulrike Kastens, Volkswirtin der Deutsche Bank-Tochter DWS.

Allerdings spielen nach wie vor Basiseffekte bei der Preisentwicklung eine wichtige Rolle. Der Ölpreis war in Folge der Corona-Pandemie im vergangenen Sommer massiv gefallen. Zudem hatte die Bundesregierung die Mehrwertsteuer im zweiten Halbjahr 2020 gesenkt. Seit Jahresanfang gelten wieder die üblichen Sätze. Schließlich gilt seit Jahresanfang eine CO2-Abgabe.

Die Preise könnten auch durch einen anderen Grund weiter steigen, glaubt Commerzbank-Chef-Volkswirte Jörg Krämer. „Die Unternehmen haben den gewaltigen Kostenschub durch gestiegene Materialkosten noch nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben.“ Damit könnten sich auch die aktuellen Lieferengpässe und Knappheiten auf die Preise auswirken.

„Vor allem der Energiepreisschock kostet Kaufkraft und tut vielen Haushalten weh. Auf eine lange Zeit derart hoher Inflationsraten werden sich die Bürger trotzdem nicht einstellen müssen. Denn im Laufe des nächsten Jahres werden die Basiseffekte verschwinden und die Inflationsraten fallen“, ist Jörg Zeuner, Chef-Ökonom der Fondsgesellschaft Union Investment überzeugt.

Korrespondent Seit mehr als 20 Jahren arbeite ich für den Mannheimer Morgen und für andere wichtige Regionalzeitungen wie den Tagesspiegel/Berlin, die Badische Zeitung/Freiburg, die Südwest Presse/Ulm und den Münchener Merkur als Wirtschaftskorrespondent in Frankfurt. Banken, Europäische Zentralbank, Bundesbank, Börse und in Frankfurt ansässige Unternehmen wie Lufthansa und auch Verbände wie der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA zählen zu meinen Schwerpunkten. Daneben auch die Luftfahrt. Zudem befasse ich mich über die KfW Bankengruppe und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit Fragen der Entwicklungszusammenarbeit.

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