Ratgeber

Immobilie vererben: Das müssen Sie wissen

Bei der Erbschaftsteuer auf Eigentumswohnungen oder Häuser ist der Staat oft erstaunlich großzügig. Was Eigentümer beachten sollten.

Von 
Hannes Koch
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Wenn eine Eigentumswohnung oder ein Haus vererbt werden sollen, ist es aus Expertensicht immer hilfreich, wenn Eltern und Kinder eine gemeinsame Lösung finden. © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Berlin. Fast die Hälfte der deutschen Privathaushalte lebt im Eigentum. Diesen Personen gehören die Wohnungen und Häuser, die sie bewohnen. Das bedeutet auch: Ihre Kinder erben die Immobilien eines Tages. So werden Millionen Häuser in den kommenden Jahren den Besitzer wechseln. Wobei erben einfach oder kompliziert, teuer oder günstig sein kann. Dieser Ratgeber zeigt, dass rechtzeitige Planung hilfreich und der Staat bei der Erbschaftsteuer vielfach erstaunlich großzügig ist.

Der Wert der Immobilie

Wie viel die Wohnung oder das Haus wert ist, spielt eine Rolle bei der Berechnung der etwaigen Steuer, die das Finanzamt beansprucht. Entscheidend ist der Verkehrswert, zu dem man die Immobilie tatsächlich verkaufen könnte. Um diesen festzustellen, gibt es mehrere Methoden, zum Beispiel das Vergleichswertverfahren. Dabei schaut man sich an, was ähnliche Immobilien in ähnlicher Lage kosten. Die Größenordnung zu kennen, ist für Erblasser und Erben schon zur Vorbereitung wichtig. Das Finanzamt legt den Verkehrswert schließlich fest. Erscheint er zu hoch, muss man ein Gutachten mit einem niedrigeren Wert einreichen.

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Von
Timo Schmidhuber und Walter Serif
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Testament unter Eheleuten

Ein nicht seltener Fall kann so aussehen: Die Ehepartner wohnen gemeinsam in einer Eigentumswohnung mit 120 Quadratmetern Fläche. Diese liegt in der Berliner, Frankfurter oder einer anderen Innenstadt und ist zum Beispiel rund 700 000 Euro wert. Wenn der Mann stirbt, die Frau aber noch zehn Jahre oder länger dort wohnen bleibt, braucht sie keine Erbschaftsteuer zu zahlen. Dieser Übergang lässt sich testamentarisch regeln - etwa mit dem sogenannten Berliner Testament: Die Eheleute setzen sich dabei gegenseitig als Alleinerben ein, und die Kinder erben erst, wenn beide verstorben sind. „Um das gut hinzubekommen, sollte man sich rechtzeitig Gedanken über die Zukunft machen“, rät der Berliner Anwalt Daniel Steltzer, ein Spezialist für Erbrecht. „Und hilfreich ist es, wenn die Eltern mit den Kindern eine gemeinsame Lösung finden.“

Wenn die Witwe stirbt

Verscheidet auch der zweite Elternteil, kann eine gemeinsame Tochter, sofern sie die alleinige Erbin ist, die Wohnung ebenfalls steuerfrei übernehmen. Voraussetzung: Sie zieht innerhalb von sechs Monaten selbst dort ein und nutzt sie mindestens zehn Jahre als Hauptwohnsitz. „Diese Regel gilt allerdings nur, wenn die Wohnfläche maximal 200 Quadratmeter beträgt“, betont Jörg Leine, Steuer-Experte beim Verbraucher-Portal Finanztip. Unter anderem auf dessen Internetseite finden sich umfangreiche Informationen zum Thema.

Wann Steuer fällig wird

Wohnt die einzige Tochter hingegen woanders und vermietet die elterliche Wohnung, muss sie in bestimmten Fällen Erbschaftsteuer entrichten. Das rechnet sich im vorliegenden Beispiel so: Als leibliches Kind der Erblasser kann sie einen Freibetrag von 400 000 Euro in Anspruch nehmen, der vom Verkehrswert der Immobilie abgezogen wird. Die verbleibenden 300 000 Euro muss sie mit elf Prozent versteuern, was auf eine Erbschaftsteuer von 33 000 Euro hinausläuft. Dabei kann das Lebensalter die Höhe der Steuer etwas beeinflussen.

Grundsätzlich werden die Freibeträge kleiner, je indirekter die Verwandtschaft zwischen Verstorbenen und Erben ist. So können Enkel in manchen Fällen nur noch 200 000 Euro Freibetrag beanspruchen, Urenkel 100 000, Geschwister 20 000 Euro. Und die Steuersätze steigen mit dem Verkehrswert der Immobilie. Diese Abgabe zu finanzieren ist nicht immer einfach. Eine Variante besteht darin, dass die Erbin einen Kredit aufnimmt und eine Hypothek auf die geerbte Immobilie ins Grundbuch eintragen lässt. Möglicherweise kann sie den Kredit dann durch die Mieteinnahmen bedienen und tilgen.

Wie es bei zwei Kindern aussieht

Haben die verstorbenen Eheleute eine Tochter und einen Sohn, die beide nicht in der Wohnung leben wollen, könnten diese die Immobilie ebenso steuerfrei erben. Denn sowohl die Tochter als auch der Sohn hat Anspruch auf einen eigenen Freibetrag von 400 000 Euro. Die übersteigen jeweils die Hälfte des vererbten Wertes. Die Steuer kann also null betragen.

Mehrere Wohnungen

Wenn die Eltern geschieden waren, lebten sie wohl getrennt voneinander in den jeweils eigenen vier Wänden. Unterstellt, beide Wohnungen wären jeweils 700 000 Euro wert, und die einzige Tochter erbte erst die eine, dann die andere, könnte sie ihren Freibetrag von 400 000 Euro zwei Mal nutzen. Denn es handelt sich um zwei verschiedene Erbfälle. In beiden Fällen reduzierte sich das zu versteuernde Erbe auf 300 000 Euro. Es würden damit zweimal 33 000 Euro Steuer fällig. Hinterlassen die geschiedenen Eltern dagegen zwei Kinder, können diese zusammen beide Wohnungen steuerfrei erben. Denn beide dürfen ihre Freibeträge jeweils zwei Mal abziehen, wodurch der komplette Wert beider Immobilien steuerlich neutralisiert wird.

Gemeinsames Erbe

Im zuletzt geschilderten Fall gehören den beiden Geschwistern die Wohnungen dann allerdings gemeinsam. Wenn beide dieselben Interessen verfolgen, mag das in Zukunft friedlich ablaufen. Andererseits sind Konflikte nicht ausgeschlossen: Vielleicht braucht der Eine später Geld und will verkaufen, die Andere hingegen nicht. Daher ist es zu erwägen, per Testament eine Lösung finden, bei der zum Beispiel die Tochter die eine Wohnung und der Sohn die andere komplett übernimmt.

Vererben oder verschenken

Daneben gibt es weitere, für Erben großzügige Regelungen, die auf anderem Weg die Steuer ersparen, die sonst zu zahlen wäre. Eine Variante besteht in der Schenkung der Immobilie schon zu Lebzeiten der Eltern, einer Art vorgezogenen Erbes. So können die Eheleute ihrer einzigen Tochter beispielsweise die Hälfte der 700 000 Euro-Wohnung schenken. Steuer wird nicht fällig, denn der Freibetrag der Tochter von 400 000 Euro, der auch in diesem Fall gilt, deckt das ab. Später darf man den Akt der Schenkung wiederholen, wodurch dank der dabei gestatteten, abermaligen Nutzung des Freibetrages auch die zweite Hälfte der Immobilie steuerfrei die Besitzerin wechselt. Mit dieser Variante ist im Übrigen der Vorteil verbunden, dass die Erbin die elterliche Wohnung nicht selbst zu nutzen braucht, um die Steuerfreiheit zu erreichen. Mit dem gleichen Verfahren könnte die Tochter auch die beiden Wohnungen ihrer geschiedenen Eltern erhalten, ohne Geld ans Finanzamt abführen zu müssen (zweimal zwei Freibeträge).

Wohnrecht der Eltern

Die Erblasser sollten aber auch ihre eigenen Interessen im Auge haben, rät Anwalt Steltzer. Im Falle der Schenkung werden sie sicher sein wollen, ihre Wohnung weiter nutzen zu können. Dafür erscheint es ratsam, beispielsweise ein lebenslanges Wohnrecht zu vereinbaren. Dieses sollte notariell abgesichert und ins Grundbuch eingetragen werden.

Korrespondent

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