Heizkosten

Holzpellet-Markt überhitzt wie nie

Nicht nur Gas ist extrem teuer, auch der Pelletpreis liegt auf Rekordniveau: Seit August 2021 hat er sich fast verdreifacht. Lohnt sich das Heizen damit noch? Dazu nimmt DEPV-Geschäftsführer Martin Bentele Stellung

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Alle reden über Gas und Öl. Wer eine Pelletheizung besitzt, konnte in der aktuellen Krise kurz denken, er oder sie sei fein raus. Inzwischen fühlt sich das Timing des Kaufs von Holzpellets fast so an wie Spekulieren an der Börse. Wer im März 2022 für den Rekordpreis von rund 350 Euro pro Tonne nur wenig bestellt hat, hat sich verspekuliert. Weder endete der Ukraine-Krieg schnell, noch lohnte sich das Warten auf die üblichen Sommerrabatte. Im Gegenteil: Jetzt im August werden laut frischen Zahlen des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbands (DEPV) im Bundesdurchschnitt 682,98 Euro pro Tonne fällig, wenn sechs Tonnen abgenommen werden. Das seien 34,5 Prozent mehr als im Vormonat und 194,4 Prozent mehr als im August 2021. Umgerechnet auf die Wärmebereitstellung entspricht das 13,66 Cent pro Kilowattstunde – was weiterhin günstiger ist als Öl oder Gas (siehe Grafik des DEPV. Was verursacht die Preisrallye, wie geht es weiter, und warum kann sich die im Vergleich zu Gas kostspieligere Anschaffung einer Pelletheizung noch lohnen? Diese Fragen beantwortet DEPV-Geschäftsführer Martin Bentele.

Herr Bentele, der Pelletpreis war jahrelang sehr stabil bei rund 200 Euro pro Tonne. Jetzt eilt er von Rekord zu Rekord: Seit August 2021 hat sich der Preis etwa verdreifacht. Woran liegt das?

Martin Bentele: Die kriegsbedingte Gaskrise hat eine sehr hohe Nachfrage ausgelöst, die nicht vorhersehbar war und zu einem unkontrollierten Marktwachstum geführt hat – was in dieser Form bislang unbekannt war. Zusätzlich angeheizt wurde diese Entwicklung durch ein außergewöhnlich starkes Bevorratungsverhalten der Menschen.

Haben Sie eine Erklärung, warum die Leute hamstern? Das ist ja auch eine Platzfrage…

Bentele: Das ist kein pelletspezifisches Verhalten, sondern durch die Politik geschürte Angst vor Energieknappheit und kalten Zimmern. Mehr als das Lager voll machen kann man nicht, da haben Sie recht. Aber viele Verbraucher stellen sich auch noch eine Palette Sackware in die Garage oder in den Keller. Ich persönlich würde von einer solchen Vorgehensweise abraten.

Der Deutsche Energieholz- und Pellet-Verband

  • Der Deutsche Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV) vertritt als Bundesverband rund 180 Mitgliedsunternehmen. Diese decken die gesamte Wertschöpfungskette ab: von der Brennstoffproduktion und -logistik bis hin zu Herstellung und Vertrieb von Feuerungstechnik sowie Zubehör rund um die Pelletlagerung und Dienstleister.
  • Seit 1. Juli 2007 ist Diplom-Forstwirt Martin Bentele Geschäftsführer beim DEPV. Seit 2008 ist er auch Geschäftsführer des Tochterunternehmens Deutsches Pelletinstitut GmbH (DEPI). Als Geschäftsführer der Forstkammer Baden-Württemberg (1997-2007) sammelte er Wissen in der Forst- und Holzbranche. Vorher war er parlamentarischer Berater der CDU-Landtagsfraktion unter Günther Oettinger.

 

Kommen auch Neukunden dazu, die aus Gas und Öl flüchten, ohne auf Wärmepumpen warten zu wollen?

Bentele: Der unkontrollierte Zuwachs kommt zum Großteil durch Gaskunden. Die haben sich in der Vergangenheit eher keine Pelletheizung zugelegt, weil sie dann Lagerraum hätten bereit stellen müssen. Sie warten gerade auf die Installation jeder Heizung schätzungsweise mindestens ein halbes Jahr.

Wer in diesem Frühjahr seinen Pelletbehälter nur zum Teil gefüllt hat, weil er den Preis als zu hoch empfand, hat sich massiv verkalkuliert. Müssen Kunden jetzt Instinkte wie Börsianer entwickeln?

Bentele: Nein, der Pelletpreis hat keine Spekulationselemente, sondern ist alleine vom Restholzpreis sowie der zu Herstellung und Transport notwendigen Energie abhängig.

Je nach Größe des Lagerraums und abhängig von der Witterung brauchen Kunden pro Jahr meist eine große Pelletladung, die man am Besten in die Zeit der Sommerrabatte legt, und eine kleinere am Ende des Winters. Mit Rabatten ist wohl länger nicht zu rechnen, was raten Sie konkret? Zum jetzigen Rekordpreis wenig kaufen und auf billigere Pellets im Winter hoffen?

Bentele: Ich bin kein Hellseher, aber wenn man die maue Baukonjunktur sieht, was die Aktivität der Sägewerke beeinflusst und damit auch den Anfall von Spänen, rechne ich dieses Jahr nicht mehr mit einem starken Rückgang der Preise.

Vereinzelt hört man von Lieferschwierigkeiten. Kann es passieren, dass man im Winter ganz ohne Pellets dasteht?

Bentele: Es stimmt, dass man aktuell rund vier Wochen auf eine Lieferung warten muss. Davon, dass es im Winter keine Pellets gibt, gehe ich nicht aus.

Pellets sind eigentlich keine Mangelware, da sie zum Großteil aus Holzabfällen gepresst werden – oder gilt das nicht mehr?

Bentele: Sie waren noch nie Mangelware, da Deutschland europaweit die höchste Sägewerksdichte hat und Pellets aus den beim Einsägen anfallenden Spänen hergestellt werden. Die Menge dieses sogenannten Sägerestholzes ist jedoch von der Baukonjunktur abhängig, die die Sägewerksaktivität bestimmt. Bauholz ist das Hauptprodukt im Sägewerk und Pellets „nur“ das Nebenprodukt.

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In unserer Region zwischen Nordbaden, Südhessen und Südostpfalz soll die Lage etwas angespannter sein, weil einzelne Sägewerke mit den Folgen von Bränden kämpfen. Wie lange wirkt sich das aus?

Bentele: Pellets sind anders als Holzhackschnitzel kein lokales Produkt, sondern ein regionales. In Sägewerken kommt es, vor allem bei der aktuellen Witterung, immer wieder zu Bränden, so zum Beispiel kürzlich in einem Werk in Offenbach.

Die Heizkosten mit Pellets lagen im Durchschnitt in der Regel 30 Prozent unter denen der fossilen Brennstoffe. Bleibt das auch bei den massiv höheren Preisen so, weil Gas noch viel teurer wird?

Bentele: Pellets sind ein Produkt auf Basis heimischer Resthölzer und nicht von Spekulationselementen beeinflusst. Der Pelletpreis war im letzten Jahrzehnt von einer geringen Dynamik geprägt. Die durchschnittliche jährliche Preissteigerung von 2012 bis 2021 lag bei nur 0,24 Prozent; inflationsbereinigt war sogar ein Preisrückgang von 1,44 Prozent zu verzeichnen. Während dieses Zeitraums gab es teilweise deutliche Preissteigerungen bei Öl und Gas, ohne dass der Pelletpreis hierauf reagiert hätte. Einen direkten Zusammenhang zwischen der Preisentwicklung von Pellets und fossilen Brennstoffen gibt es nicht.

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Pelletheizungen werden weiterhin staatlich gefördert. Lohnt sich die –kostspieligere – Anschaffung auch auf dem aktuellen Preisniveau?

Bentele: Da der Staat beim Austausch einer fossilen durch eine Pelletheizung 20 Prozent der Investitionskosten übernimmt und die Betriebskosten nach meiner Einschätzung weiterhin unter den fossilen Energien bleiben, lohnt es sich.

Die ökologischen Argumente für das Heizen mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz und seiner neutralen CO2-Bilanz wird relativiert durch erhöhten Feinstaub-Ausstoß. Wie sehr fällt das ins Gewicht?

Bentele: Pelletheizungen erfüllen in der Regel problemlos die strengen gesetzlichen Luftreinhalteanforderungen, die vom Schornsteinfeger zweijährlich in der Praxis gemessen werden. Pelletfeuerungen verursachen nur 0,3 Prozent der gesamten Feinstaubemissionen in Deutschland.

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