Lebensmittel

Hockenheimer Leberwurst-Hersteller Cornelius will der Krise trotzen

Corona-Folgen, massiv verteuerte Energie und Rohstoffe, zunehmende Regulierung: Trotz großer Herausforderungen sieht sich der Familienbetrieb für die Zukunft gut gerüstet

Von 
Sabine Rößing
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Pfälzer Leberwurst ist das erfolgreichste Produkt bei Cornelius. © Cornelius

Hockenheim. Peter Cornelius denkt eigentlich immer nach vorne. Temperamentvoll, anpackend, lösungsorientiert. Bereits in dritter Generation führt er den gleichnamigen Hockenheimer Produzenten deftiger Pfälzer Wurstspezialitäten. Unternehmer ist er aus Leidenschaft. Im Augenblick allerdings, sagt er, fühle sich das Führen eines Betriebes eher an wie die Einfahrt in einen dunklen Tunnel: Wann es wieder hell wird, ist ungewiss.

Mit einem Umsatz von sieben Millionen Euro im vergangenen Jahr zählt Cornelius in seinem Segment zu den Marktführern. In seiner Branche gebe es noch viele familiengeführte Klein- und Mittelbetriebe, sagt Cornelius. Typische Cornelius-Produkte sind Kalbsleberwurst, Zwiebelwurst und regionale Spezialitäten wie Sau- oder Schwartenmagen oder Leberknödel.

Sein Unternehmen sei gut aufgestellt, auch für schwierige Rahmenbedingen. Gut geführte Betriebe seien durchaus in der Lage, auch einmal eine Krise durchzustehen. Doch es sei die Vielzahl der Probleme und drohenden Katastrophen, die im Augenblick zermürbt und selbst kerngesunde Betriebe an ihre Grenzen bringt: Pandemie, fragile Lieferketten, Preissprünge bei Energie, Transport, Rohwaren oder Gewürzen und zu alledem noch die Afrikanische Schweinepest, die den Export von Schweinefleisch empfindlich behindert.

Steigende Energiepreise und nachlassender Fleischverzehr

Wenn sich die Lage in den kommenden drei bis vier Monaten nicht deutlich verbessere, werde es im schlimmsten Fall jeder zweite Betrieb in dieser Branche nicht schaffen, sagt Cornelius. Steigende Preise, eine zunehmend schwierige Vermarktung und Wettbewerbsnachteile durch nationale Auflagen führten auch bei vielen Bauern zur Betriebsaufgabe, warnt auch der Bundesverband deutscher Wurst- und Schinkenproduzenten (BVWS).

„Anfang des Jahres habe ich 8000 Euro im Monat für Strom bezahlt - inzwischen hat sich der Wert beinahe vervierfacht“, rechnet Cornelius vor. Die Fleischindustrie braucht viel Energie: für Kühlung, Verarbeitung, Verpackung und Transport.

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Zu allem Übel wirken sich zunehmend die Folgen von Konsumveränderungen in der Gesellschaft aus, vor allem der nachlassende Fleischverzehr. Von 63,1 Kilogramm pro Person und Jahr in 2011 sank er auf heute 53 Kilo pro Person und Jahr.

Von der Politik, vor allem in der Hauptstadt, fühlen sich die Wursterzeuger alleingelassen. Dabei sei die Fleischwarenherstellung mit einem Umsatz von rund 18 Milliarden Euro der größte Bereich der Lebensmittelindustrie. Die Unternehmer verlangen, dass vor allem die Hauptstadtpolitik mehr zuhört. Themen gibt es jedenfalls eine Menge: die Reform der Haltungskennzeichnung, Fett- und Salzreduktion, neue Energiekonzepte.

Im Juni hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir Eckpunkte eines neuen Kennzeichnungsgesetzes vorgelegt. Die Planungen des Bundeslandwirtschaftsministers halte er noch nicht für ausgereift, sagt Cornelius. Es mangele an Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Kontrollmöglichkeiten und damit letztlich Vertrauen. Als eigenes Ziel nennt Cornelius die Umstellung des gesamten Angebots - mit Ausnahme eines kleinen Bio-Sortiments - auf die etwas strengere Haltungsstufe zwei, die den Schlachttieren bei der Aufzucht etwas mehr Bewegungsfreiheit zugesteht. Die aktuelle Krise rücke dieses Ziel allerdings in den Hintergrund.

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Tatjana Junker und Joana Rettig
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Auch vom mächtigen Lebensmittelhandel wünscht sich Cornelius „ein partnerschaftliches Miteinander“. Will sagen: Ohne Preiserhöhungen gehe es nicht. Um all die Effekte, mit denen er es aktuell zu tun habe, zu kompensieren, müsse er die Preise um 15 Prozent anheben, sagt Cornelius und macht zugleich deutlich, wie unrealistisch dieser Wunsch erscheint. Denn auch der Lebensmittelhandel kämpft mit massiv gestiegenen Kosten, die Verbraucher reagieren schon jetzt mit Konsumverzicht.

Bei allen Krisen und Problemen: Cornelius werde nicht zu den 50 Prozent der Betriebe gehören, die womöglich aufgeben müssen, betont der Unternehmer. Ein kleines, aberspezialisiertes Sortiment verbessere seine Wettbewerbslage ebenso wie gute Kostenstrukturen und eine loyale Belegschaft. Seinen 35 Mitarbeitern zahlte Cornelius zuletzt eine Lohnerhöhung, um die steigenden Lebenshaltungskosten etwas abzufedern. „Zur Not halten wir das alles auch zwei Jahre durch“, versichert Cornelius.

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