Rhein-Neckar. „Lieferengpässe haben wir nur wegen der Hamsterkäufe“, sagt Torsten Reimund, der dem Vorstand der Bäko Süd-West in Edingen-Neckarhausen angehört. Wegen des Krieges in der Ukraine ist einer der größten Weizenlieferanten weltweit ausgefallen. Deutschland habe als Selbstversorger nicht mit Engpässen zu rechnen, betont Reimund. Die Bäko habe als Zulieferer für Bäcker und Konditoren keine Schwierigkeiten, die Betriebe mit ausreichend Rohstoffen zu beliefern. Auch andere Unternehmen in der Metropolregion erklären, dass sie zum Großteil regional angebautes Getreide für ihre Produktion verwenden. An einer Preissteigerung werden die Verbraucherinnen und Verbraucher trotzdem nicht vorbeikommen.
Regale bereits leer
„Ohne Hamsterkäufe kommt es auch nicht zu Engpässen“, betont Reimund. Allerdings ist es hierfür bereits zu spät. Vielerorts sind die Regale in den Supermärkten bereits leergeräumt. „Wir konnten deshalb keine neuen Kunden aufnehmen, und unsere Bestandskunden durften nur die übliche Menge bestellen“, erklärt Reimund. Die Lager seien allerdings ausreichend befüllt, dass alle Menschen versorgt werden können. Neue Einkäufe seien zur Zeit teuer: „Seit Kriegsbeginn sind die Preise um 25 Prozent gestiegen.“ Diese Preissteigerung kann, wenn sich die Lage für die kommenden Bestellungen nicht verbessert, auch auf die Verbraucherinnen und Verbraucher zurückfallen. „Wir versuchen natürlich, die Preissteigerung weiterzugeben“, sagt Reimund, „sonst bleiben wir auf den Kosten sitzen.“
Energiekosten verdoppelt
Auch ein Sprecher der Hildebrandmühle in Mannheim sagt Preissteigerungen voraus - allerdings erst in einigen Wochen oder gar Monaten: „Die Preiserhöhung wird kommen, allerdings zeitverzögert.“ Die Mühle in Mannheim beziehe zwar keinen Weizen aus der Ukraine, allerdings bilde sich der Preis über den Weltmarkt. Dieser ist in den vergangenen Monaten rapide gestiegen. „Letztes Jahr kostete eine Tonne Hartweizen 330 Euro. Heute sind es 660 Euro“, sagt der Sprecher. Eingekauft werden die benötigten Rohstoffe jeweils zum Vertragsabschluss bis zu drei Jahre im Voraus. Für laufende Verträge mit beispielsweise Supermärkten müsse deshalb kein Getreide zu den derzeitigen Preisen gekauft werden. So seien auch die derzeitigen Verkaufspreise für Kundinnen und Kunden gesichert.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.
Die Mühle in Mannheim sei jedoch auch ein „Sonderfall“. Da diese Hartweizengrieß für die Nudelproduktion herstellt, sei sie von vorne herein nur mittelbar von dem Krieg in der Ukraine betroffen. Die höheren Kosten für Nudelprodukte oder Couscous kämen von den Dürren und schlechten Ernten in Frankreich und Kanada in den vergangenen Jahren. Bei Hartweizen reiche die deutsche Produktion nicht für die Selbstversorgung aus, weshalb importiert werden muss. „Frachtkosten sind jetzt allerdings wegen des Krieges um 25 Prozent gestiegen. Die Energiekosten haben sich teilweise verdoppelt“, erklärt er. Auch diese hätten einen Einfluss auf die Endkosten für Verbraucherinnen und Verbraucher. Wie hoch diese Kosten im Endeffekt ausfallen werden, sei bisher ungewiss. Das entscheide sich erst in einigen Wochen.
Auch Bier werde teurer, berichtet Klaus Wunderlich, Geschäftsleiter der Herbsthäuser Brauerei in Bad Mergentheim-Herbsthausen. „Bei der Menge an Braugerste haben wir überhaupt kein Problem. Aber die Preise sind extrem explodiert“, erklärt er. Was Braugerste angeht, sei Deutschland kein Selbstversorger. Importiert werde allerdings aus Frankreich, Dänemark oder Polen - die Ukraine habe, wenn überhaupt, nur kleine Mengen an Deutschland verkauft. Dort werde im Übrigen auch nur wenig Braugerste angebaut. Die hohen Kosten kommen daher, dass Düngemittel, die sonst aus der Ukraine importiert werden, knapp werden.
Preissteigerung im Herbst
Noch werden die Verbraucherinnen und Verbraucher wenig von den Kostensteigerungen spüren, erklärt Wunderlich. Derzeit werden die Verträge für das kommende Jahr ausgehandelt. „Das ist zur Zeit ein Lotteriespiel“, kommentiert der Geschäftsführer. Niemand wisse, wie sich die Preise in den kommenden Wochen entwickeln. „Im Herbst wird die Preiserhöhung aber auch bei den Verbrauchern ankommen“, sagt Wunderlich voraus. Wie hoch diese ausfalle, könne derzeit allerdings nicht bestimmt werden.
Nicht von dem Mangel an Düngemitteln betroffen ist das Unternehmen Alnatura aus Darmstadt. „Die Preissteigerungen für chemisch-synthetische Pestizide betreffen uns nicht, da diese im Bio-Landbau nicht eingesetzt werden“, heißt es von einer Sprecherin. Auch Rohstoffe aus der Ukraine seien nur in einigen Produkten und nur in geringen Mengen enthalten. „Hier prüfen unsere Herstellerpartner, wie lange die Lagerbestände reichen und ob sie gegebenenfalls auf alternative Herkünfte ausweichen müssen“, heißt es weiter. Betroffen seien beispielsweise Hirse und Rapsöl.
Sonnenblumenöl wird knapp
Im Gegensatz zum Mehl werde es bei Sonnenblumenöl zu Engpässen kommen. Das teilt der Verband der Ölsaaten-Verarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) mit. In Deutschland werde nur sechs Prozent des Verbrauchs der Deutschen hergestellt. Die Ukraine vertreibe dagegen 51 Prozent des weltweiten Exportvolumens - Russland 27 Prozent. Deshalb seien die Rohstoffe in den kommenden Wochen nur schwer zu ersetzen, heißt es von OVID. Auch Raps, Soja und Lein könnten knapp werden.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/wirtschaft_artikel,-wirtschaft-hamsterkaeufe-sorgen-fuer-engpaesse-in-mannheim-und-der-region-_arid,1927171.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/edingen-neckarhausen.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html