Technologie - Das Mannheimer IT-Beratungshaus PTA will neue Möglichkeiten der Kunden-Kommunikation etablieren

"Hallo, ich bin Alex" - Mannheimer Firma entwickelt Beratungs-Avatar

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Alexander Jungert
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Alex ist ein Avatar. Sie soll etwa Versicherungskunden im Internet individuell zugeschnittene Informationen geben. © PTA

Mannheim. „Hallo, ich bin Alex, ein Avatar.“ Freundlich und mit sanfter Stimme stellt sich die Dame in Schwarz vor. Alex will Kunden individuell ansprechen. Ihre Gestalt kann sie jederzeit ändern. Genauso wie ihre Sprache.

Alex ist ein Avatar - also eine künstliche, digitale Figur - aus dem Videoberatungsassistenten „Nexovi“ des Mannheimer IT-Beratungshauses PTA. Die Anwendung lässt sich zum Beispiel in die Internetseite eines Versicherers oder Energieversorgers einbinden. Ein Videoavatar begleitet dann die Kundschaft bei der Auswahl eines neuen Tarifs und/oder beim Vertragsabschluss. Vor allem bei Geschäftsabläufen, die nicht intuitiv seien und Erklärungen erfordern, würden die Stärken am meisten ausgespielt, sagt Tim Walleyo (kleines Bild), Geschäftsführer von PTA. „Man bekommt eine emotionale Bindung.“

Marktbeobachter rechnen damit, dass Avatare neben klassischen Chats künftig immer häufiger zum Einsatz kommen. Sie sollen eine neue Form des Vertriebs ermöglichen. Demnach entscheidet der Kunde, über was er sich informieren möchte. Egal von wo aus und wann, denn ein Avatar ist 24 Stunden sieben Tage die Woche erreichbar. Fragen können so oft wie gewünscht gestellt werden. Ein Avatar wird niemals ungeduldig.

  • PTA (Programmier-Technische Arbeiten GmbH), 1969 in Mannheim gegründet, gehört nach eigenen Angaben zu den ältesten IT-Beratungshäusern Deutschlands.
  • Das Unternehmen hat insgesamt zwölf Standorte in Deutschland und in der Schweiz, die Mannheimer Zentrale befindet sich in der alten Post in der Schwetzingerstadt.
  • Rund 350 Beschäftigte arbeiten für das Unternehmen, 120 davon in Mannheim. Die etwa 500 Kunden kommen hauptsächlich aus der Versicherungswirtschaft, der Medizintechnik und der Energiebranche.
  • Das Unternehmen ist in Familienbesitz.

Emotionale Faktoren wie das Kauferlebnis spielen eine entscheidende Rolle. Fachleute bezeichnen dieses Marktsegment als Customer Experience. „Das ist etwas ganz anderes, als wenn Sie sich auf einer Webseite nur durch Text klicken“, sagt Walleyo.

Modulierung der Stimme

Durch neue Technologien sollen Avatare in Zukunft lebensechter wirken. Mithilfe Künstlicher Intelligenz und Massendaten (Big Data) sollen sie auf immer mehr Informationen zurückgreifen und selbstständig lernen. Neu ist auch, dass sie durch Modulierung der Stimme sowie Mimik und Gestik Emotionen ausdrücken können. Bestenfalls erkennt der Avatar den Kunden sofort, nachdem er sich mit Benutzernamen und Kennwort angemeldet hat. Entsprechend weiß der digitale Assistent auch über die Vorlieben Bescheid.

Hinter den Avataren stecken Schauspielerinnen und Schauspieler - oder auch Vertreter eines Unternehmens. Sie werden gefilmt, während sie ein paar Zeilen Text sprechen. Daraus entstehen die Avatare. Das Gesprochene und die Gestik werden durch Algorithmen berechnet. Dafür gibt es sozusagen ein Drehbuch. Die Avatare können 60 Sprachen. Sie sehen europäisch aus oder asiatisch, haben helle Haut oder dunkle. Je nachdem, wie sich etwa Versicherungskunden in einem bestimmten Umfeld am besten ansprechen lassen.

Tim Walleyo, Geschäftsführer PTA Mannheim © MICHAEL GEIPEL

Wie viel Geld PTA in die Technologie investiert hat, verrät Walleyo nicht. Das Team besteht aus rund zehn Beschäftigten, „Nexovi“ gibt es seit zwei Jahren und wurde ursprünglich gemeinsam mit einem Start-up entwickelt. Bundesweit und in der Region hat das IT-Beratungshaus bereits Projekte auf den Weg gebracht. Wer die Internetseite der Pfalzwerke besucht, findet digitale Beratungsassistenz, ebenso bei der Sparkasse Rhein-Neckar Nord. Dort erklärt ein Avatar auf ukrainisch, was geflüchtete Menschen bei der Nutzung eines Girokontos beachten müssen. Bei der BKK Pfalz erhalten Kunden Hilfe beim Antrag einer Pflegeversicherung.

Positive Resonanz

Wie kommt das an? Interagieren Menschen nicht lieber mit anderen Menschen? Aussagen dazu liefert eine Studie mit rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich online von einem Avatar zu einer Autoversicherung beraten ließen. Erhoben hat die Studie ein Autohersteller aus dem Premium-Segment.

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Die Akzeptanz ist unter allen Befragten überdurchschnittlich hoch, unabhängig von Alter und Geschlecht. Abweichungen gibt es dennoch: Laut Studie bewerten jüngere Kunden zwischen 18 und 40 Jahren den digitalen Videoberatungsassistenten positiver als Kunden in der Alterskohorte der über 41-Jährigen. Frauen kommen mit dem Videoberatungsassistenten eine Spur besser klar. Ein durchweg negatives Nutzererlebnis attestierten lediglich vier Teilnehmer der gesamten Studie.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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