Wirtschaft

Großbank J.P. Morgan will auf den deutschen Privatkundenmarkt

Ab dem zweiten Quartal will die US-Großbank J.P. Morgan Chase in Deutschland mit ihrer digitalen Privatkundenbank Chase an den Markt. Das ist geplant.

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Sabine Rößing
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Die US-Großbank J.P. Morgan, die ihre Deutschland-Zentrale in Frankfurt hat, will ins deutsche Privatkundengeschäft vordringen. © Frank Rumpenhorst/dpa

Frankfurt. Ausgerechnet mit einem Sparkonto will die namhafte US-Großbank J.P. Morgan Chase in das Geschäft mit deutschen Privatkunden einsteigen. Im Wettbewerb um die Spargroschen erscheint somit ein gewichtiger Wettbewerber, der es sich leisten kann, in gute Konditionen zu investieren.

Mehrmals angekündigt, jetzt soll es bald so weit sein: Ab dem zweiten Quartal 2026 will die US-Großbank J.P. Morgan Chase in Deutschland mit ihrer digitalen Privatkundenbank Chase an den Markt: „Wir starten mit einem Tagesgeldkonto, weil wir in Deutschland eine ausgeprägte Sparkultur, eine wachsende Kundennachfrage und einen innovationsfreudigen Markt vorfinden“, verkündet der verantwortliche Manager Daniel Llano Manibardo.

Chase solle rein App-basiert sein, über eine deutsche Banklizenz verfügen und Mitglied in der deutschen Einlagensicherung sein. Das Angebot werde schrittweise ausgebaut. Bis Ende 2025 soll eine Zentrale in Berlin eröffnen.

J.P. Morgan: Deutschland soll nach Großbritannien der wichtigste Auslandsmarkt werden

In anderen Geschäftsfeldern ist die US-Bank mit dem großen Namen schon lange am deutschen Markt vertreten und betreut vor allem Unternehmen und vermögende Kunden. Nach den Plänen soll Deutschland für die neue Direktbank der zweitwichtigste Auslandsmarkt nach Großbritannien werden.

„Deutschland ist der größte Retailmarkt in Europa mit einem großen Einlagenvolumen“, sagt Christian Hartmann von Roland Berger. Das mache den Markt trotz eines intensiven Wettbewerbs interessant. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank legen die Deutschen mehr als ein Drittel des Brutto-Geldvermögens in Girokonten und Sichteinlagen an. Entsprechend hart ist der Wettbewerb um private Sparkonten. Das drückt die Margen.

J.P. Morgan

Die US-Bank J.P. Morgan wurde im 19. Jahrhundert gegründet von dem legendären Bankier John Pierpont Morgan.

Im Jahr 2000 fusionierte die Bank mit der Chase Manhattan Bank zur heutigen JP Morgan Chase & Co. , mit Sitz in New York.

Sie ist heute die größte Bank der USA und zählt zu den größten börsennotierten Unternehmen weltweit.

Auch in Deutschland hat sie eine lange Geschichte: 1924 bereits eröffnete die erste Repräsentanz in Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg war J.P. Morgan die erste ausländische Bank, die wieder Niederlassungen in Deutschland eröffnete - zunächst in Frankfurt und Stuttgart.

Über Jahrzehnte hinweg konzentrierte sich J.P. Morgan in Deutschland auf Investmentbanking , Corporate Banking, Asset Management und Private Banking.

Heute beschäftigt die Bank über 900 Mitarbeiter in Deutschland , vor allem in Frankfurt, das auch als EU-Hauptsitz dient. sar

Dass es Privatbanken aus dem In- und Ausland auf dem deutschen Markt nicht leicht haben, liegt unter anderem an der starken Stellung von Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die das Geschäft mit privaten Sparern bislang dominieren. Weil sie auf ein dichtes und teures Filialnetz verzichten, können Direktbanken inzwischen aber vielfach bessere Konditionen anbieten. Zu den großen Online-Banken in Deutschland zählen ING-DiBa mit mehr als zehn Millionen Kunden und die DKB.

Internationale Banken drängen mit Online-Angeboten auf den Markt

Zunehmend expansiv agieren außerdem Neobanken wie N26, die britische Internetbank Revolut und der Broker Trade Republic, der inzwischen auch ein Girokonto mit Debitkarte anbietet. In Deutschland zählt Trade Republic nach eigenen Angaben mehr als fünf Millionen Kunden. Der Berliner Broker Scalable Capital hat gerade von der Europäischen Zentralbank die Lizenz zur Vollbank erhalten.

Im Juni erst ging darüber hinaus die spanische Großbank BBVA in Deutschland an den Start: Sie verspricht ein „digitales Vollbankmodell“ mit kostenlosem Girokonto, drei Prozent Zinsen auf Einlagen bis zu 500.000 Euro für die ersten zwölf Monate und Cashback auf Kartenzahlungen.

Den etablierten Filialbanken am deutschen Markt setzte die aggressiv agierende digitale Konkurrenz inzwischen fühlbar zu, registrieren Branchenbeobachter. Filialbanken verlören Marktanteile vor allem bei jungen und wechselbereiten Kunden, registriert die Strategieberatung Oliver Wymann. Vor allem junge und technikaffine Menschen bevorzugten Online-FinTechs.

Junge, finanzkräftige Kundschaft besonders im Fokus

Was besonders schmerzt: An Boden verlieren die etablierten Banken gerade bei den sogenannten „Emerging Affluents“, der jungen, digital versierten und finanzkräftigen Kundschaft von morgen, analysieren die Berater von Boston Consulting (BC): „Mit einem Jahreseinkommen zwischen 80.000 und 250.000 Euro und einer hohen Kapitalmarktaffinität gehören sie aktuell zu den ‚must-win‘-Kundengruppen für Banken“.

Diese Zielgruppe steht offenbar auch im Fokus von Chase: „Junge, wirtschaftlich aktive Menschen, die zu älteren, wohlhabenden Unternehmern oder Managern heranwachsen können, um dann zu Kunden des klassischen Vermögensmanagements, Investmentbankings oder Commercial Bankings zu werden“, sagt Hans-Peter Burghof, Inhaber des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim. Diese Kunden sollten sich „mit der Bank entwickeln“ und J.P. Morgan zu ihrer „digitalen Hausbank“ machen.

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J.P. Morgan bringt nicht nur finanzielle Stärke und Technologiekompetenz mit, sondern auch internationale Erfahrung und einen klangvollen Markennamen. Für hilfreich hält Roland Berger-Experte Hartmann außerdem die globale Stärke im Bereich Karten und Zahlungsabwicklung, die nahtlose Einbindung in Apple Pay oder Google Pay und die Ergänzung um Funktionen wie virtuelle Karten, Cashback oder Buy Now Pay Later: „In Kombination mit Trading-Angeboten und ETF-Sparplänen könnte so eine App entstehen, die verschiedene Finanzthemen bündelt und sich an digitalaffine Kundengruppen richtet.“

Mit dem Tagesgeldkonto Aufmerksamkeit erzielen

Als eine der kapitalstärksten globalen Großbanken verfüge J.P. Morgan über genug Finanzkraft, um in den deutschen Markteinstieg zu investieren - auch mit wettbewerbsfähigen Konditionen, erwartet Burghof. „Tagesgeldkonten bringen zwar keine attraktive Marge, aber sie verhelfen dem Anbieter schnell zu Aufmerksamkeit“, sagt er. „Ohne Kreditgeschäft gibt es überdies nur ein geringes Risiko, die Bank braucht wenig Personal und sie erhält einen hoch attraktiven Adressenschatz.“

„Einlagen sind der Türöffner in den deutschen Markt, um Kunden zu gewinnen“, betonte J.P. Morgan-Manager Manibardo vor wenigen Tagen auf einer Veranstaltung. Die Konditionen für das Tagesgeldkonto wolle Chase erst im kommenden Jahr kurz vor dem Start festlegen. „Ich denke, wir können mit einem sehr attraktiven Angebot auf den Markt kommen“, sagte er: „Wir sind gekommen, um langfristig zu bleiben.“

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