Wirtschaftsrecht - Mannheim baut Schwerpunkt aus / Neue Kammer für Kartellverfahren / Lob von Justizminister Wolf

Gericht mit „exzellentem Ruf“

Von 
Martin Geiger
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Mannheimer Landgericht (Archivbild) © Proßwitz

Mannheim. Es liest sich ein bisschen wie die Gästeliste eines hochkarätig besetzten Weltwirtschaftstreffens: Apple, Qualcomm, Nokia, Nestlé, ThyssenKrupp, Südzucker: Vertreter all dieser Unternehmen standen schon vor Richtern des Mannheimer Landgerichts. Denn dort gibt es nicht nur zwei auf Patentverletzungsverfahren spezialisierte Kammern, die in der Branche einen guten Ruf genießen, und vor denen alle in Baden-Württemberg anhängigen Verfahren verhandelt werden. Auch alle Kartellstreitigkeiten im badischen Teil des Bundeslandes landen hier. Und das sind ganz schön viele.

Es geht um Fälle wie von Südzucker

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Kartellverfahren versechsfacht, teilt eine Sprecherin des Landgerichts mit. Allein im vergangenen Jahr habe der Anstieg bei 50 Prozent gelegen. Darauf haben das baden-württembergische Justizministerium und das Landgericht Mannheim nun reagiert: Ersteres genehmigte zwei Richterstellen – zusätzlich zu den 57 vorhandenen. Und Letzteres entschied sich dazu, neben den 16 Zivil- und 19 Strafkammern eine weitere speziell für Kartellverfahren einzurichten.

Damit sollen zum einen die beiden Patentstreitkammern entlastet werden. Zum anderen sollen Schadenersatz-Klagen wegen Verstößen gegen das Kartellverbot – wie beispielsweise die zahlreicher Lebensmittel-Hersteller gegen Südzucker und zwei weitere Zuckerunternehmen – schneller abgearbeitet werden können.

„Das Landgericht Mannheim genießt mit seinen Spezialzuständigkeiten für das Patent- und das Urheberrecht einen exzellenten Ruf, der weit über das Land hinausreicht. Auch deshalb werden dort immer mehr große Wirtschaftsverfahren mit sehr hohen Streitwerten geführt“, sagte der baden-württembergische Justizminister Guido Wolf (CDU) gestern bei einem Besuch in Mannheim. „Darauf haben wir nun mit der Schaffung einer neuen Kartellkammer reagiert.“ Er freue sich darüber, dass es damit gelungen sei, „die herausragende Bedeutung des Justiz- und Wirtschaftsstandorts Mannheim“ weiter auszubauen.

IHK hofft auf zügige Bearbeitung

Patricia Rombach hat den Vorsitz der neuen Kammer inne. Sie führte zuletzt eine der beiden Patentstreitkammern. Dort ist Peter Tochtermann ihr Nachfolger.

Vertreter der regionalen Wirtschaft bewerten die gerichtsinterne Umstrukturierung positiv: „Wir begrüßen diese Entwicklung grundsätzlich“, sagte Wolfgang Niopek, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar: „Der Schutz des fairen Wettbewerbs ist ein Anliegen der Wirtschaft und wird durch die Schaffung solcher Spezialkammern noch verstärkt.“ Darüber hinaus finde „eine stärkere Spezialisierung und Aufwertung des Gerichtsstandortes Mannheim“ statt. „Und wir hoffen, dass damit Verfahren auch zügig abgearbeitet werden können.“

Kartell

  • Unter einem Kartell versteht man eine Absprache oder eine abgestimmte Verhaltensweise zwischen zwei oder mehreren Wettbewerbern zwecks Abstimmung ihres Verhaltens auf dem Markt oder Beeinflussung der relevanten Parameter.
  • Hierunter fallen unter anderem die Festsetzung oder Koordinierung der An- oder Verkaufspreise, die Aufteilung von Produktions- und Absatzquoten oder die Aufteilung von Märkten und Kunden einschließlich Angebotsabsprachen oder gegen andere gerichtete wettbewerbsschädigende Maßnahmen.
  • Kartellabsprachen sind verboten. Dadurch soll der Wettbewerb auch zum Wohle des Verbrauchers geschützt werden. mig

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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