Serie "Rohstoffe" - Forstwirt Matthias Kolb im Interview

Forstwirt aus dem Odenwald über die hohen Holz-Preise und welcher Baum ihm Sorgen bereitet

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Vanessa Schmidt
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Bei Bauholz hat es zuletzt massive Preissteigerungen gegeben. © dpa; Matthias Kolb

Odenwaldkreis. Forstwirt Matthias Kolb erklärt, weshalb manche Baumarten derzeit so gefragt sind – und was der Borkenkäfer mit dem Export nach China zu tun hat. Zudem verteidigt er seinen Berufsstand gegen Kritik.

Herr Kolb, warum landen auch mal größere Holzmengen aus heimischen Wäldern in China?

Matthias Kolb: Durch die Borkenkäferkalamität (durch den Borkenkäfer verursachte Schäden an Baumkulturen, Anm. d. Red.) sind in den letzten Jahren Mengen angefallen, die von unserem Markt nicht aufgenommen werden konnten. Ich spreche von Hunderttausenden Festmetern Holz. Dieses Holz wurde teilweise nach China verkauft, weil wir es auf diesem Markt absetzen und bessere Erträge erzielen konnten. Wir haben vor eineinhalb Jahren für die Fichte etwas mehr als 20 Euro pro Festmeter bekommen, das hat nicht mal die Erntekosten gedeckelt. Da mussten wir sogar drauflegen. Und wenn wir es nach China exportiert haben, waren rund 40 Euro drin.

Aber das hat sich in den vergangenen Monaten geändert, oder?

Kolb: Der Export nach China ist aber zurückgegangen, weil der Markt hier wieder Holz aufnehmen kann, weil es weniger Käferbefall gibt und weniger Holz eingeschlagen werden muss. Und die Fichtenpreise sind wieder enorm gestiegen, wir kriegen für den Festmeter wieder dreistellige Summen. Und dann bleibt das Holz natürlich hier.

Warum sind die Holzpreise aktuell so hoch?

Kolb: Wie alles wird der Preis bestimmt von Angebot und Nachfrage. Wenn so viel Holz wie bei der Borkenkäferkalamität anfällt, ist der Markt kaputt, da gehen die Preise runter. Wenn weniger Holz eingeschlagen wird und der Weltmarkt wieder brummt, dann steigen die Preise. Der Exportmarkt hat sich beispielsweise ja wieder beruhigt. Das kann nächstes Jahr wieder anders aussehen, wenn die nächste Borkenkäferkalamität kommt. Die Holzpreise schwanken extrem, das hatten wir so noch nie. Bei Holzprodukten wie Bauholz sind die Preise deshalb gestiegen, weil hier vor allem die Baubranche eine enorme Nachfrage verzeichnet hat. In manchen Bereichen sind die Preise aber auch modebedingt.

Was heißt das?

Kolb: Beispielsweise konnte man die Kirsche vor 30 Jahren für Unsummen verkaufen, jetzt bekommen wir sie kaum los. Mittlerweile bekomme ich aber eine Eiche verkauft, die früher total out war und jetzt total brummt. Oder für eine Schwarznuss erreicht man Summen von über 2000 Euro beim Festmeter.

Waldexperte

  • Matthias Kolb wurde 1962 in Heidelberg geboren.
  • Er ist stellvertretender Leiter des Forstamts Beerfelden und dort zudem Bereichsleiter Produktion. Das Forstamt gehört zum Landesbetrieb HessenForst.
  • Kolb ist beim Forstamt Wiesloch zum Forstwirt ausgebildet worden. Danach hat er Forstwirtschaft studiert.
  • Nach Stationen unter anderem beim Forstamt Lampertheim ist Kolb seit April beim Forstamt Beerfelden.
  • Kolb ist verheiratet, hat zwei Kinder und wohnt in Birkenau.

Und wer kauft momentan das meiste Holz?

Kolb: Hauptabnehmer beim Nadelholz ist die Säge- und Bauindustrie. Exklusive Nadel- und Laubhölzer werden hin und wieder auch im Rahmen von Versteigerungen an Furnierwerke, Säger, Fassdauben-Hersteller verkauft. Laubholz geht als Stammholz hauptsächlich an die Sägeindustrie - zur Herstellung von Möbeln, Fußböden, Bretter. Die Kronenresthölzer beim Nadel- und Laubholz werden entweder an die Zellstoffindustrie verkauft oder beim Laubholz an örtliche Brennholzkunden und Brennholzhändler.

Was ist denn besonders gefragt oder knapp?

Kolb: Stark nachgefragt sind nach wie vor Nadelhölzer wie Fichte, Lärche und Douglasie als Säge- und Bauholz. Auch die Kiefer steigt stark im Preis und ist gefragt. Weiterhin ist die Nachfrage nach Eichenholz hoch sowie nach Baumarten, die eher selten sind wie die Schwarznuss oder Elsbeere. Weil Hessen einen Einschlagsstopp in älteren Buchenbeständen im Staatswald verhängt hat, sind die Lager der Buchenholzsäger ziemlich leer und die Nachfrage nach frischem Buchenstammholz hoch.

Holen Sie also nicht alles aus dem Wald raus, was geht?

Kolb: Wir sind der Nachhaltigkeit verpflichtet und werden nicht mehr Holz nutzen, als nachwächst. Im Gegenteil, wir nutzen nie so viel, wie in den Wäldern nachwächst. Das wird durch eine Forsteinrichtung kontrolliert. Wie der Kaufmann, der im Laden guckt, was an Bestand da ist, was reingeht und raus. Und auf dieser Basis wird für die nächsten zehn Jahre geplant, was man ernten kann. Alles andere ist Irrglaube. Wir rennen dem Markt nicht hinterher und hacken drauf los, als wäre uns egal, wie die Wälder aussehen. Wir sind sogar nach wie vor ein ganzes Stück unter dem, was wir eigentlich nutzen könnten.

Gegenüber der Forstwirtschaft werden trotzdem immer wieder kritische Stimmen laut...

Kolb: Die Bewirtschaftung des Waldes wird aus meiner Sicht häufig von einer falschen Seite beleuchtet. Wenn wir den Wald bewirtschaften, machen wir nichts Schlechtes.

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Wieso ist der Wald als Wirtschaftsraum denn so wichtig?

Kolb: Vor einigen Jahren gab es die Clusterstudie „Forst und Holz“, bei der zusammengerechnet wurde, wie viele Arbeitsplätze in Deutschland von dem Bereich Forst und Holz abhängig sind. Wenn man alles zusammennimmt, also die Forstwirtschaft, die Holzindustrie oder die Papierindustrie, haben wir mehr Arbeitsplätze als in der Autoindustrie. Dort gibt es rund 800 000 Jobs, für den Bereich Forst und Holz fallen mehr als 1,1 Millionen Arbeitsplätze an. Ich denke, das ist ein nicht zu vernachlässigender Anteil der Wirtschaft in Deutschland. Hinter dem Begriff der Forstwirtschaft steht eben auch der Begriff der Wirtschaft. Ich habe so das Gefühl, das vergessen viele Leute oftmals.

Aber es geht ja nicht nur um ökonomische Aspekte beim Wald.

Kolb: Wir wollen den Wald als Erholungsort und Klima-Ort mit seinen Eigenschaften erhalten. Das schaffen wir aus meiner Sicht auch mit der Bewirtschaftung. Aber die Philosophie der Forstwirtschaft hat sich auch verändert. In der Nachkriegszeit war es üblich, Wälder kahlzuschlagen und durch Pflanzungen neu aufzuforsten. Jetzt arbeiten wir überwiegend mit einer Naturverjüngung. Pflanzen also nicht aktiv Bäume neu nach, wenn durch die Saat neue Bäume entstehen können.

Was hat sich in der Forstwirtschaft noch verändert?

Kolb: Früher wurde immer gesagt, die Buche wäre die Baumart der Zukunft. Wenn ich mir jetzt die Buchenbestände anschaue, wird mir ganz bange. Nach den Trockenjahren sehen vitale Buchen, die da 150 Jahre standen, gar nicht mehr gut aus. Der vermeintliche Zukunftsbaum macht vielerorts den Abgang. Und weil wir nicht wissen, welcher Baum in Zukunft dominierend ist, müssen wir durch die aktive Bewirtschaftung diese Vielfalt im Wald herstellen oder erhalten. Deshalb brauchen wir einen breiten Baumladen, aus dem wir uns bedienen, wenn die eine oder andere Baumart ausfällt.

Das klingt nicht wirklich nach guten Aussichten, vor allem hinsichtlich des Klimawandels.

Kolb: So kann man das nicht sehen. Wir haben die vergangenen Jahrzehnte nicht geschlafen und auf einen stabilen Mischwald hingearbeitet. Es wird immer vom Wald der Zukunft gesprochen. Den müssen wir nicht mehr pflanzen, den haben wir in vielen Bereichen schon. Dafür sorgen wir. Das bedeutet, dass wir auf vielen Flächen im Staatswald mindestens fünf Baumarten haben. Möglich ist das, weil wir den Wald aktiv bewirtschaften. Damit stellen wir eine Vielfalt sicher. Das brauchen wir für einen klimastabilen Wald.

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