Mannheim. Die Mannheimer Eichbaum Brauerei hat eine Durststrecke hinter sich. Die Geschäftsführer blicken zuversichtlich nach vorn.
Herr Keilbach, vor zwei Jahren geriet Eichbaum in die Krise - vor allem durch deutliche Absatzrückgänge in Asien. Trinken die Chinesen inzwischen wieder mehr Bier?
Jochen Keilbach: Eines der Hauptprobleme war damals, dass wir keine Container für den Schiffstransport nach Asien bekommen haben. Die Reedereien wollten so die Preise nach oben treiben. Inzwischen sind die Absatzzahlen für China wieder äußerst positiv, wir haben dort in diesem Jahr Zuwachsraten von über 20 Prozent. Auch in Taiwan und Korea läuft es gut. In Deutschland haben wir den schwächelnden Markt gespürt, uns aber trotzdem ganz gut geschlagen.
Wie hoch ist der Absatz?
Jochen Keilbach: Wir liegen bei gut 1,8 Millionen Hektoliter im Jahr. Davon geht rund die Hälfte in andere Länder. Wir sind froh, dass wir uns rechtzeitig ums Ausland bemüht haben. Wir liefern fast in die ganze Welt, jetzt peilen wir als neuen Markt Vietnam an. Asien ist einfach der Wachstumsmarkt für Bier. Aber auch in den USA und in Australien wollen wir unsere Absätze steigern.
Eichbaum hat zwei Jahre lang Verluste geschrieben. Sind Sie inzwischen wieder in den schwarzen Zahlen?
Jochen Keilbach: Wir veröffentlichen keine Zahlen. Aber ich kann Ihnen sagen, dass wir dieses Jahr ein auskömmliches Ergebnis erzielen werden.
Sind dadurch auch die Jobs wieder sicherer? In der Vergangenheit war ein Stellenabbau im Gespräch ...
Jochen Keilbach: Kündigungen sind kein Thema mehr. Wir werden unseren Standort modernisieren. Da kann es zwar sein, dass die ein oder andere Stelle wegfällt. Das soll aber sozialverträglich passieren, also durch Fluktuation und Versetzungen. Gleichzeitig haben wir mit dem Betriebsrat vereinbart, dass betriebsbedingte Kündigungen auf jeden Fall bis Ende 2021 ausgeschlossen sind. Wir investieren außerdem im mehrstelligen Millionenbereich in den Standort.
Was haben Sie geplant?
Thomas Keilbach: Wir planen die Modernisierung des Flaschenkellers, dort werden die Flaschen gereinigt und abgefüllt. Neue Steuerungen und modernere Aggregate sollen zum Beispiel den Wechsel von Flaschenarten und Biersorten beschleunigen. In den vergangenen fünf Jahren haben wir fast 50 Millionen Euro investiert, unter anderem in das Hochregallager und in die Dosenabfüllung. Jetzt ist die Flasche dran. Außerdem planen wir neue Anlagen, die uns eine größere Vielfalt bei den Verpackungen ermöglicht - das wird vom Kunden auch nachgefragt.
Inwiefern?
Thomas Keilbach: Der Trend geht eher weg vom großen Bierkasten mit 20 Halbliterflaschen. Stattdessen sind kleinere Gebinde gefragt. Außerdem wird gerade bei neueren Produkten wie den Craft Bieren in der Dose eine ansprechende Aufmachung immer wichtiger. Der Kunde steht im Supermarkt vor einem meterlangen Bierregal, da muss das Produkt auch optisch auffallen.
Sie hatten eine neue Strategie angekündigt, um die Brauerei zukunftsfest zu machen. Wie sieht sie aus?
Andreas Hiby-Durst: Wir haben einen Maßnahmenkatalog erstellt, um Kosten einzusparen, ohne Mitarbeiter zu kündigen. Es gibt jetzt zum Beispiel ein neues Planungssystem für unsere regionalen Touren, dadurch ist die Lkw-Beladung effizienter. Alle Maßnahmen zusammen wirken schon im laufenden Jahr positiv auf das Ergebnis, die großen Effekte für die Bilanz kommen im nächsten Jahr. Deshalb erwarten wir 2020 auch einen höheren Gewinn. Es geht aber nicht nur darum, zu sparen. Wir bringen auch neue Produkte auf den Markt.
Zum Beispiel weitere Craft Biere, also Biere mit ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen. Was versprechen Sie sich davon?
Jochen Keilbach: Man muss sehen, dass das klassische Pils insgesamt immer weniger getrunken wird. In diese Lücke wollen wir mit unseren Craft Bieren. Hier sind auch die Preise höher - und damit die Margen. Mit der Marke „Steam Brew“, die wir für einen Handelspartner produzieren, sind wir in Deutschland inzwischen Marktführer bei Craft Bieren. Das hat unsere Erwartungen weit übertroffen. Ab Januar gehen wir außerdem mit einer eigenen Craft-Bier-Linie in den bundesweiten Handel. Sie heißt „Wild Monkey“ und wird anders als „Steam Brew“ explizit unter der Marke Eichbaum verkauft. Wir prüfen zudem, ob wir 2020 mit einem alkoholfreien Radler in der Dose auf den nationalen Markt gehen.
Warum in der Dose? Diese Verpackung gilt doch als wenig umweltfreundlich.
Hiby-Durst: Die Dose hat umwelttechnisch hervorragende Eigenschaften. Das Aluminium wird zu 100 Prozent recycelt. Mehrwegflaschen werden dagegen durch ganz Deutschland gekarrt und müssen mit viel Energie in der Waschmaschine gereinigt werden. Außerdem wird die Dose beim Verbraucher immer beliebter.
Sie verkaufen die Hälfte Ihrer Produkte ins Ausland und nehmen nun das bundesweite Geschäft mehr ins Visier. Sehen Sie sich trotzdem noch als regionale Brauerei?
Thomas Keilbach: Auf jeden Fall. Unsere klassischen Eichbaum-Biere liefern wir in einem Umkreis von 100 Kilometern aus. Damit fahren wir gut. Wir sind zum Beispiel nicht darauf angewiesen, unser Bier so stark über Preisaktionen zu verkaufen, wie es die großen Fernseh-Biermarken überwiegend tun. Das führt nur zu niedrigeren Gewinnmargen. Und wir vergessen auch nicht unser regionales Brot- und Butter-Geschäft. So haben wir für die Gastronomie in der Region gerade ein neues, traditionelles Weißbier entwickelt. Auch als Sponsor sind wir eng an die Region gebunden, zum Beispiel mit unserer Banden-Werbung beim SV Waldhof.
Sie bewegen sich generell in einem schwierigen Markt. Macht es da überhaupt noch Spaß, Brauerei-Besitzer zu sein?
Jochen Keilbach: Wir fühlen uns in unserer Situation pudelwohl - und bleiben eine eigenständige Brauerei. Auch die Nachfolge ist ja bereits gewährleistet: Mein Sohn Thomas und der Sohn von Herrn Hiby-Durst werden uns irgendwann ablösen. Im Moment ist Aufhören für mich aber noch kein Thema - dazu macht es einfach noch zu viel Spaß.
Inhaber und Geschäftsführer
- Jochen Keilbach übernahm 2010 die Mannheimer Eichbaum-Brauerei. Sie gehörte zum Actris-Konzern, einer Mehrheitsbeteiligung von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp.
- Jochen Keilbach war zunächst alleiniger Geschäftsführer, 2015 stieg sein Sohn Thomas Keilbach mit ein.
- Neben Keilbach beteiligte sich der Unternehmer Andreas Hiby-Durst als stiller Teilhaber an der 1679 gegründeten Traditionsfirma.
- Seit 2018 ist Hiby-Durst ebenfalls Mitglied der Geschäftsführung. Die drei Geschäftsführer sind auch die Besitzer der Brauerei.
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